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Krisen sind oft die Zeit, in der Forderungen wiederholt werden, die sowieso schon lang vertreten werden – wenn die Welt wankt, will man zumindest ideologisch Standfestigkeit beweisen.
Und so vergeht kaum ein Tag in individueller Selbstisolation, an dem man nicht an der einen oder anderen Stelle des deutschsprachigen Feuilletons bei den schon immer Sehnsüchtigen von der Sehnsucht nach dem starken und großen Staat liest. Die Krise durch das Coronavirus zeige, dass man in schweren Zeiten den Staat brauche, um Löhne zu bezahlen (Kurzarbeit), Kredite zu garantieren und Umsatzverluste zu kompensieren. Und daher müsse man auch nach dieser Krise viel mehr staatlich organisieren als noch in den Jahren vor Corona.
Doch das Gerede von der „Rückkehr des Staates“ schwankt zwischen Themenverfehlung und romantischer Verklärung. Am Thema vorbei geht es, weil sich „der Staat“ niemals zurückgezogen hat. Wenn wir vermessen, wie viel oder wie wenig wir als Steuerzahler in die allgemeinen Kassen einzahlen, dann müssen wir feststellen, dass der Staat so schlank in unseren Breiten niemals war. So lag die Steuer- und Abgabenquote der Industrienationen im Jahr 2018 auf ihrem Allzeithoch. In den vergangenen 30 Jahren hat es einige Länder gegeben, in denen die Steuereinnahmen als Anteil der Wirtschaftsleistung stark gestiegen sind – in Italien und Frankreich etwa –, und andere, in denen ihr Anteil gesunken ist – Dänemark und Schweden etwa. Österreich liegt mit seinem Plus ungefähr im Mittel.
Dabei merken Bürger nun am eigenen Leib, dass ideologische Verklärungen von einem starken, großen Staat ihnen nichts helfen, wenn in der Krise das Versagen kommt: nicht schnell und zielgerichtet geholfen werden kann, zwischen verschiedenen Gebietskörperschaften keine Daten und medizinische Hilfe ausgetauscht werden oder Anträge auf Notkredite in der Bürokratie hängen bleiben. Viele internationale Vorbilder bei der Bewältigung der aktuellen Krise gelten in normalen Zeiten als besonders wettbewerbsorientierte Länder, gemessen etwa am Index für wirtschaftliche Freiheit. Singapur wird gepriesen für seine gesundheitspolitischen Interventionen. Die Schweiz, mit einer deutlich geringeren Steuer- und Abgabenquote, dient international als Vorbild für ihre unbürokratische und schnelle Hilfe. Dänemark wiederum hat seinen starken Sozialstaat genutzt, um aus der Gesundheits- keine soziale Krise zu machen.
Vielleicht ist es ja Zeit, sich auf ein paar Grundsätze nützlichen Staatswesens zu besinnen. Der Staat kann nicht alles besser, aber ein solides Gemeinwesen ist Teil des Fundaments für funktionierende Märkte, wettbewerbsfähige Unternehmen und wohlhabende Bürger. Angestaubte Fantasien vom Staat als allwissendem Konzernlenker verkennen, wie sehr auch der Staat auf risikofreudige und unternehmerische Menschen, Selbstständige und Arbeitnehmer angewiesen ist.
Eine Pandemie ist aber ein Fall, in dem der Staat als Versicherung helfen kann. Er kann Einkommen und hoffentlich auch Wohlstand sichern, die wegen der verordneten Schließungen weniger geworden sind. Das ist vernünftiges Staatswesen, eine funktionsfähige Versicherung für das nicht zu versichernde Risiko. Weniger vernünftig war es stets, in den wirtschaftlich guten Zeiten immer neue Schulden zu machen, weil sich Politiker um unbequeme Reformen drücken oder noch schnell die Wählergruppen auf ihre Seite ziehen wollten. Zu viel der heutigen Schuldenlast, gerade auch in Europa, ist diesem unvernünftigen Staatsunwesen geschuldet. Krisen sind oft die Zeit, die solche Fehlentwicklungen aufdecken. Warren Buffett, der US-Investor, sagte einmal: „Erst bei Ebbe sieht man, wer nackt geschwommen ist.“ Und erst Corona deckt auf, wo das Versprechen vom starken Staat nur eine ideologische Träumerei ist.
Kommentar von Lukas Sustala in den „Salzburger Nachrichten“ (25.04.2020)
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Gegründet um das Land in wirtschaftlichen und gesellschaftspolitischen Belangen zu öffnen und neue Antworten auf die großen Herausforderungen zu liefern.
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