Sustala contra Streissler-Führer. Neuregelung der Abfertigung: War das ein „Meilenstein der Vorsorge“ oder doch eher ein Schritt zurück?
Das Magazin profil titelte jüngst „Millionen enttäuschter Gesichter nach Abfertigungsbrief“. Was ist passiert? Im Vorjahr sorgten Turbulenzen an den Kapitalmärkten für Verluste bei den Vorsorgekassen, die rund elf Milliarden Euro Abfertigungsansprüche von 3,5 Millionen Menschen in Österreich verwalten. Doch die Probleme liegen tiefer, als es ein schwaches Börsenjahr vermuten lässt. Seit 2004 brachten die Vorsorgekassen eine Rendite von nur 2,3 Prozent pro Jahr –das veranlagte Geld wurde nicht weniger, nach Inflation auch nicht wirklich mehr wert. Der politische „Meilenstein der Vorsorge“ enttäuscht wegen der Konstruktion. Ihm ging ein sozialpartnerschaftlicher, fauler Kompromiss voraus: Arbeitnehmervertreter wollten die Auszahlungsmöglichkeit nach drei Jahren und eine Kapitalgarantie – zulasten der Rendite. Arbeitgeber drückten den zu zahlenden Beitrag – auf Kosten des angesparten Volumens. Für junge Menschen sind aber Produkte sinnbefreit, die großteils in niedrig verzinste Anleihen investieren, um eine Kapitalgarantie einzuhalten. Es braucht langfristigere, renditeorientierte Produkte, um mit den „Vorsorgekassen“ auch effektiv Vorsorge zu betreiben. In Schweden oder Dänemark bringen private Vorsorgepläne dank höherer Aktienquoten und längeren Zeithorizonts ein Vielfaches an Verzinsung. Eine Eier legende Wollmilchsau mit hoher Rendite, ohne Risiko und rascher Auszahlungsmöglichkeit kann es eben nicht geben.
Lukas Sustalas zweiwöchige Kolumne im Kurier: Pro und Contra mit Agnes Streissler-Führer (26.04.2019).
Das Niedrigzinsumfeld hat den Regierungen europaweit Zeit erkauft, strukturelle Reformen durchzuführen und Schuldenstände zu reduzieren. Passiert ist das Gegenteil. Schulden mit hohen Zinsen wurden mit neuen Schulden und niedrigen Zinsen refinanziert, um immer mehr Schulden aufzunehmen. So ist die Schuldenquote in Österreich im Zeitverlauf immer
Das Österreichische Institut für Wirtschaftsforschung (WIFO) prognostizierte in einer Analyse für das Finanzministerium, dass die Schuldenquote bis 2060 aufgrund der genannten Kostentreiber auf über 120 Prozent des BIP steigen wird, falls die Politik nicht gegensteuert. Das würde die Refinanzierungskosten für Österreich erheblich erhöhen.
Nun ist Österreich noch eines der Länder mit vergleichsweise hoher Bonität unter Kreditgebern. Italien dagegen entging erst vor kurzem knapp einer Bewertung auf Ramschniveau.
Laut Daten der EZB müssen sowohl Österreich als auch Italien in den kommenden fünf Jahren etwa die Hälfte ihrer Verbindlichkeiten refinanzieren.
Österreich hat einzelne Anleihen sogar mit einer Laufzeit von bis zu 100 Jahren ausgegeben. Somit wirkt die Zinswende nicht auf einen Schlag.
Aufgrund der hohen Inflationsraten sahen sich die Zentralbanken genötigt, die Leitzinsen anzuheben. Die USA erhöhten den Zinssatz in elf Schritten von 0,25 Prozent im Februar 2022 auf 5,5 Prozent im September 2023. Die EZB zog nach und ging in zehn Schritten von null auf derzeit 4,5 Prozent.
Gegründet um das Land in wirtschaftlichen und gesellschaftspolitischen Belangen zu öffnen und neue Antworten auf die großen Herausforderungen zu liefern.
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