COVID-19

Warum es Selbstbehalte für Impfverweigerer braucht

Die Idee ist nicht neu, die Meinungen gehen auseinander. Sollen Corona- Patienten, die sich bewusst nicht impfen ließen, an ihren Behandlungskosten beteiligt werden?

In Dänemark sind über 80 Prozent der Einwohner geimpft, in Österreich sind es bescheidene 59 Prozent.

Während in Dänemark alle Corona-Beschränkungen aufgehoben wurden, rollt auf Österreich die vierte Infektionswelle zu. Der Unterschied zwischen den beiden Ländern? In Dänemark sind über 80 Prozent der Einwohner geimpft, in Österreich sind es bescheidene 59 Prozent. Weil viele Menschen eine Impfung entweder für gefährlich oder für überflüssig erachten. Weshalb die Rufe nach einer generellen Impfpflicht lauter werden. Sie hat nur einen Haken: Sie ist mit einem liberalen Rechtsstaat schwer vereinbar.

Jeder Bürger hat die Freiheit, sich nicht impfen zu lassen. Aber niemand hat das Recht, die Folgen seines Tuns kostenlos auf die Allgemeinheit abzuwälzen. Ungeimpft-Sein ist in Österreich zu bequem, wie der Grazer Epidemiologe Gerald Gartlehner treffend analysierte. Deshalb sollte die Regierung ihre Strategie ändern. Statt Bürgern Geld zuzustecken, damit sie sich vom allumfassenden Sozialstaat gnädigerweise eine Gratisimpfung verabreichen lassen, sollten die sündteuren Gratistests für alle Erwachsenen ein Ende finden. Sie sind die Eintrittskarte in die Welt der Freiheit und damit ein Grund für viele Bürger, sich nicht impfen zu lassen. In der Schweiz hat die Regierung auf die niedrige Durchimpfungsrate reagiert: Ab 1. Oktober werden pro PCR-Test zwischen 115 und 190 Franken (175 Euro) verrechnet.

Jeder Bürger hat die Freiheit, sich nicht impfen zu lassen. Aber kein freiwillig Ungeimpfter hat das Recht, sich im Falle einer Erkrankung kostenlos behandeln zu lassen.

Jeder Bürger hat die Freiheit, sich nicht impfen zu lassen. Aber kein freiwillig Ungeimpfter hat das Recht, sich im Falle einer Erkrankung kostenlos behandeln zu lassen. So wie alle Bürger an den Kosten ihrer Rettung beteiligt werden, wenn sie sich trotz Wetterwarnung in die Berge begeben, sollte jeder freiwillig Ungeimpfte einen Selbstbehalt für einen Spitalsaufenthalt abführen. Gerne auch einkommensabhängig. Dass Experten nahezu geschlossen dagegen auftreten, ist in einem Land, in dem alles “gratis” zu sein hat, nicht überraschend. Die Argumente sind es schon eher. Etwa, dass als Nächstes die Raucher, Übergewichtige oder Extremsportler “dran” wären. Dabei wird übersehen, dass sie alle “nur” sich selbst gefährden. Aber sie sorgen nicht für Lockdowns und überfüllte Spitäler.

Andere wiederum warnen vor “amerikanischen Verhältnissen”. Das ist nicht ganz ohne Ironie. Haben die “österreichischen Verhältnisse” ja dazu geführt, dass das Gesundheitssystem erneut an seine Belastungsgrenze kommt, Operationen für unzählige Patienten verschoben werden müssen und das ganze Land wieder vor drastischen Einschränkungen steht. Ohne Not. Nur weil ein zu großer Teil der Bevölkerung die Freiheit in Anspruch nimmt, es lieber mit der Krankheit zu probieren als mit der Impfung. Gerne, aber dann bitte mit einer finanziellen Beteiligung an den dadurch ausgelösten Kosten.

Gastkommentar von Franz Schellhorn für die “Salzburger Nachrichten” (15.09.2021).

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