Wie erwähnt erwies sich die Mittelschicht in Österreich in den vergangenen Jahrzehnten als sehr widerstandsfähig. Dennoch gibt es einige Entwicklungen und Trends abseits der Krisen, die eine Herausforderung für die Mitte bedeuten.
Für Menschen ohne entsprechende Qualifikation wird es immer schwieriger, mittlere und hohe Einkommen zu erzielen – insbesondere vor dem Hintergrund eines immer stärker digitalisierten Wirtschaftslebens. Und hier beginnt das eigentliche Problem: Jeder sechste heimische Pflichtschüler konnte im Alter von 14 Jahren nicht sinnerfassend lesen, eine ebenso hohe Zahl beherrscht die Grundrechnungsarten nicht. Wirklich verheerend ist die Lage in der Bundeshauptstadt: Mehr als die Hälfte der Wiener Pflichtschüler erlangen die Grundkompetenzen im Lesen oder Rechnen nicht oder nur teilweise.[1]
Hinzu kommt, dass jeder fünfte Jugendliche in Österreich als sogenannter „Risikoschüler“ gilt.[2] Als Risikoschüler bezeichnet man jene Jugendlichen, die im PISA-Test bei der Lesekompetenz weniger als 407 Punkte erreichen. Sie finden sich allenfalls in kurzen Textabschnitten oder bekannten Sachgebieten zurecht. Und das, obwohl Österreich viel Geld in die Bildung investiert.[3] Diese jungen Menschen landen auf einem Arbeitsmarkt, der für sie keine Stellen bereithält. Ein Leben nach eigenen Wünschen und Vorstellungen ist de facto nicht möglich, der soziale Aufstieg nicht realisierbar.
Gleichzeitig verändert der technologische Wandel den Bildungsanspruch an die Bürger. Wir werden zwar nicht die technologische Massenarbeitslosigkeit erleben, die einige Schwarzmaler prophezeit haben. Aber es herrscht international weitgehend Einigkeit darüber, welche Tätigkeiten vom digitalen Wandel betroffen sein werden.[4] Sehr oft handelt es sich um Berufe im mittleren Einkommenssegment.[5] Untersuchungen der OECD weisen darauf hin, dass neue Technologien in den vergangenen 30 Jahren viele Jobs im hoch- und im niedrigqualifizierten Bereich geschaffen haben.[6] Der Anteil der Jobs mit mittlerer Qualifikation ist allerdings rückläufig.
Interessanterweise führte dies noch zu keinen nennenswerten Jobverlusten in der Mittelschicht Österreichs, weil sich die Beschäftigten über eine bessere Ausbildung für andere Arbeiten qualifizierten oder weil Stellen mit höheren Anforderungen neu entstanden. Entscheidend wird sein, ob es gelingt, diesen Trend in die Zukunft mitzunehmen und die Digitalisierung als Chance zu begreifen, statt sie zu bekämpfen. Nur so ist der Wohlstand der Mittelschicht auch zukünftig zu halten.
Menschen werden älter, weniger Junge kommen nach, der Anteil der Erwerbstätigen sinkt. Österreich steht in den kommenden Jahren vor großen demografischen Verschiebungen. Die geburtenstarken Jahrgänge der „Babyboomer“ (geboren zwischen 1956 und 1969) gehen bald in Pension oder sind bereits im Ruhestand. Bis zum Jahr 2050 wird die Zahl der Menschen über 65 Jahre um fast eine Million auf dann 2,66 Millionen steigen. Im Vergleich zu heute ist das ein Plus von 56 Prozent. Die Anzahl der Österreicher im erwerbsfähigen Alter (20 bis 65 Jahre) wird zugleich um 300.000 Personen auf knapp 5,2 Millionen zurückgehen.
Diese Entwicklung führt nicht nur dazu, dass die Mittelschicht weiter altern wird. Sie hat auch zur Folge, dass immer mehr Menschen insgesamt nicht erwerbstätig sind. Mittelfristig werden wir an Wohlstand einbüßen, wenn wir dieser Entwicklung nicht mit einem Produktivitätszuwachs begegnen. Die Arbeitsproduktivität je Beschäftigten ist in den letzten Jahren aber nicht gestiegen, sondern gesunken. Setzt sich diese Entwicklung fort, droht sie die Mitte ärmer oder zumindest kleiner zu machen.
Fußnoten
Fast schon im Wochentakt schlagen bei den Unternehmen neue Regeln auf. Es kann schon längst nicht mehr als EU-Bashing gelten, den Regelungswahn der Brüsseler Schreibtischakrobaten als unmäßig zu kritisieren. Wir werfen einen Blick in die Giftküche der Bürokratie.
Schwerpunkt 1: Mehr Wachstum braucht das Land! Wirtschaftswachstum ist in Österreich zu einem Fremdwort geworden. Nicht nur in der Statistik und in den Prognosen der Institute ist es inzwischen weitgehend der Stagnation gewichen. Auch in den Wahlprogrammen der Parteien kommt es kaum noch vor. Man sollte ja erwarten, dass ein Land, dessen reales Br
Wohnen ist in Österreich nicht teurer als in anderen europäischen Ländern. Die Wohnkostenbelastung liegt unter dem EU-Schnitt. Und doch gibt es Verbesserungsbedarf: Künftige Regierungen sollten den Aufbau von Wohneigentum in der Mitte der Gesellschaft erleichtern, den geförderten Mietmarkt treffsicherer machen und dafür sorgen, dass ausreiche
Der Sozialstaat ist eine Errungenschaft, um die uns viele Menschen auf der Welt beneiden – aber auch eine finanzielle Belastung, die sich immer schwerer stemmen lässt. Die nächste Regierung wird um Sparmaßnahmen nicht herumkommen, wenn das System zukunftsfit bleiben soll. Für die Bürger muss das nicht unbedingt Verschlechterungen mit sich br
Eigentlich wollte die Regierung ja die Staatsschulden senken und die Bürger entlasten. Beides ist leider spektakulär misslungen. In der kommenden Legislaturperiode muss die Politik das Ruder herumreißen und einen Sparkurs einschlagen. Die gute Nachricht: Es gibt ziemlich viele Maßnahmen, die man setzen kann.
Österreich gibt sehr viel Geld für Bildung aus – und bekommt dafür nur mittelmäßige Resultate. In Schulnoten ausgedrückt verdient der Bereich bestenfalls ein „Befriedigend“. Dabei wäre es gar nicht so schwer, Einserschüler zu werden, auf dem Bildungsmarkt gibt es viele gute Ideen. Die nächste Regierung muss das Rad also nicht neu erf
Gegründet um das Land in wirtschaftlichen und gesellschaftspolitischen Belangen zu öffnen und neue Antworten auf die großen Herausforderungen zu liefern.
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