Innenpolitik

Sollte der Staat Verhütungsmittel gratis zur Verfügung stellen?

Viele europäische Länder setzen bereits jetzt auf eine kostenlose Bereitstellung von Verhütungsmitteln. Das österreichische Gesundheitsministerium will bis Ende 2023 Ergebnisse einer Machbarkeitsstudie zu Gratisverhütungsmitteln vorlegen.

Verhütung ist keine Staatsaufgabe. Eigentlich ist Verhütung ein hochsensibles Thema, über das in der Gesellschaft nur wenig gesprochen wird. Doch bei der Finanzierung sind sich die meisten Menschen einig: am besten gratis und umsonst. Der Staat soll einmal mehr die Kosten übernehmen. Damit sind wir aber auf dem Holzweg. In anderen Ländern wie Frankreich oder Italien ist es mittlerweile ganz normal, dass Verhütungsmittel (zumindest Jugendlichen) kostenlos zur Verfügung gestellt werden.

Eine gratis Bereitstellung von Verhütungsmitteln ist nicht kostenlos, sondern kostet den Steuerzahlern einen Brocken Geld.

Und auch der Gesundheitsminister Johannes Rauch von den Grünen meinte zu Beginn des Jahres: „Ja, ich kann mir das durchaus vorstellen.“ Eine Machbarkeitsstudie, die Ende des Jahres veröffentlicht werden soll, soll die entsprechenden Potenziale aufzeigen. Ins Zentrum dieser Debatte werden vor allem junge und bedürftige Menschen gerückt. Die Pille oder Kondome seien in Österreich unverhältnismäßig teuer und müssten zumindest steuerlich begünstigt werden. Das Einsetzen einer Spirale sei für Frauen oft finanziell nicht denkbar.

Doch eine kostenlose Bereitstellung von Verhütungsmitteln schießt über das Ziel hinaus. Gratis ist die öffentlich finanzierte Kostenübernahme nämlich keinesfalls. Sie kostet einen Brocken Geld. Geld, das im Endeffekt von den Steuerzahlerinnen und Steuerzahlern kommen muss, und zwar von allen. Eine zielgerichtete Unterstützung von Bedürftigen? Fehlanzeige.

Am Ende finden wir uns wohl in einem System wieder, in dem die Alten den Jungen die Kondome zahlen und die Jungen dafür im Gegenzug den Alten die Lesebrillen finanzieren. Wie wäre es, wenn jeder für sich zahlt und dann auch das Produkt wählen darf, das er wirklich möchte? Überdies ist es nämlich höchst fragwürdig, dass in einer Gesundheitsdebatte die Kosten einmal wieder ganz oben auf der Agenda stehen. An die Stelle professioneller und individueller Beratung treten finanzielle Anreize, die die Nachfrage nach Verhütung und auch das gewählte Mittel aktiv steuern. Hier wäre es Zeit für eine Neuordnung der Prioritäten. Ein bestimmtes Verhütungsmittel sollte nicht nur gewählt werden, weil es eben gratis ist.

Auch wenn die Forderung nach gänzlich kostenlosen Verhütungsmitteln der herrschenden Anspruchsmentalität gegenüber dem Staat entspricht, sie wäre doch ein teures Vergnügen und würde im Gegenzug auch viele neue Ungerechtigkeiten schaffen.

Gastkommentar von Carmen Treml für die “Kleine Zeitung” (31.07.2023).

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