Foto: © Kounosu / Wikimedia Commons
Einer aktuellen Schätzung von Oxfam zufolge besitzen 62 Menschen so viel wie die Hälfte der Weltbevölkerung. Eine erschreckende Gegenüberstellung, aus der die falschen Schlüsse gezogen werden.
Eines muss man Oxfam schon lassen: Die britische Pressure Group nutzt die Bühne des Weltwirtschaftsforums in Davos wie niemand sonst, um die Welt in helle Aufregung zu versetzen. Dabei ist die Nachricht immer dieselbe: Das oberste Prozent der Menschheit besitzt so viel wie die restlichen 99 Prozent. Das müsste nicht so sein, die Lösung des Problems ist aus Sicht von Oxfam sogar ziemlich einfach: Würden nur alle Steueroasen ausgetrocknet, allen Vermögenden und Konzernen endlich mehr Geld abgeknöpft – schon lebten wir alle glücklich bis ans Ende unserer Tage. Weil das aber nicht so ist, besitzen 62 Superreiche so viel wie die Hälfte der Weltbevölkerung.
Ein niederschmetternder Befund, schließlich wollen wir doch alle nur das eine: Wohlstand für alle. Ebenso niederschmetternd ist allerdings der begründete Verdacht, dass die schreckliche Nachricht alle investigativen Kräfte zu lähmen scheint. Oxfams Botschaft geht nämlich durch die Welt wie das heiße Messer durch die Butter. Nur sehr wenige, zu denen die Denkfabrik Agenda Austria zählt, fragen nach, wie dieser Befund zustande kommt, ob er plausibel ist und welche Schlüsse daraus zu ziehen sind.
Oxfam bedient sich der Schätzungen der Schweizer Bank Credit Suisse. In ihrem Global Wealth Report schätzt die Credit Suisse die Nettovermögen – also die Vermögen abzüglich der Verbindlichkeiten. Dieser Methode folgend lässt sich auch die Behauptung aufstellen, dass ein Durchschnittsösterreicher mehr Nettovermögen besitzt als 30 Prozent der ärmsten Weltbevölkerung zusammen. Ist ein durchschnittlicher Bürger dieses Landes so reich? Nein, der Rest der Welt ist besonders arm. Nicht der teilweise unermessliche Reichtum einiger Weniger ist das Problem, sondern der Umstand, dass der Großteil der Weltbevölkerung überhaupt kein Nettovermögen hat. Genau das trifft auf 30 Prozent der Menschheit zu.
Nun mag man – wie Oxfam – meinen, dass die Armen so wenig haben, weil eine Minderheit so viel besitzt. Das sieht ja auch der anerkannte Weltökonom Papst Franziskus so, der in jahrelanger Forschungsarbeit herausgefunden hat, dass der Kapitalismus nur den Reichen dient (bevor sich der Heilige Vater dann wieder seinem Kerngebiet, der Klimaforschung, widmete). Weit hilfreicher scheint allerdings die These des spanischen Ökonomen Hernando de Soto zu sein, der in einem Gastkommentar in diesem Medium meinte: „Rund 5 Milliarden der 7,3 Milliarden Menschen haben keine gesicherten Eigentumsrechte, die es ihnen ermöglichen würden, ohne Ausbeutung irgendwo durch eigene Kraft Vermögen zu erwirtschaften.“
Das eigentliche Rezept sei es also, den Menschen die Möglichkeit zu geben, Eigentum zu erwerben und das auch rechtlich zu sichern. Um Hypotheken darauf aufnehmen zu können oder es in offenen Märkten zu handeln und tauschbar zu machen. So könnten auch Ärmere mit ihrem Besitz einen Kredit absichern und Investitionen tätigen. Mit anderen Worten: Statt geduldig auf die Segnungen des Sozialismus zu warten, wäre es besser, in den ärmsten Ländern der Welt den Kapitalismus einzuführen. Das sieht übrigens auch der Entwicklungshelfer Bono so: Der Kapitalismus führe mehr Menschen aus der Armut als die Entwicklungshilfe, stellte der hauptberufliche U2-Sänger fest.
Das ändert freilich nichts an dem Befund, dass in der jüngeren Vergangenheit eine ganz kleine Gruppe von Superreichen zu Vermögen in unvorstellbaren Dimensionen gekommen ist. Das muss man nicht gut finden, das mag man aufs Schärfste kritisieren. Allerdings sollten wir nicht übersehen, dass die Bevölkerung in der industrialisierten Welt heute in einem noch nie dagewesenen Massenwohlstand lebt, während die Armut in den Schwellenländern seit 25 Jahren in einem noch nie dagewesenen Ausmaß zurückgedrängt wurde. Was der britische Economist jener Globalisierung zuschreibt, die in unseren Breiten immer mehr als Grund allen Übels ausgemacht wird.
Aber so weit kommt die Debatte ja leider nicht. Stattdessen wird den Menschen eingehämmert, dass sie so wenig haben, weil einige Wenige so viel haben. Egal, ob man nun in einem Entwicklungsland lebt oder in Österreich. Einfache Botschaften verlangen nach einfachen Lösungen – das muss man Organisationen wie Oxfam wirklich lassen.
Der Artikel erschien am 18.01.2016 als Gastkommentar auf NZZ.at
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