Einleitung

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Seit Jahren glänzt Österreich mit hervorragenden Arbeitsmarktdaten. Selbst die anhaltende Wirtschaftskrise, die in anderen europäischen Ländern zu einem starken Anstieg der Arbeitslosigkeit geführt hat, konnte dem österreichischen Arbeitsmarkt nicht viel anhaben.

Das ist europaweit ein Ausnahmefall, der von der heimischen Regierung und vielen Ökonomen als wirtschaftspolitischer Erfolg gefeiert wird. Nun ist nicht zu bestreiten, dass die Höhe der Arbeitslosigkeit nicht nur zu den wichtigsten konjunkturellen Orientierungsgrößen zählt, sondern in gewisser Weise auch den (Miss-)Erfolg der nationalen Wirtschaftspolitik widerspiegelt. Womit sich natürlich die Frage aufdrängt, inwiefern die herausragenden österreichischen Daten tatsächlich Ergebnis einer gezielten Beschäftigungs- und Arbeitsmarktpolitik sind – und ob mit dieser Politik Jobs geschaffen oder ob auch Statistiken frisiert wurden, mit dem Ziel, die offiziellen Arbeitslosenraten auch in konjunkturell turbulenten Zeiten im Keller zu halten. Falls dem so wäre, drängte sich natürlich noch eine weitere Frage in den Vordergrund: Wie hoch wäre die Arbeitslosigkeit, wenn der Staat nicht intervenierte?

Nicht nur in Österreich wurde durch den Beitritt zur EU die nationale Messungsmethode der Arbeitslosigkeit weitgehend geräuschlos von einer europäischen Berechnungsformel abgelöst: dem Labour-Force-Konzept, kurz LFK genannt. Dies geschah mit dem erklärten Ziel, die internationalen Daten vergleichbar zu machen. Was wiederum dazu führte, dass es nun zwei österreichische Arbeitslosenraten gibt: eine international gültige, in der Österreich im abgelaufenen Jahr 4,3 Prozent Arbeitslose zählte – und eine im Schatten stehende nationale, die für dasselbe Österreich im selben Jahr einen Wert von 7,0 Prozent ausweist. Womit sich die offiziell anerkannte Arbeitslosenquote mit einem Schlag kräftig reduzierte. Das trifft natürlich nicht nur auf Österreich zu, sondern auf alle Länder, die das LFK anwenden. In Deutschland wurde bereits bei dessen Einführung prognostiziert1, dass diese Statistik die nationale ablösen würde – aus politischen Gründen.

Hinzu kommt der immer wiederkehrende Vorwurf, dass die Politik die offizielle Statistik mit zahlreichen Interventionen gezielt zu entlasten versucht. Vor allem über die bereits erwähnte „aktive“ Arbeitsmarktpolitik, zu deren Arsenal berufliche Fort- und Weiterbildungen sowie Schulungen, aber auch andere Maßnahmen zählen, mit denen Menschen aus dem Arbeitsmarkt „verschwinden“. Über die Sinnhaftigkeit dieser Politik lässt sich streiten, über die Nichteinbeziehung arbeitsloser Personen in die Arbeitslosenstatistik nicht.

Für eine objektive Betrachtung des österreichischen Arbeitsmarktes ist es daher unerlässlich, sowohl die Unterschiede zwischen den gängigen Erhebungen herauszuarbeiten als auch in einem zweiten Schritt die sogenannte „versteckte Arbeitslosigkeit“ in den wichtigsten europäischen Ländern offenzulegen. Das mit dem Ziel, die kommunizierten Arbeitsmarktdaten von statistischen Unschärfen zu befreien, um so realitätsnahe Zahlen zu erhalten – und damit auch eine Antwort auf die Frage, wie viele Bürger in Österreich und in anderen Ländern in keiner Arbeitslosenstatistik auftauchen. In dieser Arbeit wird die „versteckte Arbeitslosigkeit“ mithilfe gängiger Rechenmodelle analysiert. Außerdem wird ein Vergleich mit anderen europäischen Ländern vorgenommen, um herauszufinden, wie genau oder ungenau andere Staaten rechnen und ob sich dadurch Verschiebungen in der Rangliste der Länder mit der niedrigsten Arbeitslosenrate ergeben.

Die Berechnung wird geschlechtsspezifisch und für unterschiedliche Altersklassen durchgeführt. Abschließend wird gezeigt, mit welchen Reformen beziehungsweise politischen Interventionen die versteckte Arbeitslosigkeit zu verringern wäre.


Fußnoten

  1. Siehe Stiftung Marktwirtschaft (2004).
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