Gäbe es einen Platz, den wir Österreicher uns aussuchen könnten, wäre es die Mitte. Auch wenn in diesem Land kaum jemand als „reich“ gelten will, ist der wirtschaftliche Aufstieg das Ziel vieler Menschen, die nicht das Glück hatten, in einem wohlhabenden Elternhaus aufzuwachsen.
Weltweit betrachtet ist das in der jüngeren Vergangenheit so vielen Individuen gelungen wie nie zuvor. Obwohl die Weltbevölkerung auf mittlerweile acht Milliarden gewachsen ist, lebten zuletzt weniger als zehn Prozent in größter Armut. 1980 waren es noch knapp 43 Prozent.
Gelungen ist die Massenflucht aus der bittersten Armut mit einem höchst effektiven „Schlepper“: der Marktwirtschaft. Sie ist nicht nur der verlässlichste Fluchthelfer aus dem Elend, sie ist auch die sicherste Aufstiegshilfe für jene Menschen, die aus eigener Kraft einen höheren Lebensstandard erreichen wollen. Auch dahingehend ist Österreich eine wahre Erfolgsstory: Noch nie in der Geschichte des Landes war der Wohlstand so breit verteilt wie heute.
Und dennoch ist die Angst vor dem Abstieg allgegenwärtig. Das gilt vor allem für die Mitte der Gesellschaft, aus der sich angeblich immer mehr Menschen unfreiwillig verabschieden müssten, wie seit vielen Jahren zu hören ist. Aber wie ist das möglich, wenn zugleich die durchschnittlichen Haushaltseinkommen so hoch sind wie nie zuvor? Von den Konsumausgaben nicht zu reden. Haben wir es hier mit einer gefühlten Erosion der Mitte zu tun? Oder haben Pandemie und Teuerungswelle tatsächlich eine Trendwende eingeleitet? Hanno Lorenz und Dénes Kucsera haben sich auf Spurensuche begeben. Sie haben die Mitte dieses Landes vermessen und sind dabei auf erstaunliche Erkenntnisse gestoßen.
Sie geben mehr Geld für Bildung aus als der Durchschnitt der Bevölkerung. Sie finanzieren das Sozialsystem. Sie sorgen mit ihrer Arbeit dafür, dass es der gesamten Volkswirtschaft gut geht: Die Angehörigen der Mittelschicht sind für das Wohlergehen des Landes von enormer Bedeutung.
Bis vor kurzem erwies sich die Mitte in Österreich als erstaunlich stabil und widerstandsfähig. Doch die hohen Inflationsraten werden nun zu einer echten Bedrohung: Die Teuerung trifft die Mitte gleich doppelt. Für das Jahr 2022 zeigt sich, dass die Inflation ab dem zweiten Dezil (die untersten 20 Prozent der Einkommensbezieher) zu Einkommensverlusten führen wird. Auch die finanziellen Rücklagen werden von der Geldentwertung enorm in Mitleidenschaft gezogen.
Österreich hat, im europäischen Vergleich, eine besonders breite Mitte. Rund zwei Drittel der Österreicher gehören zur Mittelschicht. Im Vereinigten Königreich, in Italien, Deutschland oder in der Schweiz ist diese Gruppe deutlich kleiner. Die österreichische Mittelschicht erwies sich lange als krisenresistent: Im Jahr 1997 gehörten 67,4 Prozent der Österreicher zur Mitte. Fast eine Generation danach, im Jahr 2019, war der Anteil genau gleich hoch. In Deutschland lief es für die Mittelschicht deutlich schlechter, ihr Anteil an der Gesamtbevölkerung ist im gleichen Zeitraum geschrumpft.
Den Kindern soll es einmal besser gehen? In einigen Ländern Europas, etwa in Italien, Spanien und Griechenland, stimmt das schon jetzt nicht mehr. Beschäftigte haben heute real weniger Geld zur Verfügung als ihre Vorgängergenerationen im gleichen Lebensalter. In Österreich ist davon – trotz anderslautender Behauptungen – noch nichts zu bemerken. Jüngere Jahrgänge starten im Durchschnitt mit einem höheren Einkommen ins Erwerbsleben als einst ihre Eltern. Trotz Krisen liegt das verfügbare Haushaltseinkommen in jeder Altersgruppe höher als früher.
Die multiplen Krisen der vergangenen paar Jahre gingen an der Mitte jedoch nicht spurlos vorbei. Mittlere Einkommen schrumpften als Folge der Corona-Maßnahmen stärker als die Haushaltseinkommen insgesamt. Das Bildungssystem erlitt möglicherweise bleibende Schäden; schlechtere Karrierechancen und niedrigere Einkommen der nächsten Generation könnten die Folgen sein. Auch die Energiekrise und die damit einhergehende massive Inflation werden sich spürbar auf die Mittelschicht auswirken.
Die Demografie ist eine oft unterschätzte Gefahr für den Wohlstand breiter Bevölkerungsteile. Bis zum Jahr 2050 wird sich die Zahl der Menschen über 65 Jahre um fast eine Million auf dann 2,66 Millionen erhöhen. Im Vergleich zu heute ist das ein Plus von mehr als 50 Prozent. Die Anzahl der Österreicher im erwerbsfähigen Alter (20 bis 65 Jahre) wird zugleich um 300.000 Personen auf knapp 5,2 Millionen zurückgehen. Mittelfristig werden wir an Wohlstand einbüßen, wenn wir dieser Entwicklung nicht mit einem Produktivitätszuwachs begegnen. Die Produktivität je Beschäftigten ist in den letzten Jahren aber nicht gestiegen, sondern gesunken.
Fazit: Der Mittelschicht in Österreich geht es besser, als viele denken. Aber der Kampf wird härter. Die Politik muss der Mitte dabei helfen, ihren Lebensstandard zu verteidigen. Zu den wichtigsten Aufgaben gehören eine Modernisierung des Bildungssystems und eine Senkung der Steuerlast.
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