Seit 1925 findet jährlich in der letzten Oktoberwoche der Weltspartag statt. Aber wer braucht diesen Tag eigentlich noch?
Früher war nicht alles besser. Aber der Weltspartag schon. In den 1960er- und 1970er-Jahren war der Tag ein Gesellschaftsevent. Ganze Schulklassen pilgerten in die Bankfilialen. Der Sparefroh, das offizielle Maskottchen der heimischen Sparer, war bekannter als der amtierende Bundespräsident. Bevor jemand fragt: Ja, Österreich ist das einzige Land der Welt, wo das Maskottchen des Weltspartags bis heute große Bekanntheit und Kultstatus genießt.
Auch wenn der Weltspartag aus der Mode gekommen ist, sind die Österreicher noch immer fleißige Sparer. Gut ein Zehntel des Einkommens wird auf die Seite gelegt. Im Krisenjahr 2020 war es sogar noch etwas mehr. Das ist deutlich mehr als der Durchschnitt in den Euro-Ländern. Und das hat sehr viel mit der Vergangenheit zu tun. Um zu zeigen, dass Sparen etwas Gutes ist, wurde vor fast 100 Jahren der Weltspartag ins Leben gerufen. Mit großer Wirkung. So liegen mehr als 40 Prozent des österreichischen Geldvermögens auf Sparbüchern oder jederzeit behebbaren Konten. Nur 16 Prozent sind in Aktien, Anleihen und Fonds veranlagt.
Was für die einen nach einer vernünftigen und sicheren Geldanlage klingt, ist bei der heutigen Zinslage aber nichts anderes als eine beispiellose Wertvernichtung. Die Österreicher sparen sich sprichwörtlich arm. Wer vor 25 Jahren 1.000 Euro in bar zur Seite gelegt hat, darf sich heute noch über einen Gegenwert von etwa 655 Euro freuen. Selbst wer sein Geld aufs Sparbuch gelegt hat, kann sich über diesen Zeitraum nur über einen minimalen Zugewinn von durchschnittlich neun Euro im Jahr freuen.
Die Inflation lässt den Wert des Geldes dahinschmelzen, Zinsen gibt es seit einigen Jahren auch keine mehr. Und das hat unter anderem folgenden Grund: Die Europäische Zentralbank hat mit ihrer Geldpolitik nicht die braven Sparer im Auge, sondern die über beide Ohren verschuldeten Eurostaaten. Sie mit billigem Geld finanzierbar zu halten, scheint das oberste Ziel. Das dürfte auch noch länger so bleiben, weil keiner der angeschlagenen Euro-Staaten höhere Zinsen verkraften könnte. Das wiederum bedeutet: In den kommenden Jahren winken die schlechtesten Renditen für Sparbücher seit knapp 20 Jahren.
Und wie reagieren die Österreicher auf all das? Sie sparen nicht weniger, sondern noch mehr. Rund 300 Milliarden Euro stecken in Bargeld, Sparbuch und am Konto.
Wer am Weltspartag des 21. Jahrhunderts mit seinem Ersparten noch etwas verdienen will, wird um eine Investition an den Kapitalmärkten nicht herumkommen. Anders als bei klassischen Sparanlagen wie Lebensversicherung, Bausparvertrag oder Sparbuch sind die Renditen hier weiter hoch. Dennoch tun sich viele Österreicher enorm schwer, sich über Aktien an florierenden Unternehmen zu beteiligen. Weil sie den Aktienmärkten nicht trauen. Seit Jahrzehnten wird gegen die Börsen kampagnisiert, allen voran von mächtigen Organisationen wie der Arbeiterkammer. Aktien zu kaufen, gilt hierzulande riskanter als der Gang ins Casino. Das hat auch sehr viel mit dem fehlenden Finanzwissen der Bevölkerung zu tun. Wird allerdings nicht alles auf eine Aktie setzt, hat eine Investition am Kapitalmarkt mit dem Wetten am Roulettetisch wenig gemeinsam. Tatsächlich ist es heutzutage so leicht wie nie zuvor, binnen weniger Minuten über das Smartphone am globalen Wirtschaftswachstum teilzuhaben. Weil früher eben doch nicht alles besser war.
Gastkommentar von Hanno Lorenz für den “Presse” (30.10.2021).
Dass führende Politiker in Österreich nicht viel vom Aktienmarkt halten, ist nicht neu. Daher wollen sie auch nicht, dass in den Schulen etwas darüber erzählt wird. Lieber bedienen sie klassenkämpferische Ressentiments und malen die in Rauch aufgegangene Altersvorsorge an die Wand. Dabei zeigen die Zahlen, dass es sich lohnt, etwas über Aktie
Hätte jemand vor zehn Jahren angefangen, jeden Monat 180 Euro aufs Sparbuch zu legen, dann hätte er zwar real einen Teil seines Vermögenszuwachses schon wieder an die Inflation verloren, trotzdem hat er fast 20.000 Euro zur Verfügung.
Mittlerweile gibt es zwar wieder Zinsen, die Gratisgeldpolitik der EZB hat aber ein großes Loch in die Konten der Sparer gerissen. Das betrifft vor allem die Bürger Österreichs, die knapp 300 Milliarden Euro am Sparbuch und am Konto horten.
Die Notenbank erhöhte vergangene Woche die Leitzinsen um einen Viertelprozentpunkt, bereits zum zehnten Mal in Folge seit der Zinswende im Sommer 2022.
In Österreich ist es mittlerweile schwierig, sich aus eigener Kraft ein Vermögen aufzubauen. Das liegt auch daran, dass Sparformen wie Sparbuch oder Lebensversicherung – die beliebtesten Anlageformen der Österreicher – kaum Ertrag abwerfen.
Die Silicon Valley Bank in Kalifornien ging vor Kurzem pleite, die Credit Suisse in der Schweiz musste mit dem größten Mitbewerber, der UBS, fusioniert werden, um nicht ebenfalls in die Insolvenz zu rutschen. Geht das jetzt so weiter? Folgen womöglich noch größere Crashs?
Gegründet um das Land in wirtschaftlichen und gesellschaftspolitischen Belangen zu öffnen und neue Antworten auf die großen Herausforderungen zu liefern.
Lernen Sie uns kennenSie sehen gerade einen Platzhalterinhalt von Facebook. Um auf den eigentlichen Inhalt zuzugreifen, klicken Sie auf die Schaltfläche unten. Bitte beachten Sie, dass dabei Daten an Drittanbieter weitergegeben werden.
Mehr InformationenSie müssen den Inhalt von reCAPTCHA laden, um das Formular abzuschicken. Bitte beachten Sie, dass dabei Daten mit Drittanbietern ausgetauscht werden.
Mehr InformationenSie sehen gerade einen Platzhalterinhalt von Instagram. Um auf den eigentlichen Inhalt zuzugreifen, klicken Sie auf die Schaltfläche unten. Bitte beachten Sie, dass dabei Daten an Drittanbieter weitergegeben werden.
Mehr InformationenSie sehen gerade einen Platzhalterinhalt von X. Um auf den eigentlichen Inhalt zuzugreifen, klicken Sie auf die Schaltfläche unten. Bitte beachten Sie, dass dabei Daten an Drittanbieter weitergegeben werden.
Mehr Informationen