Für die meisten Wohnungsmieten in Österreich gilt bereits ein Preisdeckel. Wegen der Teuerung will der Staat jetzt noch stärker eingreifen. Das ist keine gute Idee.
Wie man es dreht und wendet, die hartnäckige Teuerungswelle macht einer steigenden Zahl von Haushalten schwer zu schaffen. Manche wissen nicht mehr, wie sie angesichts rasant steigender Preise ihren Lebensunterhalt bestreiten sollen. Das gilt vor allem für viele Mieter, deren Quartiergeber demnächst die Tarife kräftig anheben werden. In Österreich ist es nämlich so, dass die Mieten an die Inflationsrate gekoppelt sind. Steigt die Teuerung, erhöht sich mit einer Zeitverzögerung von ein bis zwei Jahren auch die Miete. Angesichts der galoppierenden Preise fordern nun SPÖ, FPÖ und die Arbeiterkammer, dass die Bundesregierung dem unwürdigen Treiben ein Ende setzt und die Mieterhöhungen untersagt. Die ÖVP ist kurz davor, den Forderungen nach weiteren staatlichen Eingriffen nachzugeben.
So plausibel die Forderung nach einer Mietpreisbremse aus der Sicht der Bevölkerung sein mag, so eindeutig sind die negativen Erfahrungen mit derartigen Preisbremsen. In welcher Stadt sie auch eingeführt wurden, überall zeigen sie dasselbe Ergebnis: Sie sind ein Segen für die Besserverdiener und verschärfen die Wohnungsnot für die Einkommensschwächeren. Sobald nämlich die Preisbremsen greifen, werden zahlreiche Mietwohnungen zu Eigentumswohnungen umfunktioniert und an eine zahlungskräftige Klientel abverkauft. Weil sich das Vermieten nicht mehr lohnt. Das Angebot an Mietwohnungen geht zurück, worunter vor allem jene zu leiden haben, die nach einer leistbaren Bleibe suchen. Entweder, weil sie neu in der Stadt sind, von zu Hause ausziehen, den Arbeitsplatz wechseln oder eine Familie gründen wollen.
Unter Wirtschaftswissenschaftlern ist mittlerweile kaum eine Erkenntnis so unumstritten wie jene, dass Mietpreisbremsen mehr schaden als nutzen. Auf die Theoretiker hört die stimmenmaximierende Politik leider nicht, weshalb sich in der Praxis immer wieder dasselbe Schauspiel wiederholt. Etwa in Spanien, das seit gut einem Jahr die Mieten bremst. Innerhalb dieses Zeitraums ist das Angebot an Mietwohnungen um 20 Prozent eingebrochen. In Berlin hat die rot-rot-grüne Regierung die Mieten vor dreieinhalb Jahren gedeckelt – das Angebot an regulierten Mietwohnungen hat sich innerhalb von zwölf Monaten um 45 Prozent verringert, dafür waren im selben Zeitraum um 25 Prozent mehr Eigentumswohnungen auf dem Markt. Womit sich die Wohnungsnot weiter verschärfte. Sehr zur Freude der Einkommenselite: Obwohl Mieten durch den Preisdeckel auch für Niedrigverdiener leistbarer werden, ziehen diese meist den Kürzeren. Die Vermieter können sich angesichts der hohen Nachfrage ihre Kunden aussuchen – und das Rennen machen weniger überraschend jene mit der höchsten Summe auf dem Lohnzettel.
Strenge Mietpreisbremsen nützen freilich jenen, die bereits eine Wohnung haben. Dabei ist es nicht so, dass diese Bestandsmieter bisher schutzlos dem freien Spiel der Märkte ausgesetzt gewesen wären. Allein in Wien sind neun von zehn Mietverhältnissen längst dem staatlichen Preisdiktat unterworfen. Strenger reguliert sind nur noch Havanna und Pjöngjang. Nun sollen die Vermieter auch noch um die Wertsicherung ihrer ohnehin schon gedeckelten Mieteinnahmen gebracht werden. Obwohl die Einkommen ihrer Mieter laufend mit der Inflation mitwachsen. Während die Tariflöhne zwischen April 2014 und Dezember 2022 um knapp 21 Prozent gestiegen sind, erhöhten sich die Richtwertmieten um 14 Prozent. Höhere Mieten sind für die breite Masse der Erwerbstätigen zwar unerfreulich, aber verkraftbar.
Ganz anders sieht es für jene aus, die studieren, ihren Job verlieren oder bereits seit Jahren erwerbslos sind. Ihre Einkommen können mit der Teuerung nicht mithalten. Um diese Bevölkerungsgruppen sollte sich die Solidargemeinschaft kümmern. Allerdings nicht mit flächendeckenden Mietpreisbremsen, über die sich vor allem die urbanen Besserverdiener in ihren schicken Altbauwohnungen freuen. Sondern mit treffsicherer Sozialpolitik. Etwa in Form von gezielter finanzieller Unterstützung durch erhöhte Wohnbeihilfen. Flächendeckende Mietpreisbremsen hingegen nützen insbesondere jenen, für die sie nicht gedacht sind. Und sie schaden jenen, die bereits unter der akuten Wohnungsnot zu leiden haben.
Kolumne von Franz Schellhorn für die “Presse” (18.02.2023).
In ganz Österreich gibt es rund 4,1 Millionen Wohnungen. Sie sind – für einen Städter unvorstellbar – durchschnittlich über 100 Quadratmeter groß. Pro Kopf haben wir in Österreich fast 47 Quadratmeter zur Verfügung. Im Durchschnitt käme eine vierköpfige Familie auf fürstliche 187 Quadratmeter. Im Durchschnitt! Woher kommt also das Ger
In der EU wohnen nur in Deutschland noch weniger Menschen in den eigenen vier Wänden als in Österreich. Während es in Ländern wie Rumänien, Bulgarien oder Kroatien der Normalfall ist, im abgezahlten Eigenheim zu leben, gilt das in Österreich für nicht einmal ein Drittel der Haushalte.
Weil der Staat umfassend in die Mietpreise eingreift, ist der Mieteranteil in Österreich im internationalen Vergleich sehr hoch.
Viele Österreicher sehen in der Mietentwicklung der letzten Jahre eine reine Zumutung. Mit der Inflation wurden viele Mietverträge teurer. Für die meisten ist die Ursache der Missstände völlig klar: Nicht die lockere Geldpolitik, nicht die Regierung mit ihrer verfehlten Wohnbaupolitik sind die Schuldigen. Sondern die Gier der Miet-Haie, sie tr
Aufgrund der hohen Inflationsraten in Österreich ist auch das Thema Wohnen auf die politische Bühne zurückgekehrt. Die Bundesregierung hat eine Mietpreisbremse beschlossen, die KPÖ hat mit dem Thema Bürgermeisterwahlen gewinnen können, zumal sich eine wachsende Zahl von Bürgern von den steigenden Wohnkosten regelrecht überrollt fühlen. Die
Zusätzlich zu den Verteilungen der tatsächlichen Haushaltseinkommen zeigen die gepunkteten Linien die virtuellen Einkommen, wenn jeweils die gesparte Miete hinzugefügt wird.
Gegründet um das Land in wirtschaftlichen und gesellschaftspolitischen Belangen zu öffnen und neue Antworten auf die großen Herausforderungen zu liefern.
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