Schon seit Jahren sind Obsorgepflichten[1] der von Frauen am häufigsten genannte Grund für eine Teilzeittätigkeit. Ganztägige Kinderbetreuungsangebote sind noch immer nicht Standard – wobei es hier starke regionale Unterschiede gibt: Während in Wien neun von zehn Kinder so betreut werden, dass die Eltern einen Vollzeitjob ausüben können, sind es in Vorarlberg, Tirol oder der Steiermark weniger als die Hälfte. In Oberösterreich wird nur ein Viertel entsprechend betreut. Das führt zu höheren Teilzeitquoten.
Zwar erhalten Familien mit Nachwuchs eine Reihe an finanziellen Unterstützungen, dennoch bedeutet Mehrarbeit nicht automatisch mehr Geld für die Haushalte – besonders dann, wenn es für Kinder keine ganztägige Betreuungsmöglichkeit gibt. Hat eine Einrichtung nur eine beschränkte Stundenanzahl geöffnet, müssen die Eltern oft zusätzliche Angebote, wie beispielweise eine Tagesmutter, in Anspruch nehmen. Ganztagsbetreuung ist deswegen eine Grundvoraussetzung für eine höhere Erwerbsbeteiligung der Frauen. Das folgende Beispiel gibt einen Einblick in die Problematik:
Sandra ist 27 Jahre alt. Gemeinsam mit ihrem Mann Lukas (35 Jahre) und Sohn Max (vier Jahre) lebt sie in einer schönen Wohnung in Oberösterreich. Während Lukas Vollzeit bei einem internationalen Telekommunikationsunternehmen angestellt ist, arbeitet Sandra Teilzeit (20 Wochenstunden).[2] Sie würde gerne auf Vollzeit aufstocken, aber leider hat der Kindergarten von Max nur am Vormittag geöffnet. In einer geförderten Zusatzeinrichtung (bspw. bei einer Tagesmutter) ist aufgrund der starken Nachfrage kein Platz.
Nähme Sandra eine Vollzeitstelle an, müsste Max 20 Stunden pro Woche privat betreut werden, was Sandra in etwa 15 Euro pro Stunde kosten würde.[3] Die Höhe des Einkommens spielt für Sandras Arbeitsanreize eine entscheidende Rolle. Schnell rechnet sie aus, dass bei einer 40-Stunden-Woche die Kosten der Kinderbetreuung sowie die Abgaben für Lohnsteuer und Sozialversicherung so hoch werden, dass der zusätzliche Lohn den Mehraufwand nicht kompensieren kann. Anders ausgedrückt: Sandra hat kaum eine finanzielle Motivation, mehr als 20 Wochenstunden zu arbeiten. Sie steckt also in der sogenannten Teilzeitfalle. Nimmt man eine Betreuungsstunde mit Kosten von zehn Euro an, wird der Effekt etwas schwächer, bleibt aber erhalten. Bei 20 Euro pro Stunde würde Sandra durch die Mehrarbeit sogar einen finanziellen Verlust erleiden.[4]
Ohne Ganztagsbetreuung entscheiden sich viele Frauen folglich allein schon aus finanziellen Gründen dazu, die Kinderbetreuung selbst zu übernehmen und bei der Erwerbstätigkeit zurückzustecken. Das führt zu langfristig geringeren Einkommen und damit auch zu niedrigeren Pensionen. Gerade im Hinblick auf die gute Ausbildung vieler Frauen zeigt sich, dass die hohe Inaktivität erhebliche wirtschaftliche Kosten verursacht. Zudem werden die ungenutzten Potenziale zum Problem bei der Finanzierung des Sozialsystems.
Fußnoten
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Gegründet um das Land in wirtschaftlichen und gesellschaftspolitischen Belangen zu öffnen und neue Antworten auf die großen Herausforderungen zu liefern.
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