Während der Großteil der Bevölkerung immer weniger zur Verfügung hat, haben die fünf reichsten Unternehmer ihr Vermögen seit 2020 verdoppelt. So lautet die Schlagzeile des neuesten Oxfam-Berichts, der alljährlich zum Start des World Economic Forums die Ungleichheit in der Welt anprangert und die Werbetrommel für Vermögensteuern rührt.
Als wäre die Realität nicht schon hart genug, zeigen sich die Oxfam-Propagandisten einmal mehr kreativ. Das beginnt schon einmal damit, dass grob geschätzte Vermögensdaten der Forbes-Milliardärsliste aus dem November 2023 genommen werden, um die Zuwächse der Superreichen zu ermitteln. Diese enorm hohen Vermögen werden mit den Werten vom März 2020 verglichen. Warum März 2020? Ganz einfach: Zu diesem Zeitpunkt hatten die Aktienmärkte nach Ausbruch der Corona-Pandemie einen Tiefpunkt erreicht. Abgesehen davon sind die fünf reichsten Milliardäre des Jahres 2020 nicht dieselben wie jene aus dem Jahr 2023. Elon Musk beispielsweise zählte vor fünf Jahren nicht zu diesem exklusiven Zirkel.
Das viel grundlegendere Problem der Studie ist aber die Berechnung der Armut. Statt Einkommensdaten heranzuziehen, werden die Nettovermögen (Vermögen abzüglich Schulden) herangezogen. Hierzulande haben aber selbst vermögende Menschen Schulden – etwa jene, die in jüngerer Vergangenheit ein Haus gebaut oder eine Wohnung gekauft haben. Nach Oxfam-Berechnung sind diese Menschen ärmer als ein afrikanischer Bauer, der zwar kein Vermögen, aber auch keine Schulden hat. Armut mit Schulden gleichzusetzen, erzeugt ein falsches Bild. Alle Quellen zeigen, dass die Armut weltweit nicht steigt, sondern rückläufig ist. Die Lebensbedingungen der armen Bevölkerungsschichten haben sich deutlich verbessert, Oxfam versucht, dieses Bild mit manipulativen Berechnungen umzudrehen.
Trotz der durchaus erfreulichen Entwicklung ist nicht schönzureden, dass immer noch Millionen von Menschen zu wenig zum Leben haben. Eine Handvoll Superreiche dafür verantwortlich zu machen, ist aber Unsinn. Und eine kräftige Vermögenssteuer, wie Oxfam fordert, ist auch nicht die Lösung des Problems. Wenn Elon Musk weniger Tesla-Aktien hält oder Bernhard Arnault weniger Luxustaschen verkauft, bringt das den Hungernden in der Welt genau nichts. Armut bekämpft man nicht, indem man arm und reich gegeneinander ausspielt. Was es braucht, ist die Teilnahme der Armen an den Quellen des westlichen Wohlstands. Globalisierung, Freihandel und Marktzugang sind dafür die wichtigsten Voraussetzungen. Ein Beispiel dafür ist das nobelpreisgekührte Microfinance-Konzept, mit dem auch Menschen, die unter normalen Umständen nie Bankgeschäfte abschließen könnten, nun Zugang zu finanziellen Basisleistungen haben. Die wirkungslose Almosenpolitik, die Geld und gute Wünsche in den globalen Süden schickt, sollte ein Lösungsansatz des 20. Jahrhunderts bleiben. Auch Oxfam sollte sich endlich aus dieser Dritte-Welt-Logik befreien, auch wenn das die eigene Botschaft schwächt.
Gastkommentar von Carmen Treml im “Kurier” (17.01.2024).
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