Wer braucht schon die Mitte?

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Der Vermögensaufbau muss einfacher werden

Österreich ist ein Land der Mieter. Dies führt nicht nur dazu, dass die Mitte der Gesellschaft vergleichsweise wenig Vermögen besitzt, sondern auch zu einer hohen Vermögensungleichheit. Die geringe private Absicherung wiederum hält die Bürger in Abhängigkeit vom Staat und macht sie anfällig in Krisen wie der aktuellen Teuerungswelle. Wer eine Immobilie besitzt, profitiert seit Jahren von den gestiegenen Marktpreisen, während Mieter immer mehr zahlen müssen. Um den Wohnungserwerb zu erleichtern, sollte die Regierung auf die Einhebung der Grunderwerbsteuer für die Erstimmobilie verzichten – oder zumindest eine Staffelung je nach Höhe des Kaufpreises festsetzen. Erstimmobilien bis 500.000 Euro sollten dabei steuerfrei bleiben. Zudem sollten sich Grundbucheintragungsgebühren am Aufwand und nicht am Immobilienpreis orientieren. Kreditzinsen sollten bei der Erstimmobilie steuerlich abzugsfähig sein.

Wir müssen über Geld reden

Finanzbildung sollte Pflichtfach an den Schulen werden, am besten beginnend in der Volksschule. Wer sich mit Wirtschaft und Geldanlage nicht auskennt, tut sich viel schwerer beim Vermögensaufbau. Nur in wenigen Ländern veranlagen die Menschen ihr Geld mit noch geringeren Renditen als in Österreich. Aus Angst vor Anlagen am Kapitalmarkt nimmt man lieber die sicheren Kaufkraftverluste am Sparbuch hin.

Das Pensionssystem braucht eine Reform

Der Aufstieg in die Mittelschicht soll auch in Zukunft – zumindest theoretisch – für jeden möglich sein. Wichtig ist dafür ein funktionierendes Pensionssystem, das es schafft, einerseits die Pensionen auf einem auskömmlichen Niveau zu sichern, andererseits aber die Belastung der Erwerbstätigen in Grenzen zu halten. Vorbild ist hier Schweden. Um die Ausgaben für das Pensionssystem zu begrenzen und Menschen lange im Erwerbsleben zu halten, muss das gesetzliche Pensionsantrittsalter angehoben werden. Ab sofort könnte es sich jedes Jahr um zwei Monate erhöhen, bis 67 Jahre erreicht sind. Anschließend soll das gesetzliche Pensionsantrittsalter automatisch an die steigende Lebenserwartung angepasst werden. Idealerweise erfolgt dies dynamisch und ohne weitere Eingriffe der Politik. Das System wäre so zu gestalten, dass die in der Pension verbrachte Zeit weiter zunimmt, aber das Verhältnis zwischen Arbeitszeit und Pension gleichbleibt. Das hieße: länger leben, länger arbeiten und länger in Pension sein.[1]

Unternehmer verdienen mehr Freiheit

Die Mittelschicht besteht nicht nur aus Angestellten. Auch die Selbständigkeit sollte in Österreich eine valide Option für den ökonomischen Aufstieg darstellen. Allerdings wirft Österreichs Bürokratie potenziellen Jungunternehmern einige Knüppel zwischen die Beine. Gründen ist hierzulande unverhältnismäßig teuer und es dauert zu lange. Zu viele Bereiche sind zudem reguliert, ohne dass dies verhältnismäßig wäre. Die Regierung sollte motivierte Gründer nicht entmutigen, sondern unterstützen. Deshalb gehört die Gewerbeordnung radikal entrümpelt. Alle Branchen, in denen keine Gefahr für Mensch, Tier oder Umwelt besteht, sollten frei zugänglich sein.

Auch die Öffnungszeiten verdienen eine totale Liberalisierung. Der Staat soll Arbeitnehmern und Arbeitgebern nicht vorschreiben, wann sie arbeiten dürfen und wann nicht. Gründungsprozesse gehören digitalisiert und so weit automatisiert, dass bei Erfüllung der Kriterien eine Bewilligung binnen 24 Stunden erfolgt.

Investitionen in die Zukunft

Zu oft ist die Republik im guten Mittelfeld unterwegs. Es braucht aber auch Best-Practice-Kategorien. Will Österreich auf den Weltmärkten konkurrieren, geht das nur über Qualität. Dafür braucht es nicht nur die entsprechend ausgebildeten Arbeitskräfte, es braucht auch die nötige Innovation. Diese sollte durch den Ausbau kompetitiv vergebener Forschungsgelder gestärkt werden. Ziel sollte es sein, zumindest in den für Österreich wichtigen Zukunftsbereichen in der Weltspitze zu landen. Zu viel Geld geben wir für den Erhalt des Gegenwartskonsums aus. Zu wenig wird in die Zukunft dieses Landes investiert.

Produktivität stärken

Für ein nachhaltiges Wachstum, insbesondere bei einer alternden Bevölkerung, ist Produktivitätswachstum von entscheidender Bedeutung. Dieses hat sich allerdings in den letzten Jahren wenig erfreulich entwickelt. Grund dafür ist auch, dass sich viele Dinge in die falsche Richtung bewegen. Damit das in Zukunft anders ist, ist eine Reihe von Verbesserungen für den Wirtschaftsstandort notwendig. Allem voran muss Kapital gewonnen werden, das in Forschung, Produktion, Beschäftigung und Innovation investiert wird. Statt durch Übergewinnsteuern für Unsicherheit zu sorgen, sollte sich die Regierung verpflichten, langfristig die Besteuerung nicht anzuheben. Planungssicherheit ist die beste Standortpolitik. Der Wettbewerb in den Dienstleistungsbranchen sollte zumindest innerhalb der EU durch den Abbau von Hürden unterstützt werden. Auch eine stärkere Regionalisierung im Außenhandel wäre ein Bärendienst für die Produktivitätsentwicklung. Der grenzüberschreitende Handel ist nicht der Gegner, sondern der wichtigste Verbündete zu mehr Wohlstand. Speziell im Bereich der Digitalisierung hat die Republik Aufholbedarf. Die oftmals versprochene Breitbandmilliarde sollte endlich in eine flächendeckende Versorgung mit schnellem Internet enden.


Fußnoten

  1. Eine ausführlichere Analyse findet sich bei Kucsera & Nagl (2019).
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