Und nun geht es ans Eingemachte: Nachdem wir mehr Menschen ins Eigentum gebracht haben und das geförderte Segment stärker auf jene zugeschnitten wurde, die es wirklich brauchen, ist es Zeit, den restlichen Wohnungsmarkt ein bisschen auf Trab zu bringen. Machen wir ein Gedankenexperiment: Angenommen, wir lassen alle Haushalte in Österreich aus ihren Wohnungen ausziehen. Mit ihrem Hab und Gut sollen sie sich vor dem Stephansdom versammeln. Dann wird der Wohnraum neu zugeteilt: Haushalte mit wenig Geld erhalten günstige, geförderte Wohnungen. Für Familien mit Kindern gibt es große Wohnungen mit Garten. Pensionisten bekommen kleine, pflegeleichte Wohnungen mit Aufzug. Vielleicht muss hier und da eine kleine bauliche Anpassung vorgenommen werden. Aber wetten, dass am Ende viel Wohnfläche übrig bliebe?
In ganz Österreich gibt es rund 4,1 Millionen Wohnungen.[1] Sie sind – für einen Städter unvorstellbar – durchschnittlich über 100 Quadratmeter groß. Pro Kopf haben wir in Österreich fast 47 Quadratmeter zur Verfügung. Im Durchschnitt käme eine vierköpfige Familie auf fürstliche 187 Quadratmeter. Im Durchschnitt! Woher kommt also das Gerede von der Wohnungsnot?
Die kurze Antwort: Die Wohnungen sind an den falschen Orten und es leben die falschen Leute darin. Viele Ältere, die seit Jahrzehnten ihre Adresse nicht gewechselt haben, belegen Wohnungen, von denen junge Familien nur träumen können; sie werden – wie alle Neumieter in Österreich – systematisch diskriminiert. Natürlich hat ein alleinstehender Senior, der sein ganzes Leben gearbeitet hat, eine größere Wohnung als ein Student. Aber nicht das Alter oder das Girokonto entscheiden in Österreich oft über die Wohnqualität, sondern das Datum auf dem Mietvertrag (vgl. Abbildung 4). Die Ironie der Geschichte: Viele Ältere würden gern in eine kleinere Bleibe umziehen, können sich aber die Miete für eine kleinere (!) Wohnung mit einem neuen Mietvertrag gar nicht leisten. Sie sitzen fest. Wer einmal eine billige Wohnung ergattert hat, zieht in aller Regel nur mit den Füßen voran aus. Erst der Tod schafft neuen Wohnraum. Solche Fehlzuteilungen und Lock-in-Effekte sind in der ökonomischen Literatur bestens bekannt.[2] Sie produzieren nur Verlierer.
Um die Effizienz und den Umschlag auf dem Wohnungsmarkt zu erhöhen, müssen wir aus dem derzeitigen System ausbrechen und es durch etwas Neues ersetzen. Langfristig sollten wir auf ein Vergleichsmietensystem umsteigen. Dadurch ließe sich die dauerhafte Marktferne des regulierten Segments allmählich auflösen. Dafür bräuchte es ein paar Schritte:
Die Reichen vererben Villen am Wörthersee; der Mietadel vererbt Mietverträge in den Städten. Während Ersteres legitim ist, da es sich um Eigentum handelt, ist Letzteres eine Eigenart des österreichischen Mietrechts, die fragwürdige Verteilungswirkungen generiert. Die Übertragbarkeit von Mietverträgen an Verwandte gehört abgeschafft. Wer mit offenen Augen und Ohren durch die Welt geht, weiß ohnehin, dass viele Mietverträge unter juristisch fragwürdigen Bedingungen übertragen werden. Welcher erwachsene Mensch zieht freiwillig wieder bei den Eltern ein und wohnt ein paar Jahre mit ihnen, um dann die Wohnung übernehmen zu können? So etwas ereignet sich oft nur auf dem Papier.
Ein Vergleichsmietensystem funktioniert so:[3] Bei Neu- und Wiedervermietungen gibt es zunächst keine Preisgrenzen – außer natürlich solche zur Verhinderung von unerlaubtem Wucher oder Ähnlichem. Die zulässigen Mieterhöhungen während der Laufzeit eines Mietvertrages müssen sich dann nach der allgemeinen Entwicklung der Mieten für vergleichbaren Wohnraum im freien Markt[4] in der jeweiligen Gemeinde in den letzten drei bis fünf Jahren richten. Also nach dem Mietspiegel. Richtig umgesetzt, ist so ein Vergleichsmietensystem ein Kompromiss, der Kritiker aus beiden Lagern verstummen lässt: Mieterschützer erhalten den allgemeinen Mietpreisdeckel für alle Wohnungen, den sie immer wollten. Und Marktradikale können nicht viel dagegen sagen, weil das Vergleichsmietensystem ja gerade einen Markt simulieren soll, wo noch gar keiner ist. Indem die Mieten an den aktuellen Mietspiegel einer Stadt gekoppelt sind, passiert nichts, was im Ökonomielehrbuch nicht auch passieren würde. Marktsignale kommen an, wenn auch etwas verzögert.
Der gesamte Wohnungsbestand in Österreich sollte Stück für Stück einem solchen Vergleichsmietensystem unterworfen werden. Der freie Markt sofort. Richtwert- und Kategoriemieten ebenfalls; da der Abstand zur üblichen Marktmiete hier gewaltig ist, könnte der Anpassungsprozess bei Wiedervermietungen über einen längeren Zeitraum erfolgen. Ausgenommen bleiben kann ein zweckmäßiger Bestand an günstigen Gemeindewohnungen, den die Kommunen für soziale Härtefälle und beim Kampf gegen Obdachlosigkeit brauchen.
Auf diese Weise entsteht ein inklusiver Wohnungsmarkt, der Mieter vor willkürlichen Mieterhöhungen und Vermieter vor der kalten Enteignung schützt. Wer in eine kleinere Wohnung zieht, spart Geld, da die Dauer des Mietvertrags keine Rolle mehr spielt. Die Diskriminierung von Neumietern ist damit Vergangenheit. Auch Anreize für Investitionen in den Bestand sind wieder stark, da eine sanierte Wohnung dann mit Wohnungen derselben Qualität im Wettbewerb steht.
Wie man sieht, kann die Politik eine Menge tun, um das Grundbedürfnis Wohnen für alle erfüllbar zu machen. Sie müsste nur endlich damit anfangen.
Fußnoten
Fast schon im Wochentakt schlagen bei den Unternehmen neue Regeln auf. Es kann schon längst nicht mehr als EU-Bashing gelten, den Regelungswahn der Brüsseler Schreibtischakrobaten als unmäßig zu kritisieren. Wir werfen einen Blick in die Giftküche der Bürokratie.
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Wohnen ist in Österreich nicht teurer als in anderen europäischen Ländern. Die Wohnkostenbelastung liegt unter dem EU-Schnitt. Und doch gibt es Verbesserungsbedarf: Künftige Regierungen sollten den Aufbau von Wohneigentum in der Mitte der Gesellschaft erleichtern, den geförderten Mietmarkt treffsicherer machen und dafür sorgen, dass ausreiche
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Eigentlich wollte die Regierung ja die Staatsschulden senken und die Bürger entlasten. Beides ist leider spektakulär misslungen. In der kommenden Legislaturperiode muss die Politik das Ruder herumreißen und einen Sparkurs einschlagen. Die gute Nachricht: Es gibt ziemlich viele Maßnahmen, die man setzen kann.
Österreich gibt sehr viel Geld für Bildung aus – und bekommt dafür nur mittelmäßige Resultate. In Schulnoten ausgedrückt verdient der Bereich bestenfalls ein „Befriedigend“. Dabei wäre es gar nicht so schwer, Einserschüler zu werden, auf dem Bildungsmarkt gibt es viele gute Ideen. Die nächste Regierung muss das Rad also nicht neu erf
Gegründet um das Land in wirtschaftlichen und gesellschaftspolitischen Belangen zu öffnen und neue Antworten auf die großen Herausforderungen zu liefern.
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