Innenpolitik

Der neue Wohnsozialismus der bürgerlichen Regierungsparteien  

Überall dort, wo Mieten stark reguliert werden, entstehen dieselben Probleme: endlose Warteschlangen, blühende Schwarzmärkte und verfallende Bausubstanz.

Überall dort, wo Mieten stark reguliert werden, entstehen dieselben Probleme: endlose Warteschlangen, blühende Schwarzmärkte und verfallende Bausubstanz.

Österreichs Sozialdemokraten sind in Partystimmung: Schon in den ersten Regierungstagen hat ihr Großer Vorsitzender, Andreas Babler, die ohnehin stark regulierten Mieten weiter gebremst und damit eines seiner zentralen Wahlversprechen eingelöst. Der deutlich verschärfte Mietendeckel ist einer der zahlreichen Coups, der den Sozialdemokraten in den Regierungsverhandlungen gelungen ist. Wirklich anstrengend dürfte es im konkreten Fall nicht gewesen sein, was nicht zuletzt daran lag, dass auch Vertreter der beiden bürgerlichen Parteien staatliche Preiseingriffe für ein Gebot der Stunde halten. Böse Zungen wollen sogar wissen, dass die ÖVP schon nachgegeben hatte, bevor der Sekundenzeiger eine volle Runde hinter sich bringen konnte.

Welcher Vermieter wird noch einen Altbau sanieren, wenn klar ist, dass die jährliche Rendite unterhalb jener eines risikofreien Sparkontos liegt?

Das ist bedauerlich, denn mit der Preisbremse werden keine Probleme gelöst, es werden neue geschaffen. Der Grund für die hohen Preise ist ja nicht die Gier ruchloser Hausherren, es ist die Wohnungsknappheit: Immer mehr Menschen wandern nach Österreich zu, immer mehr Menschen ziehen vom Land in die Ballungsräume, immer mehr Menschen wohnen allein, immer mehr Menschen suchen nach dem höchsten Standard. Gleichzeitig wird das Bauen und Renovieren durch hohe Arbeitskosten, den Arbeitskräftemangel, strenge Auflagen und überbordende Regulierung immer teurer. Wird eine Ware knapp und deren Herstellung kostspieliger, steigt ihr Preis. Das ist kein herzloser Kapitalismus, das ist ein freundlicher Hinweis: Hier lohnt es sich zu investieren, hier wird mehr gebraucht!
 
Wenn die österreichische Regierung dieses Signalsystem durch Preisdeckel eliminiert, erreicht sie das Gegenteil dessen, was sie eigentlich will: Sie verknappt das knappe Angebot weiter. Welcher Hausbesitzer wird eine zusätzliche Wohnung vermieten, wenn die Politik die Konditionen diktiert und nach Lust und Laune in die Preise eingreift? Welcher Vermieter wird noch einen Altbau sanieren, wenn klar ist, dass die jährliche Rendite unterhalb jener eines risikofreien Sparkontos liegt? Welcher Investor will in Österreich noch bauen, wenn der in der Regierung offensichtlich tonangebende SPÖ-Vorsitzende bereits Pläne wälzt, auch Neubauten einer strengen Regulierung zu unterwerfen? Auch wenn es nie so weit kommen sollte, ist der Schaden bereits angerichtet. Dabei wird schon jetzt so wenig gebaut wie zuletzt vor 15 Jahren.

Man muss kein staatlich geprüfter Volkswirt sein, um zu sehen, wohin die Reise führt. Es reicht ein Blick nach Stockholm, Berlin oder New York. Überall dort, wo Mieten stark reguliert werden, entstehen dieselben Probleme: endlose Warteschlangen für Mietwohnungen, blühende Schwarzmärkte, verfallende Bausubstanz und – besonders bitter – ein faktischer Ausschluss jener Menschen vom Wohnungsmarkt, die man eigentlich schützen will. Nehmen wir nur Berlin: Viele Vermieter wandelten nach Einführung des Preisdeckels ihre nicht mehr rentablen Mietwohnungen in Eigentum um, das sie zügig abverkauften. Das Angebot an Mietwohnungen ging nach unten, jenes an Eigentumswohnungen nach oben. Bravo, kann man da nur sagen.

Freuen dürfen sich über die strengen Mietobergrenzen auch nicht die sozial Schwachen, die nach einer günstigen Bleibe suchen. Freuen dürfen sich die Besserverdiener über den locker leistbaren Altbau im schicken Bobo-Viertel. Weil Vermieter unter den vielen Bewerbern jenen den Vorzug geben, die den dicksten Gehaltszettel in der Tasche haben. Die Verlierer sind all jene, die noch keinen Fuß in der Tür haben: junge Familien, Studierende, Zuwanderer und alle, die aus beruflichen Gründen umziehen müssen. Sie müssen sich entweder gedulden oder sich im kleinen Segment des freien Marktes um teure Wohnungen raufen.

Was wäre zu tun? Es gibt nur einen nachhaltigen Weg zu bezahlbarem Wohnraum: bauen, bauen, bauen. Dafür braucht es weniger Bürokratie, schnellere Genehmigungsverfahren und weniger kostspielige Auflagen. Wir sollten die Nachverdichtung erleichtern, Dachgeschoßausbauten fördern und neue Stadtteile entwickeln. Wir sollten deregulieren, damit Vermieter wieder den Anreiz haben zu vermieten, statt Wohnungen aufgrund der permanenten Preiseingriffe lieber leer stehen zu lassen. Und ja, wir sollten gezielt jenen unter die Arme greifen, die sich Wohnraum nicht leisten können – allerdings über direkte Unterstützungen, aber nicht über Markteingriffe, die allen schaden.

Aber das will die bürgerlich geführte Regierung nicht. Sie macht lieber populäre Sozialpolitik auf Kosten privater Eigentümer.  

Kolumne von Franz Schellhorn für “Die Presse” (14.3.2025)

 

 

 

 

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