In beinahe allen europäischen Ländern war die Fort- und Weiterbildung von Lehrern traditionell lediglich ein wenig koordiniertes „Anhängsel“ der Lehrererstausbildung. Daher fand Weiterbildung in den meisten Ländern auf Basis der Eigeninitiative bzw. der Freiwilligkeit der Lehrer statt. Von Seiten der staatlichen Stellen wurden lediglich ein entsprechendes Ausbildungsangebot und Freistellungen während der Schulzeit angeboten.[1]
Spätestens nach der Jahrtausendwende wurde die Fortbildung der Lehrerschaft in nationalen wie internationalen Studien ein zunehmend wichtiges Thema. Impulsgeber war die von den PISA-Studien um das Jahr 2000 angestoßene Diskussion über wirksame Ansatzpunkte zur Verbesserung von Schülerleistungen. Auch Organisationen wie die Europäische Union und die OECD haben in Form von vergleichenden Studien versucht, den Informationsstand ihrer Mitgliedsländer über verschiedene bildungspolitische Strategien und Erfolgsmodelle zu verbessern.
In einer vom Europäischen Parlament in Auftrag gegebenen Studie zur Ausbildung von Grundschullehrern aus dem Jahr 2008 werden vier international anerkannte Qualitätskriterien für die Merkmale einer guten Lehrerausbildung identifiziert: staatliche Anerkennung, Berufseinführung, berufliche Fortentwicklung und Qualitätssicherung.[2] Bezüglich der beruflichen Fortentwicklung wird auf einen positiven Zusammenhang zwischen der berufsbegleitenden Lehrerfortbildung und den schulischen Leistungen hingewiesen. Die Ergebnisse einer wissenschaftlichen Untersuchung an Grundschulen in Jerusalem[3] deuten darauf hin, „dass die Fortbildung eine höhere Leistung der Kinder zur Folge hatte und dass die Lehrerfortbildung möglicherweise ein kostengünstigeres Mittel zur Verbesserung der Prüfungsergebnisse ist als die Verringerung der Klassengröße oder die Erhöhung der Stundenzahl.“[4]
Allerdings kommt ein Vergleich der tatsächlichen Situation der Lehrerfortbildung in den Ländern der Europäischen Union zu Anfang der Jahrtausendwende zu einem ernüchternden Ergebnis:
„Unseren Untersuchungen zufolge findet eine Fortbildung nur in etwa der Hälfte der EU-27 statt, und selbst in den Ländern, in denen sie obligatorisch ist, besteht Unklarheit über die Teilnehmerquote und sind oft weniger als 20 Stunden im Jahr vorgeschrieben. Am ehrgeizigsten ist man in den Niederlanden, wo zehn Prozent der jährlichen Arbeitszeit eines Lehrers für Qualifizierungszwecke genutzt werden sollen und die Lehrer die Maßnahmen in Gesprächen mit ihren Arbeitgebern auswerten.“[5]
Seither hat allerdings eine Reihe von europäischen Ländern damit begonnen, den Fokus mehr und mehr von der Erstausbildung auf die Fort- und Weiterbildung zu verlagern. Ein aktueller Bericht der Europäischen Kommission analysiert erstmals den Zusammenhang zwischen den politischen Maßnahmen, die den Lehrerberuf reglementieren, und den Einstellungen, den Wahrnehmungen und der gelebten Praxis der Lehrkräfte.[6] Für den Bereich der beruflichen Weiterbildung lassen sich damit vergleichsweise aktuelle Aussagen über den Bedarf an Weiterbildung, die Teilnahmefrequenz sowie über fördernde Faktoren und Hindernisse für die berufliche Weiterbildung in europäischen Ländern bzw. Bildungssystemen erschließen.
Unabhängig von der Berufserfahrung und der Altersgruppe nennt ein hoher Anteil der Lehrer einen mittleren oder hohen Weiterbildungsbedarf in Bereichen, die eine angemessenere, vielfältigere oder innovativere Unterrichtspraxis ermöglichen. Spitzenreiter sind die Bereiche „Unterrichten von Schülern mit besonderen Lernbedürfnissen“ und „IKT-Kompetenzen[7] für den Unterricht“. Sie sind dicht gefolgt von „Neue Technologien am Arbeitsplatz“, „Herangehen an individualisiertes Lernen“ und „Vermittlung lehrplanübergreifender Kompetenzen“. Ein vergleichsweise kleinerer Anteil nennt Bereiche wie „Kenntnis des Lehrplans“ oder „Fachwissen oder Kenntnis des jeweiligen Unterrichtsgegenstands“, was darauf hindeutet, dass sich die Lehrkräfte im eigenen Fach durchaus kompetent und sicher fühlen, sie jedoch Weiterbildung in Bereichen für nötig halten, durch die ihre pädagogisch-didaktischen Kompetenzen und Lehrmethoden gestärkt werden.[8] Lehrkräfte – so die Schlussfolgerung der Studienautoren – benötigen Ressourcen in Form von Weiterbildung, um ihre Bemühungen in erster Linie auf die Unterstützung der Schüler zu richten und diese entsprechend ihrer individuellen Erfordernisse nach modernen Methoden zu unterrichten.
Offensichtlich ist der Bedarf an den Themen „IKT-Kompetenzen für den Unterricht“ und „Neue Technologien am Arbeitsplatz“ in der Fortbildung nach wie vor hoch. Eine Analyse nach Altersgruppen deutet darauf hin, dass in diesem Bereich immer noch ein Generationenunterschied bei den Lehrern besteht.
In 13 der untersuchten 41 europäischen Bildungssysteme[9] sind berufliche Weiterbildungspläne auf der Ebene der Schulen nicht verbindlich vorgeschrieben, im restlichen Europa ist die Zuständigkeit sehr unterschiedlich definiert. Es lässt sich daher kein länderübergreifendes Bild erstellen. Generell lassen sich allerdings drei wesentliche Akteure erkennen, die in den unterschiedlichen Bildungssystemen auf die Bühne treten:
In den meisten europäischen Bildungssystemen wird die Verantwortung für die berufliche Weiterbildung zwischen den Ebenen geteilt. Die obersten Bildungsbehörden sind jedoch flächendeckend zumindest für die Festlegung der wichtigsten politischen Prioritäten maßgebend. Diese können als obligatorische Regeln festgelegt sein oder lediglich einen groben Rahmen vorgeben, der in hoher lokaler Autonomie umgesetzt wird. In zehn Bildungssystemen wird der Bedarf an Weiterbildung ausschließlich auf lokaler Ebene bzw. von den Schulen festgelegt, ohne Vorgaben durch die Zentralbehörde.[10]
Diesbezüglich ist festzuhalten, dass in manchen Bildungssystemen (wie etwa in Polen) die beruflichen Weiterbildungspläne wichtige Elemente für die Evaluierung der Lehrkräfte, aber auch der Schule selbst, darstellen. Im Vereinigten Königreich (England, Wales und Nordirland) ist die Fortbildung ein integraler Bestandteil des Schulentwicklungsplanes, der aufgrund gesetzlicher Vorgaben von jeder Schule zu erstellen ist.[11] Darin müssen – wie für alle Entwicklungsbereiche – Ziele, Maßnahmen und Ressourcen für die Fortbildung der Lehrer und des Schulleiters aufgeführt werden.[12]
Die Struktur des Schulsystems in Liechtenstein ist grundsätzlich jener der Schweiz sehr ähnlich. Die Besonderheit ergibt sich durch die geringe Größe und damit geringe Anzahl der Schulen. So gibt es in Liechtenstein insgesamt nur 22 öffentliche und drei private Schulen, davon ein einziges Gymnasium. Oberste Bildungsbehörde ist das Schulamt, verantwortlich für die Schulaufsicht sind Stufeninspektorate. Der Schulleiter ist im Zusammenwirken mit den Schulbehörden für die administrative, personelle, finanzielle und pädagogische Führung der Schule verantwortlich. Schulamt, Inspektorate, Schulleiter und die einzelnen Lehrkräfte wirken gemeinsam an der Festlegung des beruflichen Weiterbildungsbedarfs und der Weiterbildungspläne mit.[13] Das Schulamt als Behörde kann die gesamte Lehrerschaft zu bestimmten Fortbildungsmaßnahmen verpflichten. Die Inspektorate können Verpflichtungen zur Teilnahme an diversen Veranstaltungen für bestimmte Lehrerkategorien festlegen. Durch Stufeninspektoren kann die oberste Bildungsbehörde auch auf einzelne Lehrpersonen Einfluss nehmen: Inspektoren können im Zuge der Personalbeurteilung Lehrer zum Besuch gewisser Fortbildungen verpflichten.[14] Lehrer sind zu „regelmäßiger“ Weiterbildung verpflichtet, wobei von zentraler Stelle keine Mindestverpflichtungen festgelegt sind.
Die Schulleitung stellt eine weitere Ebene in der Fortbildungshierarchie dar. In hausinternen Mitarbeitergesprächen kann die Schule gemeinsam mit den Lehrern Fortbildungspläne entwickeln. Dafür werden bei den Gesprächen Zielvereinbarungen mit konkreten Umsetzungsvorhaben erarbeitet und entsprechende Fristen zur Überprüfung festgelegt.[15]
Im Jahr 2008 wurde die automatische Gehaltsvorrückung abgeschafft, stattdessen setzt sich das Gehalt eines Lehrers nun aus der Grundbesoldung, dem Erfahrungsanteil, dem fixen Leistungsanteil und dem variablen Leistungsanteil zusammen. Im Abstand von fünf Jahren sind jeweils Erhöhungen des fixen Leistungsanteils vorgesehen.[16] Allerdings nur dann, wenn die Leistungsbeurteilung im Zuge der Personalgespräche positiv ausfällt. So kann das Auslassen oder Versäumen einer angeordneten Aus- und Weiterbildung zu einer Nichterhöhung des fixen Leistungsanteils führen.[17] Neben den fixen Leistungsanteilen können auch variable Leistungsanteile ausgegeben werden. Schulleiter können für Lehrer, die besondere Ausbildungen oder besondere Fortschritte vorweisen, eine Erhöhung des variablen Leistungsanteils vorschlagen. Das Schulamt entscheidet dann, je nach seinen finanziellen Möglichkeiten, ob diesem Vorschlag nachgegangen wird.[18] Durch die regelmäßige Beurteilung und die damit verbundene Überprüfung der individuellen Fortschritte haben Lehrerfortbildungen Auswirkungen auf das Lehrergehalt.
Neben der obligatorischen und der schulinternen Weiterbildung erarbeiten die Lehrpersonen ihre individuellen Weiterbildungsprogramme.[19] Einerseits wird eine Reihe von unterschiedlichen Weiterbildungsveranstaltungen vom Schulamt selbst organisiert. Diese richten sich allerdings primär an Volksschullehrer. Daher bilden sich vor allem Lehrer der Sekundarstufen oft bei privaten Organisationen der Region fort. Zusätzlich organisieren die Fachschaften am Liechtensteinischen Gymnasium eigene Weiterbildungsveranstaltungen, für die Experten angeheuert werden.
Die individuelle Zielsetzung der Lehrpersonen, die Festlegung der Maßnahmen, um diese zu erreichen, sowie die Evaluierung der Lehrqualität beruhen auf einer Mischung aus Selbst- und Fremdbeurteilung. Lehrer sollen ihren eigenen Unterricht in Selbstreflexion, anhand von selbst definierten Kriterien, beurteilen. Die Lehrperson definiert bestimmte Ziele für sich selbst und fasst diese in einem Kurzportfolio zusammen.[20] Gleichzeitig führen die Lehrpersonen ein „Testatheft“ über besuchte Weiterbildungen.[21] So entsteht eine breite Datengrundlage, in der sowohl die individuellen Ziele als auch die Entwicklung vermerkt sind. Sie stellt eine Grundlage für die Personalbeurteilung dar.
Die Weiterbildung und deren Planung beruht daher sowohl auf einfachen Top-down-Bestimmungen als auch auf Bottom-up-Strategien.
Fußnoten
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