Innenpolitik

Wir sind Weltmeister im Umverteilen!

Kein Staat dieser Erde gibt mehr Geld für Sozialleistungen aus als Österreich. Dummerweise schaffen wir es trotzdem nicht, den wirklich Bedürftigen zu helfen.

Wir haben es endlich geschafft, wir sind Weltmeister! Nicht im Skisport, schon gar nicht im Fußball, aber dafür bei den Sozialausgaben. Mit 31,6 Prozent der Wirtschaftsleistung gibt laut aktueller OECD-Erhebung weltweit kein anderes Land mehr Steuerzahlergeld für sein Sozialsystem aus als Österreich. Selbst die nordischen Vorzeigesozialstaaten wie Schweden oder Dänemark lassen wir mittlerweile deutlich hinter uns. Das muss dieser von den neoliberalen Bösewichten bis zur Unkenntlichkeit abgemagerte Staat sein, der nur noch von den Interessen der Reichen und Mächtigen geleitet wird, wie unlängst auch hier im profil zu lesen war. Die Realität schreibt eine gänzlich andere Geschichte, der Staat nimmt sich einen immer größeren Raum. Nie war mehr Staat als heute.

Obwohl österreichische Regierungen immer mehr Geld in die öffentlichen Systeme pumpen, werden die angebotenen Leistungen immer schwächer. Wer heute einen Termin bei einem Arzt will, braucht eine teure Zusatzversicherung, um zu bekommen, was vor nicht allzu langer Zeit noch das staatliche Gesundheitssystem geleistet hat: eine rasche Versorgung in ansprechender Qualität. Eine Art Strafsteuer müssen mittlerweile auch all jene Bürger abführen, die nicht wollen, dass ihre Kinder in Schulen unterrichtet werden, in denen Deutsch zur Fremdsprache geworden ist. Im roten Wien besucht bereits jeder fünfte Schüler eine Privatschule. Wer sich die Schulgebühren nicht leisten kann, wird vom Staat eiskalt im Stich gelassen.

Deutlich großzügiger zeigt sich der Staat, wenn es darum geht, hochgebildeten Akademikern eine Auszeit auf Kosten der Allgemeinheit zu gönnen. „Fliegen Sie in die spanische Kultmetropole Barcelona und perfektionieren Sie Ihre Spanischkenntnisse in unserer akkreditierten Sprachschule. Wenn Sie Ihre Bildungskarenz in Spanien lieber mit etwas Erholung an der Küste verbinden wollen, haben Sie die Option, nach Málaga zu reisen“, wie einer der führenden Anbieter auf seiner Website schreibt. Aber vielleicht ist ja Spanien nicht das Richtige für Sie, wie wäre es mit einem Englischkurs auf Honolulu? Der Steuerzahler macht’s möglich! Auch für die Sportlicheren ist etwas dabei: Die Ausbildung zum Yoga-Lehrer ist „ideal für eine Bildungskarenz geeignet“, wie es heißt.

Jeder Versuch, die Treffsicherheit des Sozialsystems zu erhöhen, wird als „Sozialabbau“ gebrandmarkt.

Die Bildungskarenz soll jetzt reformiert werden und in Zukunft ein bisschen weniger wie Urlaub auf Regimentskosten aussehen. Das ist gut, denn sie steht stellvertretend für die Pervertierung des heimischen Sozialstaats, der mittlerweile als Angebot an alle Bürger verstanden wird, ob bedürftig oder nicht. Das ist angesichts der unerbittlich tickenden demografischen Bombe eine gewagte Strategie: Immer mehr Menschen verabschieden sich frühzeitig in den Ruhestand, während immer weniger junge Arbeitskräfte nachrücken – und das oft nur in Teilzeit. Hinzu kam eine beispiellose Migrationswelle, die den Zuzug in unsere Sozialsysteme verstärkt hat. Die Schere zwischen Einzahlern und Leistungsempfängern geht folglich immer weiter auseinander.

Während die Sozialausgaben in lichte Höhen steigen, warnen einschlägig bekannte Hilfsorganisationen immer lauter vor der kollektiven Verarmung. Von den Leistungsbereiten werden immer höhere Beiträge eingefordert, statt endlich das System grundlegend umzustellen. Jeder Versuch, die Treffsicherheit des Sozialsystems zu erhöhen, wird als „Sozialabbau“ gebrandmarkt. Dabei braucht es solche Maßnahmen, wie ein Blick zu unseren Nachbarn zeigt: Die Schweiz gibt deutlich weniger für ihr Sozialsystem aus, erreicht damit aber eine bessere soziale Absicherung. Wie? Indem sie nur jenen hilft, die diese Hilfe auch wirklich nötig haben. Die Eidgenossen wissen, dass zielgerichtete Unterstützung wirkungsvoller ist als der Verteilungswahn nach dem Gießkannenprinzip.

Wir brauchen einen Sozialstaat, der wieder Anreize zur Selbsthilfe schafft, statt Abhängigkeiten zu fördern. Wir brauchen einen Sozialstaat, der nicht auf die Rechnung kommender Generationen anschreiben lässt. Und vor allem einen, der nicht nur Weltmeister im Verteilen des noch nicht Erwirtschafteten ist – sondern ein Champion im Erwirtschaften des zu Verteilenden.

 Kolumne von Franz Schellhorn im “profil” (19.4.2025).

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