Foto: © Elke Mayr
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Derzeit verhandelt die Regierung mit den Seniorenvertretern über die Erhöhung der Pensionen. Wahrscheinlich kommt am Ende ein dickes Plus von acht Prozent oder noch mehr heraus. Das alles, obwohl der Rechnungshof jüngst warnte, dass sich der Bundeszuschuss zu den Renten allein im ASVG-Bereich bis 2030 mehr als verdoppeln werde – auf rund 20 Milliarden Euro pro Jahr. Wie lange kann sich die Republik dieses System noch leisten? Finanzierbar sei grundsätzlich alles, meint der renommierte Arbeits- und Sozialrechtler Wolfgang Mazal im Podcast der Agenda Austria. Man müsse nur sehen, dass für andere Bereiche dann immer weniger Geld übrig bleibe. „Wir können natürlich alles, was wir produzieren, in die Altersversorgung stecken. Das ist aber eine Frage der Prioritäten. Und da müsste man schon manchmal zugunsten der Jungen argumentieren. Die nächste Generation hat ein Recht darauf, noch finanzielle Spielräume vorzufinden.“
Mazal übt heftige Kritik an der Art, wie die Politik seit Jahren in das System eingreift, indem sie grundsätzlich niedrige Pensionen stärker erhöht als mittlere oder hohe: „Leistung darf sich im Grunde nicht mehr lohnen. Dass jemand mehr eingezahlt hat, zählt nicht. Und das alles ist gleichsam subkutan gelaufen, ohne dass es darüber eine gesellschaftliche Auseinandersetzung gegeben hat.“
Am dringendsten ändern müsste sich nach Mazals Ansicht das immer noch viel zu niedrige Pensionsantrittsalter. Dafür müsste in einem ersten Schritt das gesetzliche Antrittsalter der deutlich gestiegenen Lebenserwartung angepasst werden. „Das Pensionsantrittsalter 65 wurde im Jahre 1906 eingeführt“, sagt Mazal. „Das Argument damals war: Das können wir uns leisten, weil das erleben nur etwa zehn Prozent der Menschen.“ Seine Schlussfolgerung: „Deren System war auf der Höhe ihrer Zeit, unser System ist nicht mehr auf der Höhe unserer Zeit.“
Generell müsste mehr darüber diskutiert werden, was der Sozialstaat leisten und wofür er Geld ausgeben solle, findet der Experte. Zu wenig Ressourcen gibt es seiner Meinung nach etwa für die Behebung von Bildungsdefiziten, die vor allem die Kinder nicht deutsch sprechender Zuwanderer betreffen. Dafür werde in anderen Bereichen oft zu viel des Guten getan, glaubt Mazal: „Das Niveau des Sozialstaats ist so hoch, dass es die Dynamik in der Gesellschaft reduziert.“ Dies gelte etwa im Vergleich zu Menschen aus Osteuropa, die noch deutlich mehr an Leistung und Erfolg aus eigener Kraft glauben würden als die Österreicher. „Wir haben zu viele Politiker, die in jedes Thema das Wort sozial hineinpacken müssen. Und alles, was nicht dieser Semantik folgt, wird beinahe kriminalisiert.“
Trotz aller Kritik bleibt Mazal zum Schluss des Gesprächs versöhnlich. Auf die Frage, was er einem heute jungen Menschen raten würde, lautet seine Antwort: „Ich würde jedem 20-Jährigen Mut machen, an unseren Staat zu glauben. Das verdient diese Republik.“
Zur Person: Wolfgang Mazal, 62, ist seit 30 Jahren Professor für Arbeits- und Sozialrecht an der Uni Wien. Er ist Autor mehrerer Bücher, engagiert sich im Europäischen Institut für Soziale Sicherheit und amtiert als Präsident des Österreichischen Instituts für Familienforschung.
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Gegründet um das Land in wirtschaftlichen und gesellschaftspolitischen Belangen zu öffnen und neue Antworten auf die großen Herausforderungen zu liefern.
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