Hierzulande wird viel darüber diskutiert, wie die künftige Regierungskonstellation aussehen könnte. Die wichtigste Frage wird nicht gestellt.
Wir kennen das aus dem Skisport. Nach fulminanten Triumphen verschlägt es vielen Siegläufern oft die Sprache, insbesondere den jüngeren unter ihnen. Ohne das empirisch belegen zu können, dürfte in den Siegerinterviews folgender Satz der mit Abstand meistverwendete sein: „Ich habe das (was da gerade passiert ist, Anm.) noch gar nicht realisiert.“ So ähnlich dürfte es derzeit auch den Grünen gehen. Sie haben zwar die Wahl nicht gewonnen, sind aber deutlich gesprächiger als das eine oder andere Ski-Ass. Dennoch dürfte ihnen noch nicht so wirklich klar sein, was da gerade passiert ist und was sie mit ihrem fulminanten Wiedereinzug in den Nationalrat eigentlich anfangen sollten.
Anders sind die siegestrunkenen Kommentare nach dem 29. September nicht wirklich zu erklären. Der klare Wahlsieger Sebastian Kurz müsse erst einmal eine glaubwürdige 180-Grad-Wende vollziehen, bevor sich die viertplatzierten Grünen mit ihm überhaupt an einen Tisch setzen, um über eine mögliche Regierungsbeteiligung zu sprechen. Was nichts anderes heißt, als das grüne Parteiprogramm zur neuen Regierungsvorlage zu erklären.
Das wird eher nicht passieren. Andreas Koller von den „Salzburger Nachrichten“ hat es am vergangenen Dienstag in seinem Leitartikel treffend analysiert: Irgendwer wird das Land regieren müssen. Und jene, die dazu grundsätzlich bereit sind, werden für Kompromisse offen sein müssen. Wie es aussieht, werden das nicht die Grünen sein. Sie wollen offensichtlich lieber über Umweltschutz reden als ihn politisch durchsetzen. Das mag angesichts der herannahenden Wien-Wahlen taktisch verständlich sein, grüner wird das Land dadurch vermutlich nicht.
In den derzeit überaus beliebten politischen Farbenspielen scheint aber ein wichtiger Punkt unterzugehen. Gemeint ist die Frage, welches wirtschaftliche Umfeld die künftige Regierung erwartet und welche Regierung es für dieses Umfeld braucht. Seit einigen Wochen zeichnet sich nämlich klar und deutlich ab, dass das seit Jahren dominierende konjunkturelle Hoch von einem herannahenden Sturmtief verdrängt wird. Erst unlängst hat das Wirtschaftsforschungsinstitut (WIFO) ein wenig schüchtern verkündet, dass die österreichische Volkswirtschaft bereits im zweiten Quartal des laufenden Jahres in die Stagnation abgetaucht ist.
Dieses Nullwachstum ist nicht weiter tragisch, die Aussicht auf das kommende Jahr schon eher. Die deutsche Industrie steckt bereits in einer lupenreinen Rezession. Auch wenn sich die österreichische Volkswirtschaft schon etwas von der deutschen emanzipiert hat, wird das an Österreich nicht spurlos vorübergehen. Die Wirtschaftsforschungsinstitute gehen zwar noch nicht von einer rückläufigen Wirtschaftsleistung für Österreich aus – darauf wetten sollte aber niemand. Vor allem wird das niemand tun, der sich dieser Tage ein wenig mit Vertretern der exportorientierten Unternehmerschaft über deren Geschäftsverlauf unterhält.
Wirklich bedauerlich ist, dass die konjunkturelle Schlechtwetterwarnung des WIFO erst ein paar Tage nach dem parlamentarischen Ausgabenrausch eingetrudelt ist. Das heimische Parlament hat die Spätsommertage bekanntermaßen dazu genutzt, noch einmal knapp vier Milliarden Euro zusätzlich zu den ohnehin schon geplanten Mehrausgaben unters Volk zu bringen. Und das völlig ohne Not. Womit sich auch die Frage stellt, wo denn diese „rechte Mehrheit“ zu bestaunen ist, von deren Existenz linke Publizisten immer wieder schreiben. Im Parlament jedenfalls nicht. Wirtschaftspolitisch ist dieses Land ein gefestigt linkes, woran auch die zuletzt beschlossene Schuldenbremse nicht viel ändert.
Viel gebracht haben die beschlossenen Mehrausgaben deren Initiatoren nicht. SPÖ, FPÖ und die Liste Jetzt haben zusammen 17 Prozentpunkte an Zustimmung verloren, während die Kosten ihres verantwortungslosen Handelns noch nachkommende Generationen beschäftigen werden. Spätestens im kommenden Jahr wird Österreich wieder spürbare Defizite schreiben. Dann nämlich werden im Zuge der schwächeren Wirtschaftslage nicht nur die Steuereinnahmen weniger hoch ausfallen als geplant, sondern auch die Ausgaben deutlich stärker wachsen, weil die ersten Tranchen der im Vorwahlrausch beschlossenen Milliardenausgaben schlagend werden. Wenn Sie nun der Meinung sein sollten, dass das keine allzu günstige Gemengelage ist, dann liegen Sie nicht ganz falsch.
Was das alles zu bedeuten hat? Vor allem einmal, dass sich das politische Österreich wieder der harten Wirklichkeit stellen muss. Die Zeiten des großen Geldverteilens sind vorbei, in den kommenden Jahren ist mit wirtschaftlich härteren Zeiten zu rechnen.
Das Land wird auch mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit keine allzu große Nachfrage nach einer Schönwetterregierung haben. Sondern eher nach einer, die mit Krisen umgehen kann. Selbst wenn das in der Politik noch nicht alle realisiert haben.
Kolumne von Franz Schellhorn im aktuellen Profil (05.10.2019).
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Gegründet um das Land in wirtschaftlichen und gesellschaftspolitischen Belangen zu öffnen und neue Antworten auf die großen Herausforderungen zu liefern.
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