Sind es die Löhne, und was heißt das für künftige Lohnverhandlungen? Oder ist es vielmehr die Gier der Unternehmen? Die Erklärungen für die aktuelle Inflationskrise fallen höchst unterschiedlich aus
Ausgerechnet jene, die in den letzten Jahren nie genug Fantasie hatten, um sich die Risiken der expansiven Geldpolitik auszumalen, sprühen nun geradezu vor Einfallsreichtum, um eine Inflationskrise zu erklären, die in ihren Augen nicht die Ursachen haben darf, die sie eben hat. Seit Wochen beglücken sie uns mit ihrer neuesten Theorie, der zufolge es die Gier der Unternehmen sei, die die Inflation erst in die Welt gebracht habe. Messerscharf kombinieren sie, dass es nur deshalb Inflation gebe, weil Unternehmen die Preise erhöhten. Nun könnte man diese Tautologie natürlich belächeln: Hatten Sie etwa geglaubt, die unsichtbare Hand des Marktes würde die neuen Preise gleich selbst auf die Eierkartons kritzeln?
Einzelentscheidungen
Doch wie gesagt. Man könnte. Natürlich stehen hinter zweistelligen Inflationsraten individuelle Unternehmensentscheidungen, die Preise tatsächlich anzuheben. Doch diese vielen kleinen unkoordinierten Einzelentscheidungen sind eben nicht die Ursache der Inflation; in ihnen manifestiert sich nur der Marktmechanismus, der von einem Nachfrageüberhang zur Inflation führt. Ökonomin Isabella Weber – eine der bekanntesten Proponentinnen der gewinngetriebenen Inflation – liefert eine Fülle von Erzählungen, wie Unternehmen auf den weltweiten Aufschwung nach Corona und die gerissenen Lieferketten reagierten, und benennt die verschiedenen Gründe, aus denen sie dabei die Preise erhöhten. Vieles davon ist gar nicht von der Hand zu weisen und beschreibt eindrücklich und praxisnah, was in einem Markt vor sich geht. Ein Unternehmen kann eben den Preis erhöhen, wenn die Kosten steigen und die anderen dasselbe tun. Und wenn die anderen auf Vorprodukte warten müssen, die im Hafen von Schanghai feststecken, dann kann es die Auspreispistole gleich noch einmal zücken. Ist das nun Gier? Oder einfach business as usual unter veränderten Marktbedingungen?
Sogar Weber lehnt den Begriff der Gierflation ab und spricht lieber von Verkäuferinflation. Sie sieht das Verhalten der Unternehmen zwar als ursächlich für die Inflation, fällt dabei aber kein moralisches Urteil. Aber das hält andere natürlich nicht davon ab, genau das zu tun. Zum Beweis für die nackte Gier der Unternehmen werden ihre Gewinne gnadenlos schöngerechnet. Sogar Abschreibungen werden nonchalant den Profiten zugeschlagen.
Kreativität ist auch bei der Interpretation von Analysen der Europäischen Zentralbank (EZB) oder des Internationalen Währungsfonds (IWF) vonnöten. Dabei weisen diese ja in der Tat auf wichtige verteilungspolitische Aspekte hin. Aber die Frage nach der Kausalität ist eben trotzdem eine andere. Es beweist eben nicht, dass die Unternehmen plötzlich auf die Idee gekommen wären, kollektiv ihre Gewinnmargen zu erhöhen und dadurch die Inflationsrate zu befeuern. Ob die Margen überhaupt großflächig nach oben gegangen sind, darf bezweifelt werden, wie erste detaillierte Analysen aus Italien und Belgien nahelegen.
Die Gier als Erklärung für die Teuerung überzeugt also keineswegs. Sie macht die simple Forderung nach weitreichenden Preiseingriffen auch nicht richtiger.
Gastkommentar von Jan Kluge für den “Standard” (06.07.2023).
Langsam, sehr langsam nimmt der Inflationsdruck in Österreich ab. Die Statistik Austria hat am Freitag die erste Schnellschätzung für Mai veröffentlicht: 3,3 Prozent waren es noch im Vergleich zum Vorjahr.
Aufgrund der hohen Inflationsraten in Österreich ist auch das Thema Wohnen auf die politische Bühne zurückgekehrt. Die Bundesregierung hat eine Mietpreisbremse beschlossen, die KPÖ hat mit dem Thema Bürgermeisterwahlen gewinnen können, zumal sich eine wachsende Zahl von Bürgern von den steigenden Wohnkosten regelrecht überrollt fühlen. Die
Die Finanzpolitik in Europa steht derzeit unter steigendem Druck. Nicht nur die Jahre der Corona-Pandemie und der Teuerungskrise haben die Schulden steigen lassen. Auch in wirtschaftlich guten Jahren wurde fleißig mehr Geld ausgegeben als eingenommen. Nun steigen die Zinsen – aber die Staatsausgaben wachsen munter weiter.
In ganz Europa sind die Energiepreise in den letzten Jahren nach oben geschossen. Die Regierungen haben mit umfangreichen Hilfspaketen für Haushalte und Unternehmen reagiert. Auch hierzulande. Dennoch fiel der Preisanstieg für die heimische Wirtschaft drastisch aus, wie eine Auswertung der Agenda Austria zeigt. Aus nicht einmal 10 Cents je Kilowa
Die Inflationsraten sinken; auch das Differential zur Eurozone nimmt ab. Auf eine echte Entspannung ist aber erst 2025 zu hoffen.
Um zu analysieren, ob der aktuelle EZB-Zinssatz dazu beiträgt, braucht es ein adäquates Maß dafür, was denn der theoretisch „richtige“ Zinssatz für Österreich wäre. Die EZB selbst trifft ihre Zinsentscheidungen nämlich durch Abstimmung der teilnehmenden Gouverneure; sie folgt keiner deterministischen Regel.
Gegründet um das Land in wirtschaftlichen und gesellschaftspolitischen Belangen zu öffnen und neue Antworten auf die großen Herausforderungen zu liefern.
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