Energie, Wohnen, Lebensmittel: Die Preise steigen derzeit in fast allen Bereichen stark. Zuletzt lag die Inflationsrate in Österreich bei über fünf Prozent – so hoch wie seit Jahren nicht mehr. Warum ist das so?
Weil aus Sicht der geschröpften Konsumenten in letzter Zeit ziemlich viel schief ging: Die Pandemie führte weltweit zu Produktionsbeschränkungen und damit zu gerissenen Lieferketten. Der weltweite Mangel an Mikrochips und Halbleitern sorgt ebenfalls für Verzögerungen in der Produktion. Dazu kommen geopolitische Verwerfungen wie die Ukraine-Krise und viel billiges Geld der Notenbanken, das die Märkte überschwemmt. Hohe Nachfrage und viel Geld treffen also auf ein eingeschränktes Angebot: Das ist exakt die Spielanordnung, die man für eine hohe Inflation braucht.
Leider wird das wohl eine Zeitlang so bleiben. Die Teuerung ist gerade erst dabei, in den Brieftaschen der Bürger Wirkung zu zeigen. Und auf die erste Welle folgt fast zwangsläufig eine weitere: In Österreich sind ja nicht nur die Löhne an die Inflation gekoppelt, sondern auch die Mieten und eine ganze Reihe staatlicher Gebühren. Steigt die Inflation, steigen in der Folge also beispielsweise auch die Müllgebühren, was die Teuerung erneut anfacht. Zudem werden viele Produzenten die Preissteigerungen bei Vorprodukten und Rohstoffen an die Verbraucher weitergeben.
Insbesondere im Energiebereich ist mit länger anhaltenden Preissteigerungen zu rechnen. Und das ist politisch ja auch so gewollt. Die Politik verteuert die fossilen Energieträger, um die Bürger zu einer Verhaltensänderung zu bewegen. Zudem steigt der Bedarf an Strom aufgrund der Elektrifizierung des Straßenverkehrs.
Die Regierung hat nun ein 1,7 Milliarden Euro schweres Maßnahmenpaket beschlossen, um die Folgen der Teuerung abzufedern. Sie reagiert damit wie ein Kranker, der versucht, steigendes Fieber mit einem heißen Vollbad zu kurieren. Noch mehr staatliches Geld wird die Inflation weiter anheizen. Richtig wäre, die Steuern zu senken und damit die Kaufkraft der Bürger zu stärken. Handeln müsste auch die EZB. Restriktive Geldpolitik sind der einzige Weg, um steigende Inflationsraten nachhaltig zu senken.
Aber was kann der einzelne Bürger tun, um sich gegen die Inflation zu schützen? Und was versteht man unter einer „Flaschenhalsrezession“? Hier die wichtigsten Fragen und Antworten zur Teuerung:
Seit zwei Jahren führen die Corona-Infektionswellen immer wieder zu lokalen Lockdowns. Insbesondere gilt das für China, das eine rigorose Null-Covid-Strategie fährt. Wenn die Wirtschaft in Europa auf Hochtouren läuft, wichtige Häfen in Asien aber geschlossen sind, führt das zu Versorgungsengpässen und den sogenannten „gerissenen Lieferketten“. Probleme im internationalen Warenverkehr sind auch ein Grund für den Mangel an Mikrochips und Halbleitern, der schon zahlreiche Produktionsbetriebe zur vorübergehenden Schließung zwang. Zusätzlich zum knappen Angebot steigt die Nachfrage nach eben diesen Produkten wegen der fortschreitenden Digitalisierung stark an. Verantwortlich dafür sind unter anderem der Trend zum Homeoffice und der Boom der Gaming-Branche.
Die Industrie boomt in Österreich aufgrund der starken Nachfrage aus dem In- und Ausland. Wenn Vorprodukte und Rohmaterial knapp sind, muss das nicht bedeuten, dass gewisse Erzeugnisse gar nicht mehr verfügbar sind. Aber die Wartezeiten werden länger und die Preise steigen. Sollte der Mangel zu groß werden, droht in Österreich wie in Deutschland eine sogenannte „Flaschenhalsrezession“. Dann gäbe es zwar genügend Aufträge, die Unternehmen könnten sie aber nicht abarbeiten. Weitere Kostentreiber sind der Fachkräftemangel und die extrem gestiegenen Energiepreise.
Im Dezember lag die reine Energiepreisinflation im Euroraum bei 26 Prozent und damit mehr als fünfmal höher als die allgemeine Inflation. Auch für den Bereich Energie gilt derzeit das bewährte Inflationskochrezept: Hohe Nachfrage trifft auf ein verknapptes Angebot. Die wieder anziehende Konjunktur verursacht enormen Energiehunger, Russland als größter Gasproduzent will oder kann derzeit aber nicht mehr liefern als bisher. Die Kriegsgefahr in der russisch-ukrainischen Grenzregion lässt befürchten, dass sich die Situation in nächster Zeit nicht verbessern wird.
Auch der Kampf gegen den Klimawandel lässt die Energiepreise steigen. Immer mehr Länder, darunter auch Österreich, haben eine CO2-Bepreisung eingeführt. Die Zunahme der E-Mobilität verursacht einen höheren Stromverbrauch, doch der Ausbau erneuerbarer Energieformen geht nicht schnell genug voran.
Vor dieser „grünen Inflation“ warnen nun auch die Zentralbanken. Im Europäischen Emissionshandel ist die Tonne CO2 Ende letzten Jahres auf ein Allzeithoch von rund 90 Euro geklettert. In den letzten Tagen hat sie dieses Niveau sogar überschritten. In Österreich soll eine Tonne CO2 ab Juli 2022 30 Euro kosten, dieser Preis soll aber ebenfalls ansteigen.
Die hohen Energiepreise werden uns also wahrscheinlich länger begleiten. Dass dies eine Folge der Energiewende sein wird, war allerdings absehbar.
Österreichs Regierung hat ein Maßnahmenpaket in Höhe von 1,7 Milliarden Euro beschlossen. Die Ökostrompauschale und der Ökostromförderbeitrag werden ausgesetzt, das bedeutet durchschnittlich 100 Euro pro Haushalt. Zusätzlich bekommen fast alle Haushalte unter der Höchstbeitragsgrundlage 150 Euro. Arbeitslose erhalten zusätzlich noch einmal 150 Euro.
Es ist auf jeden Fall zu begrüßen, dass Niedrigverdiener durch dieses Paket entlastet werden. Aber bevor sich die Bürger jetzt zu sehr über die Güte der Politik freuen, sollten sie eines berücksichtigen: Der Staat verdient prächtig an der Inflation. Je höher etwa die Energiepreise, umso höher die Steuern auf Strom, Gas und Mineralöl. Durch die Mehrausgaben für Energie wird der Finanzminister heuer laut Prognosen um rund 2,3 Milliarden Euro mehr einnehmen als im Vorjahr.
Statt nach Gutsherrenart Geschenke zu verteilen, sollte die Regierung bei den Einnahmen Abstriche machen. Eine Entkoppelung der Gebühren von der Inflationsentwicklung würde den Bürgern nicht nur beim Sparen helfen, sondern auch preisdämpfend wirken. Auch an den Steuern ließe sich drehen – allerdings grundsätzlich und nicht in populistischen Nacht- und Nebelaktionen. Gerade im Energiebereich ist die Steuerbelastung gewaltig: Abhängig vom Verbrauch zahlen Haushaltskunden für Gas etwa 40 Prozent an Steuern und Abgaben, für Strom etwa 40 Prozent. Zusätzlich kommen jeweils noch die Netznutzungsentgelte von rund 25 Prozent.
Ohne direkte Unterstützung von Geringverdienern wird es nicht gehen. Aber grundsätzlich muss sich die Politik überlegen, welche Signale sie senden will. Wenn die Klimawende gelingen soll, muss fossile Energie teurer werden. Steigende Preise können also nicht auf Dauer mit Geld vom Staat kompensiert werden.
Es klingt in der Tat verlockend: Wenn alles teurer wird, könnte die Regierung doch für ein paar wichtige Waren und Güter Preisobergrenzen festlegen. Leider würde so ein Eingriff das Problem nicht lösen, sondern verschlimmern.
In einer Marktwirtschaft stellt der Preis eine zentrale Information dar. Wie begehrt oder knapp ist eine Ware? Wie viel Konkurrenz herrscht unter den Herstellern? Hohe Preise führen für gewöhnlich dazu, dass mehr Unternehmen in den Markt eintreten und mehr produziert wird und die Preise dadurch wieder sinken. Obergrenzen würden diesen Mechanismus außer Kraft setzen. Außerdem würden Unternehmen wohl versuchen, ihre Ware im Ausland ohne Preisgrenze zu verkaufen, was das Angebot im Inland zusätzlich verkleinern könnte.
Die Europäische Zentralbank (EZB) hatte mit ihren Prognosen zuletzt kein glückliches Händchen. Im September 2021 hatte sie für das Jahr 2022 im Euroraum noch eine Inflation von 1,7 Prozent vorhergesagt. Im Dezember wurde schon mit 3,2 Prozent kalkuliert. Auch dieser Wert wird wohl nicht halten. Man kann den obersten Währungshütern zugutehalten, dass sie ein wenig aus der Übung sind, was die Inflation angeht. In der jüngeren Vergangenheit stellte die Teuerung nämlich trotz expansiver Geldpolitik kein Problem dar, im Gegenteil. Das Inflationsziel von zwei Prozent wurde regelmäßig unterschritten.
Doch dann kam Corona. Die EZB sah sich gezwungen, über ihr Anleihe-Kaufprogramm PEPP seit dem Jahr 2020 die unfassbare Summe von 1,85 Billionen Euro in den Markt zu pumpen. Mittlerweile hält sie ungefähr 30 Prozent aller Staatsanleihen im Euroraum. Diese zusätzliche Liquidität war wichtig, um den Nachfrageeinbruch während der Krise abzufedern. Aber jetzt brummt die Wirtschaft in den meisten Ländern wieder – und das überschüssige Geld ist, salopp formuliert, im Weg.
Derzeit rechnet die EZB damit, dass die Inflationsraten ab nächstem Jahr wieder sinken werden. Anders als etwa in den USA werden deshalb die Zinsen im Euroraum erst einmal nicht erhöht. Es bleibt zu hoffen, dass die EZB mit ihrer Prognose diesmal recht behält.
Würde die Zentralbank aufhören, Staatsschulden zu kaufen, stiegen die Zinsen und einige Euroländer bekämen gravierende Probleme. Es wäre also gar nicht so einfach, die Geldschwemme zu beenden. Primäre Aufgabe der EZB ist es, das Preisniveau stabil zu halten. Es lässt sich aber nicht mehr bestreiten, dass die Währungshüter in Frankfurt auch damit beschäftigt sind, die Finanzierbarkeit einiger hochverschuldeter europäischer Staaten sicherzustellen – was eigentlich nicht ihre Aufgabe ist.
Die EZB befindet sich also in einer Sackgasse: Ohne Unterstützung würden einige Euroländer, vor allem die im südlichen Europa, Finanzierungsprobleme bekommen. Gleichzeitig soll die Inflation bekämpft werden. Deshalb ist es unabdingbar, dass die Staaten rasch ihre Staatsschulden in den Griff bekommen. Die Diskussion um eine Aufweichung der Fiskalregeln geht daher in eine vollkommen falsche Richtung. Nötig sind Reformen, um die hohe Schuldenlast einiger Staaten zu senken. Die Idee, dass die EZB noch mehr EU-Anleihen des Next Generation Fonds aufkauft, setzt vollkommen falsche Anreize. Auch die Verzerrungen durch den bevorzugten Ankauf von grünen Anleihen ist abzulehnen und nicht Kernaufgabe der Zentralbank.
Sparen hat schon einmal mehr Spaß gemacht. Die Realzinsen auf dem Sparbuch sind so gering wie seit zwanzig Jahren nicht mehr. Des Österreichers liebste Anlageform ist zu einer Art Diät für das Vermögen geworden. Man kann dem eigenen Geld förmlich dabei zusehen, wie es immer weniger wird. Wer seinen Notgroschen nicht sofort zur Hand haben muss, kommt an Aktien derzeit nicht vorbei. Die Politik könnte dabei helfen – etwa indem sie die Finanzbildung fördert.
Nach wie vor interessant sind natürlich auch Immobilien – für alle, die sich das noch leisten können. Auch durch die Nullzinspolitik der letzten Jahre sind die Immobilienpreise in lichte Höhen entschwunden. Für eine junge Familie, die nichts erbt, ist das Eigenheim auch mit gutem Einkommen kaum mehr leistbar. Die Vermögenspreisinflation ist aber nicht nur bei Immobilien, sondern auch auf den Aktienmärkten erkennbar. Gerade deshalb ist es wichtig, an diesen Entwicklungen teilzunehmen, um nicht noch mehr Geld zu verlieren.
Langsam, sehr langsam nimmt der Inflationsdruck in Österreich ab. Die Statistik Austria hat am Freitag die erste Schnellschätzung für Mai veröffentlicht: 3,3 Prozent waren es noch im Vergleich zum Vorjahr.
In ganz Europa sind die Energiepreise in den letzten Jahren nach oben geschossen. Die Regierungen haben mit umfangreichen Hilfspaketen für Haushalte und Unternehmen reagiert. Auch hierzulande. Dennoch fiel der Preisanstieg für die heimische Wirtschaft drastisch aus, wie eine Auswertung der Agenda Austria zeigt. Aus nicht einmal 10 Cents je Kilowa
Die Inflationsraten sinken; auch das Differential zur Eurozone nimmt ab. Auf eine echte Entspannung ist aber erst 2025 zu hoffen.
Diese Grafik zeigt, wie hoch die Teuerung in anderen Ländern gewesen wäre, wenn wir ihnen unsere Gewichtung der Inflation übergestülpt hätten.
Steigen die Preise im Tourismus von Natur aus stärker, sodass jedes Land mit einem starken Gastrosektor eine höhere Inflationsrate ausweisen würde? Oder steigen die Preise in der österreichischen Beherbergungsbranche stärker als andernorts?
Etwas höher als im Euroraum war die Inflation in Österreich schon lange. Und gehörigen Anteil daran hatte in der Tat der Tourismussektor.
Gegründet um das Land in wirtschaftlichen und gesellschaftspolitischen Belangen zu öffnen und neue Antworten auf die großen Herausforderungen zu liefern.
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