Konjunktur & Wachstum

Taxifahren in Wien wird wohl teurer

Warum brauchen die Betreiber eigentlich eine Lobby?

Wer sich während einer spätabendlichen Taxifahrt nach Hause – vielleicht nach dem Genuss eines oder zweier Spritzgetränke – den Spaß machen will, den im Wagen angeklebten Tarif verstehen zu wollen, kann sich nur wundern: Für 20 Cent kommt man in Wien ab 23 Uhr bis inklusive fünf Kilometer genau 227 Meter und 27 Zentimeter weit. Ab fünf Kilometer sind es dann 363 Meter und 64 Zentimeter. Aber nicht nur der Weg kostet Geld, auch Zeit gibt es im Taxi nicht umsonst: Für 20 Cent erhält man genau 21 Sekunden und 82 Hundertstelsekunden. Wem helfen diese Informationen? Selbst wenn man die Länge der kürzesten und die Dauer der schnellsten Strecke kennen würde, wüsste man ja noch lange nicht, ob man sich gerade auf einer von ihnen befindet.

Warum müssen die Taxifahrer überhaupt ihre Lobbyisten aussenden, um den Landeshauptmann um eine Tariferhöhung anzubetteln, wo doch andere Branchen einfach nur die Preisschilder auszutauschen brauchen? Warum dürfen sie ihr Geschäft nicht auf eine Weise ausüben, die sich lohnt?

Man wird das Gefühl nicht los, die Fahrgäste sollen gar nicht so genau wissen, was eine Taxifahrt kostet. Sie könnten dann ja eine informierte Entscheidung treffen und womöglich – das wäre das Schlimmste – noch auf die Idee kommen, den Preis vorab mit anderen Taxis am Stand vergleichen zu wollen! Eines wissen wir aber mit Sicherheit: Es wird teurer.

Nun ja, nach einem Jahr Rekordinflation schreckt dieser Satz wohl niemanden mehr. Selbst die 20 Prozent Preissteigerung, die sich Taxiinnung und Arbeiterkammer angeblich von der Stadt Wien wünschen, sind kein echter Aufreger. Die letzte Erhöhung ist zwei Jahre her. Manche Produkte sind in viel kürzerer Zeit viel teurer geworden. Sollen die Wiener Taxler also ihre 20 Prozent kriegen.

Der eigentliche Skandal ist ein ganz anderer: Warum müssen sie überhaupt ihre Lobbyisten aussenden, um den Landeshauptmann um eine Tariferhöhung anzubetteln, wo doch andere Branchen einfach nur die Preisschilder auszutauschen brauchen? Warum dürfen sie ihr Geschäft nicht auf eine Weise ausüben, die sich lohnt? Genau das hat in Wien schon mal jemand versucht. Uber und andere Wettbewerber führten jahrelang vor, wie man im 21. Jahrhundert Menschen von A nach B bringen und dabei sehr erfolgreich sein kann. Wie man mit technischen Innovationen eine Dienstleistung organisieren kann, die effizient und günstig ist. Auch an ökologische Innovationen war gedacht. Durch Ridesharing hätte man sogar noch billiger werden und von einer ganz neuen Welt urbaner Mobilität träumen können.

Doch die Wirtschaftskammer und der damalige Verkehrsminister Norbert Hofer träumten kleiner und katapultierten die Branche alsbald ins Zeitalter der Fiaker zurück. Ein paar bürokratische Gängeleien zulasten fremdsprachiger Lenker natürlich inklusive. Immerhin gibt es nun den Fixpreis für vorbestellte Fahrten, aber der ist eben auch reguliert. Nun warten die Taxler weiter an ihren Stellplätzen und stöhnen unter den hohen Kosten, weil sie ihre Preise nicht anpassen dürfen.

Gastkommentar von Jan Kluge im „Kurier“ (22.03.2023).

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