Für Herbert Kickl ist die Kanzlerschaft in Greifweite. Aber egal, wer Österreich bald regiert, er steht vor einer schwierigen Aufgabe. Zehn Vorschläge, wie eine neue Regierung Österreich reformieren und wieder auf Kurs bringen könnte.
Seit vergangenen Freitag herrschen in Österreich italienische Verhältnisse – nur mit mehr Schnee und weniger Strand. Nachdem sich die Verhandlungen zur Bildung einer Dreierkoalition zerschlagen haben, rätselt das Land, wie es politisch weitergehen soll. Bekommt Österreich erstmals einen blauen Kanzler? Stehen Neuwahlen vor der Tür? Angesichts der sich überschlagenden Ereignissen sind Prognosen dieser Tage besonders tückisch. Als einzige Konstante erweisen sich die enormen Herausforderungen, die von der nächsten Regierung zu bewältigen sind: Der Staatshaushalt ist trotz rekordhoher Einnahmen zerrüttet, die Industrie liegt am Boden, die Arbeitslosigkeit steigt kräftig, während das Wirtschaftswachstum verzweifelt die Null-Linie sucht. Der Reformturbo gilt hierzulande immer noch als gefährliche Gerätschaft. Das muss sich ändern. Zehn Vorschläge, wie das Land wieder auf Kurs zu bringen wäre:
Den Staatshaushalt sanieren wie die Griechen. Die scheidende Bundesregierung hat für die nächsten Jahre Defizite eingeplant, als stünde die nächste Corona-Pandemie vor der Tür. Die EU-Kommission ist alarmiert, Österreich muss den Brüsseler Behörden einen nachhaltigen Budgetpfad präsentieren. Alle Experten sind sich einig, dass das Hochsteuerland Österreich an zu hohen Staatsausgaben laboriert. Das Problem überschießender Staatsausgaben mit noch höheren Steuern aus der Welt zu schaffen ist ungefähr so, als würde man einem übergewichtigen Patienten nahelegen, nicht an den Schaumrollen zu sparen. Die Staatsausgaben von 54 Prozent der Wirtschaftsleistung müssen wieder auf das Vorkrisenniveau von 49 Prozent sinken. Griechenland hat es geschafft, Österreich kann das auch. Damit wären alle Budgetprobleme gelöst und wir zählten immer noch zu den Ländern mit den weltweit höchsten Ausgaben.
Die Staatsausgaben bremsen wie die Schweizer. Österreich braucht einen Mechanismus, der die Bürger vor der Ausgabenlust ihrer Politiker schützt. Wie das geht, zeigt die Schweiz. Dort dürfen die Staatsausgaben die zu erwartenden Einnahmen nicht mehr übersteigen. Tun sie es trotzdem, muss das daraus resultierende Defizit innerhalb von drei Jahren korrigiert werden. Nur in Krisen bleibt mehr Zeit. Wer Geld an die Wähler verteilen will, kann das tun, muss aber andernorts kürzen. So schafft man Raum für Steuerentlastungen.
Einkommen besteuern wie die Polen: Der österreichische Einkommensteuertarif ist zutiefst leistungsfeindlich: Er ist insgesamt zu hoch und ab der Mitte zu steil. Das führt dazu, dass für viele Arbeitnehmer der Nettostundenlohn in der Teilzeit höher ist als in der Vollzeit. Das verstärkt den Trend zur Teilzeit und drängt viele Menschen aus dem Arbeitsprozess. Eine Flat Tax wie in Polen würde vor allem die Mitte der Gesellschaft spürbar entlasten. Denkbar wären in Österreich 17 Prozent ab der Steuerfreigrenze bis zur Höchstbeitragsgrundlage (6450 Euro brutto im Monat), danach kann mit 50 Prozent besteuert werden. Ein durchschnittlicher Vollzeitbeschäftigter hätte so rund 4.000 Euro pro Jahr mehr zur Verfügung. Geld, das für den eigenen Vermögensaufbau genutzt werden könnte. Die Besteuerung des Faktors Arbeit würde damit auf EU-Niveau sinken, gegenfinanziert würde diese Steuerreform über schwächer wachsende Staatsausgaben.
Pensionen sichern wie die Schweden. Auch wenn es niemand mehr hören kann: Das gesetzliche Pensionssystem in Österreich steht unter Druck. Jährlich müssen 30 Milliarden Euro in das staatliche Pensionssystem zugeschossen werden. Im vergangenen Jahr verschlang das Pensionsloch die gesamten Lohnsteuereinnahmen von 1. Jänner bis 7. November. Bis dahin arbeiteten alle Arbeitnehmer des Landes nur dafür, das Defizit im staatlichen Pensionssystem abzudecken. Das ist verrückt. Wie Schweden brauchen wir einen Automatismus, der das Pensionssystem an die Lebenserwartung koppelt. Wir müssten jedes Jahr zwei Monate später in Frühpension gehen, um das Pensionsloch stabil zu halten.
Eine betriebliche Altersvorsorge für alle wie in der Schweiz. Seit fünf Jahren gehen mehr Menschen in Pension als jüngere in den Arbeitsmarkt nachdrängen. Um Jüngeren eine angemessene Pension zu sichern, brauchen sie eine betriebliche Altersvorsorge. In der Schweiz gibt es das für alle Beschäftigten. Die „Abfertigung neu“ sollte in einen Pensionskassenvertrag überführt werden, damit die (zu hohen) Lohnnebenkosten nicht weiter steigen. Monat für Monat sollte ein mit Geld vollgestopftes Frachtflugzeug nach Oslo fliegen, um das Geld vom norwegischen Staatsfonds veranlagen zu lassen. Der kann das nämlich.
Wachstumskapital bereitstellen wie die USA. Was tun Menschen, wenn sie Geld brauchen? Sie gehen zur Bank. Die Finanzierung der heimischen Wirtschaft läuft vor allem über Kredite. Diese sind für riskante Projekte wie Start-ups aber kaum zu bekommen, weil die Banken nach der US-Finanzkrise an die kurze Leine genommen wurden. Deshalb gehen heimische Start-ups häufig in die USA. Dort werden sie mit privatem Geld geradezu überschüttet, der Großteil kommt von amerikanischen Pensionsfonds. Das brauchen wir auch, wollen wir nicht länger anderen dabei zusehen, wie sie die Wachstumspotenziale der Zukunft erschließen, während wir uns arm regulieren.
Subventionen kürzen wie die Argentinier. Der Wirtschaftsmotor in Österreich will seit der Corona-Pandemie nicht mehr anspringen. Da helfen auch rekordverdächtige Fördervolumen des Staates nicht. Im europäischen und auch im historischen Vergleich sind die Leistungen von Bund, Ländern und Gemeinden üppig. Doch die staatlichen Hilfen richten mittlerweile mehr Schaden an, als sie nützen. Eine Marktwirtschaft braucht Preissignale und Wettbewerb und keinen Staat, der alles und jeden fördert. Insbesondere die unzähligen Subventionen für Unternehmen sind zu kürzen oder ganz zu streichen. Afuera!
Eigentum fördern wie die Niederländer: Die Eigentumsquote ist fast nirgendwo in Europa so niedrig wie in Österreich. Wegen der hohen Abgabenlast auf Arbeit und der hohen Nebenkosten beim Immobilienerwerb haben viele den Traum vom Eigenheim längst aufgegeben. Wie in den Niederlanden sollten die Kreditzinsen auch bei uns wieder steuerlich absetzbar sein. Außerdem ist die Grunderwerbsteuer für Selbstnutzer zu streichen. Damit auch Jüngere wieder die Möglichkeit haben, sich etwas aufzubauen.
Schulen reformieren wie die Engländer: Heimische Schulen sind teuer, schneiden bei internationalen Vergleichen aber nur mittelmäßig ab. Die Labour-Regierung löste ähnliche Probleme zu Beginn des Jahrtausends in London so: Problemschulen bekamen mehr Geld, die Direktoren konnten sich die Lehrer aussuchen, mussten aber innerhalb von fünf Jahren bessere Ergebnisse vorweisen, sonst wurden die Schulen geschlossen. Heute zählen diese Schulen zu den besten öffentlichen des Landes. Österreich sollte es genauso machen, alle Kinder haben sich die Chance auf ein selbstbestimmtes Leben verdient.
Kinder fördern wie die Finnen. In Österreich fließt das meiste Geld in die Hochschulbildung, Finnland lässt sich die Vorschulbildung viel kosten. Wir sollten es genauso machen, zumal Deutsch in vielen städtischen Volksschulen schon fast Freifach-Charakter hat. Viele Probleme wären gelöst, würden alle Schüler ausreichend gut Deutsch sprechen, um dem Unterricht folgen zu können. Schon für Dreijährige sollte es im Rahmen der Eltern-Kind-Pass-Untersuchung einen ersten Test geben. Spricht das Kind kaum Deutsch, müssten die Eltern verpflichtet werden, für eine Sprachförderung zu sorgen. Das wäre keine Schikane, sondern ein echter Beitrag zur Chancengleichheit.
Gastkommentar von Franz Schellhorn für die “Kleine Zeitung” (08.01.2025)
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Gegründet um das Land in wirtschaftlichen und gesellschaftspolitischen Belangen zu öffnen und neue Antworten auf die großen Herausforderungen zu liefern.
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