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Blinde Staatsliebe und Nationalismus sind ein giftiger Cocktail. Aber solange wir unseren Kindern beibringen, dass der Staat alles kann, sind wir in einem Teufelskreis gefangen.
„Österreich ist ein wunderbares Land. Geprägt von Natur und Landschaft in Vielfalt und Schönheit. Getragen von einer innovativen Wirtschaft.“ So lauten die ersten drei Sätze des Regierungsprogramms von Türkis-Grün. Mehr als 300 Seiten für die Ewigkeit – aber nicht für die Gegenwart. Corona hat alles verändert. Okay, fast alles: Von der Schönheit unserer Natur können wir uns im Heimaturlaub überzeugen. Aber das alleine reicht nicht. Jetzt geht es darum, den dritten Satz mit Leben zu füllen, den von der „innovativen Wirtschaft“.
Österreich darf nicht nur wunderbar sein. Es muss modern sein. Es muss digital sein. Fair. Zuversichtlich. Mutig. Weltoffen und selbstbewusst. Ja, es braucht ein Konjunkturpaket mit Steuersenkungen. Es braucht Anreize für neue Jobs. Es braucht Reformen in vielen Bereichen: Bildung, Gesundheit, Pensionen. Was es aber nicht braucht, ist Nationalismus. Weder an den Grenzen noch beim Handel. Leider scheint aber genau das bei vielen der erste Reflex zu sein. Auch bei Politikern. Selbst in der Regierung.
Man muss natürlich zwischen Nationalismus und Patriotismus unterscheiden. Dass Konsumenten lieber Fleisch aus der Heimat essen oder Gemüse aus der Region, ist sicher kein Problem. Das ist nicht erst seit Corona so. Auch in Diskontern sind heimische Produkte in der Mehrzahl. Der Konsument erhält, was er verlangt. So funktioniert Marktwirtschaft. Aber wenn sich der Hang zum Etatismus, zur blinden Staatsliebe, mit Patriotismus kreuzt, kommt oft Nationalismus heraus. Es entsteht ein giftiger Cocktail.
Und es führt zu wirklich eigenartigen Ideen, wie dem „Kaufhaus Österreich“, das der Wirtschaftsministerin vorschwebt. Eine Art Alpen-Amazon, aufgesetzt vom Staat, gefüllt von heimischen Betrieben. Allein: Das gibt es schon. Es heißt Shöpping, betrieben von der Post, die mehrheitlich dem Staat gehört. Erfolg vor Corona: eher mäßig. Jetzt läuft es langsam an – auch, weil die Krise das regionale Bewusstsein der Kunden geschärft hat. Gut so – die Marktwirtschaft waltet ihres Amtes.
Aber brauchen wir wirklich eine zweite Plattform? Und warum machen wir nicht auch ein Alpen-Google? Brauchen wir nicht einen Austro-Tesla? Wo bleibt die versprochene Austro-Cloud? Und hatten wir das nicht alles schon? In der Anfangsphase suchten wir mit dem Austronaut und schickten Mails mit Mail.at. Mit der Zeit verschwanden diese Angebote, weil das Internet eben global ist und sich nur die besten Ideen durchsetzen, nicht automatisch die heimischen. Ohne Grenzen ist ein nationaler Ansatz sinnlos.
Die Regierung glaubt aber wohl nicht wirklich an die „innovative“ österreichische Wirtschaft aus ihrem eigenen Programm. Sonst würde sie dieser das Feld überlassen und über Rahmenbedingungen reden. Über den Abbau von Bürokratie und Abgaben. Nicht über die Schaffung eines virtuellen, staatlichen Kaufhauses.
Wie kommt es zu diesem Widerspruch? Dem Misstrauen gegenüber privater Initiative, während dem Staat schier alles zugetraut wird? Eine Antwort findet sich in unseren Schulbüchern. Die WU-Professorin Bettina Fuhrmann hat in einer Untersuchung festgestellt, dass „Markt“ und „Marktwirtschaft“ dort so gut wie gar nicht vorkommen. Die ganze Grundlage unseres Wirtschaftssystems wird einfach ignoriert. Oder es gar im ideologischen Jargon als „neoliberales“ Monster abgetan. Die Folge: „Die Mehrheit der befragten Schülerinnen und Schüler ist davon überzeugt, dass der Staat bestimmt, was importiert und was exportiert wird. Dass der Staat festlegt, wie viel man verdient und wie hoch die Preise im Geschäft sind, auch davon sind einige fest überzeugt. Klingt, als hätten die Jugendlichen eher planwirtschaftliche Vorstellungen von der österreichischen Wirtschaft“, so Fuhrmann im „Standard“.
Ist das nicht verrückt? Die Leiterin des Instituts für Wirtschaftspädagogik an der größten Wirtschaftsuni des Landes muss schockiert feststellen, dass wir unseren Schulkindern nicht erklären, wie Wirtschaft funktioniert. Zumindest nicht in den Büchern für Zehn- bis Vierzehnjährige, die laut Lehrplan schon über „Markt und Marktwirtschaft“ lernen sollten. Das geschieht aber nicht. Zumindest nicht ohne zusätzlichen Einsatz engagierter Lehrer.
Der Blick in die Schulbücher erklärt, warum der Etatismus das Ende der Monarchie, die Erste Republik und zwei Weltkriege überstanden hat. Er sitzt uns so tief in den Knochen, dass man Erfolge der Marktwirtschaft schamlos dem Staat anheftet und Probleme pauschal dem „freien Markt“ oder dem „Neoliberalismus“ in die Schuhe schiebt. Jetzt wissen wir auch, warum eine Regierung nach der anderen auf Staatseingriffe setzt und die „innovative Wirtschaft“ es maximal als Lippenbekenntnis ins Programm schafft. Die Politiker haben wohl auch aus diesen Büchern gelernt. Traurig.
Nun ist das Problem mangelnder Wirtschaftsbildung nicht neu. Aber sie wird jetzt akut sichtbar. Die Politik konzentriert sich auf Prestigeprojekte wie die Rettung der einst staatlichen Fluglinie, die jetzt einer deutschen Aktiengesellschaft gehört. Gleichzeitig leiden viele Klein- und Mittelbetriebe bei der Suche nach Staatshilfe unter absurden bürokratischen Auflagen des „starken Staats“.
Statt rot-weiß-rote Versionen von Silicon-Valley-Giganten zu produzieren, sollten wir uns fragen: Warum ist Amazon nicht in Bruck an der Mur entstanden? Was können wir tun, damit der nächste Tesla aus St. Pölten kommt? Die Schulbücher umzuschreiben, scheint ein wichtiger erster Schritt zu sein. Investitionen in die Bildung sind die nachhaltigsten überhaupt. Eine Ausbildung von Weltrang wird mit der Zeit Früchte tragen. In Form einer wirklich innovativen Wirtschaft, die sich die Vorteile des Standortes und der modernen Technologien zunutze macht, ohne nach dem Staat zu rufen oder in nationalistische Muster zu verfallen.
Kommentar von Nikolaus Jilch in der „Wiener Zeitung“ (29.06.2020)
Dieses muss aber nicht durch neue Steuereinnahmen aufgetrieben werden, sondern könnte durch eine Umstrukturierung der Bildungsausgaben frei werden. Hierzulande wird für die frühen Phasen der Bildungskarriere – im Verhältnis zu fortgeschrittenen Ausbildungsstufen – wenig Geld ausgegeben. Länder wie Dänemark, Schweden oder Estland investier
Die ersten Jahre sind entscheidend für die sprachliche und soziale Entwicklung eines Menschen. Kinder sind in frühen Jahren besonders lernfähig. Was in dieser Zeit verpasst wird, erhöht später die Kosten für das Bildungssystem, aber auch für die Gesellschaft insgesamt.
Mehr Zeit in der Schule und damit in einem geregelten Umfeld fördert die sprachliche und soziale Integration. Es sollten daher viel mehr Schulen in einen Ganztagsmodus wechseln. Derzeit gibt es beim Angebot noch große regionale Unterschiede.
Mangelhafte Sprachkenntnisse führen zu einer Einstufung als außerordentlicher Schüler und zur verpflichtenden Teilnahme an einem Deutschförderkurs oder – sind die Kenntnisse unzureichend – einer gesonderten Deutschförderklasse. Doch im Schulstartalter hat das Unheil schon längst seinen Lauf genommen.
Sieben von zehn Wiener Pflichtschülern sprechen im Alltag nicht vorwiegend Deutsch. Das muss nicht zwangsläufig ein Problem darstellen, Mehrsprachigkeit kann ja sogar ein Vorteil sein. Allerdings nur, wenn die Kinder Deutsch zumindest gut genug beherrschen, um dem Schulunterricht zu folgen. Letzteres ist leider sehr oft nicht der Fall.
Je nach Schultyp dauert der Einstieg in die Erwerbstätigkeit unterschiedlich lang, wie eine Auswertung der Agenda Austria zeigt. Absolventinnen einer Lehre beginnen im Schnitt nach sieben Tagen einen Job. „Das zeigt, dass die Lehre besser ist als ihr Ruf und Personen mit Lehrabschluss auf dem Arbeitsmarkt gefragter sind denn je“, sagt Agenda A
Gegründet um das Land in wirtschaftlichen und gesellschaftspolitischen Belangen zu öffnen und neue Antworten auf die großen Herausforderungen zu liefern.
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