Handlungsempfehlungen

Österreich im Vergleich mit seinem großen Nachbarn im Norden

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Wie gezeigt, liegt ein zweiter wichtiger Reformaspekt in den öffentlichen Finanzen. Die hohe Abgabenbelastung, vor allem auf dem Faktor Arbeit, wirkt sich dämpfend auf die heimische Wirtschaftsentwicklung aus. Neben Österreich weisen in der Eurozone nur mehr Belgien, Finnland, Frankreich und Italien ähnlich hohe oder höhere Steuern und Abgaben in Relation zur Wirtschaftsleistung auf. Für all diese Länder wird für die kommenden zwei Jahre ein schwächeres Wachstum erwartet als für den Durchschnitt der Eurozone.

Die Deutschen zeigen, dass sie dank einer deutlich niedrigeren Abgabenquote von 40,5 Prozent der Wirtschaftsleistung (2016) eine robuste Wirtschaft und einen gut funktionierenden Sozialstaat haben. Die Agenda Austria spricht sich daher dafür aus, die Abgabenquote Österreichs von derzeit 43,2 Prozent der Wirtschaftsleistung auf das Niveau von Deutschland zu senken, ohne dabei den Staat „kaputtzusparen“. Dazu wären folgende Reformschritte notwendig:

  • Abschaffung der kalten Progression
    Die Tatsache, dass die Grenzwerte der Steuertarife nicht regelmäßig an die Inflation angepasst werden, führt dazu, dass den Arbeitnehmern jedes Jahr trotz der Inflationsanpassung der Löhne weniger an verfügbarem Einkommen bleibt. Seit der Steuerreform im Jahr 2009 brachte diese kontinuierliche Mehrbelastung der Arbeitseinkommen dem Staat rund elf Milliarden Euro. Die Anpassung des Steuertarifs an die Inflation ist international durchaus gängig, so passen beispielsweise Belgien, Dänemark, Finnland, Frankreich, Großbritannien, Ungarn, die USA, Schweden und die Schweiz ihre Systeme durch unterschiedliche Regeln an die Preisentwicklung an.Ohne den Ausgleich der kalten Progression kommt es aufgrund inflationsbedingt steigender Löhne auch zukünftig zu einer Mehrbelastung der Steuerzahler. Für den Zeitraum von 2016 bis 2021 beträgt diese Mehrbelastung unseren Berechnungen zufolge über fünf Milliarden Euro. Um die hohe Belastung des Faktors Arbeit nicht weiter steigen zu lassen, sollte es eine Anpassung des Steuersystems an die Entwicklung der Nominallöhne nach schwedischem Vorbild geben. Eine solche Maßnahme würde nicht nur die kalte Progression ausgleichen, sondern auch jene Progression, die auf reale Lohnzuwächse zurückzuführen ist. Im Ergebnis würde die Belastungsquote der Steuerzahler konstant bleiben und der Staat trotzdem von höheren Einnahmen profitieren. Eine erneute Reform des Steuersystems sollte wenigstens die kalte Progression in ihrer Gänze ausgleichen, wie dies in der Schweiz der Fall ist. Eine automatische Anpassung von Tarifeckwerten sowie Absetz- und Freibeträgen müsste in diesem Fall fest in der Verfassung verankert werden.
  • Arbeitskosten senken
    Im Unterschied zu Deutschland wird in Österreich das Arbeitseinkommen neben der Lohnsteuer und den Sozialversicherungsabgaben noch mit weiteren Abgaben belastet. Dies ist einer der Gründe dafür, dass die Differenz zwischen Bruttolöhnen und Gesamtarbeitskosten in Österreich höher ist. Hierfür sind die Beiträge für Wohnbauförderung, Arbeiterkammer, Familienlastenausgleichsfonds (FLAF) und Insolvenzentgeltsicherungsfonds verantwortlich. Eine hohe Abgabenbelastung auf Arbeit verstärkt den Anreiz, die menschliche Arbeitskraft im Zuge der Digitalisierung und Automatisierung durch Maschinen zu ersetzen. Es gibt keinen Grund, der dafür spräche, diese Leistungen speziell aus Arbeitseinkommen zu finanzieren. Daher sollten sie, wie auch in EU-Ländern üblich, aus dem allgemeinen Steuertopf gedeckt werden.Bei der Wohnbauförderung stellt sich zudem die Frage, ob sie nach der Aufhebung der Zweckbindung noch ihre Berechtigung hat. Aus Sicht der Agenda Austria ist das nicht der Fall, sie soll in der bestehenden Form abgeschafft und durch eine Subjektförderung ersetzt werden. Die dafür nötigen Summen sollten die Länder selber bei den Bürgern einheben und verteilen, so sie die Wohnbauförderung für sinnvoll erachten. Gefördert werden sollten nicht Gebäude, sondern Menschen, die nachweisen können, bedürftig zu sein.Die Finanzierung von Wohnbauförderung (Arbeitgeberanteil) und FLAF aus dem allgemeinen Budget würde zusammengenommen die Arbeitskosten in Österreich um knapp 6,5 Milliarden Euro senken und damit die Schaffung neuer Jobs attraktiver erscheinen lassen. Die Arbeitskosten für Niedrigverdiener (1.500 Euro brutto monatlich) würden um knapp 950 Euro jährlich sinken. Das entspricht knapp 3,5 Prozent der gesamten Arbeitskosten. Diese Entlastung der Unternehmen wür- de dazu führen, dass schlechter qualifizierte Arbeitnehmer günstiger werden und leichter Beschäftigung finden.
  • Sozialversicherungsbeiträge senken, Arbeitsanreize erhöhen
    Die Sozialversicherungsbeiträge sollten für die Arbeitnehmer um einen Prozentpunkt reduziert werden. Jeder Steuerpflichtige würde unmittelbar davon profitieren. Diese Reduktion sollte gleichmäßig über alle Sozialversicherungsträger erfolgen. Die Sozialversicherungen würden dadurch um knapp 1,1 Milliarden Euro weniger einnehmen. Der Finanzierungsbedarf ist nicht durch Leistungskürzungen zu decken, sondern durch höhere Effizienz. Eine Reform der Sozialversicherungsträger ist überfällig. Die Zusammenlegung der derzeit 22 Sozialversicherungsträger auf einige wenige könnte mittel- bis langfristig Einsparungspotenziale von rund einer Milliarde Euro jährlich bringen.
    Eine Senkung der Sozialversicherungsbeiträge um einen Prozentpunkt würde den Arbeitsanreiz erhöhen. Für einen Niedrigverdiener (1.500 Euro) würde das jährlich knapp 200 Euro netto mehr auf dem Konto bedeuten. Des Weiteren sollte auch der Arbeitnehmeranteil des Wohnbauförderungsbeitrags abgeschafft werden. Dies würde zusätzlich das Nettoeinkommen um knapp 100 Euro jährlich erhöhen. Zusammen wäre das ein Anstieg des jährlichen Nettolohns von Niedrigverdienern um fast zwei Prozent. Somit erhöht sich auch der Unterschied zwischen Sozialleistungen und Arbeitseinkommen (netto) spürbar. Eine Reduktion der Abgabenbelastung muss mit einer kontrollierten Dämpfung der Ausgaben erfolgen, damit der Staat die Kosten in Form von Defiziten nicht kommenden Generationen auferlegt. Zudem muss die Reduktion von Einnahmen und Ausgaben, jeweils im Verhältnis zur Wirtschaftsleistung, im Gleichschritt verlaufen, damit Österreich nicht gegen die gemeinsamen Finanzregeln der Eurozone verstößt.
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