Eine realistischere Definition der Arbeitslosigkeit

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Wie im Kapitel zuvor dargestellt finden sich eine ganze Reihe unübersehbarer Hinweise darauf, dass die Arbeitslosenzahlen in Österreich schöngerechnet werden (laut Statistik Austria gab es im Jahr 2012 insgesamt 380.200 Nicht-Erwerbspersonen mit prinzipiellem Arbeitswunsch). Um diese These auf ihre Belastbarkeit zu prüfen, bedienen sich Ökonomen einer gängigen Definition, in der Wirtschaftswissenschaft wird sie als „Stille Reserve“ bezeichnet.

Dieser Begriff umfasst laut Eurostat jene Menschen, die nicht als Erwerbspersonen zählen, weil sie entweder:

  • nicht aktiv nach Arbeit suchen, jedoch prinzipiell den Wunsch nach Arbeit äußern und verfügbar sind[11];
  • oder aktiv Arbeit suchen, also den Wunsch nach arbeit äußern, aber nicht sofort verfügbar sind.

Im Gegensatz zu dieser Definition versucht dieses Paper die Anzahl jener Personen zu messen, die unter der Annahme einer Hochkonjunktur tatsächlich arbeiten würden. Im Englischen wird dieser Personenkreis oft als hidden unemployed – also als versteckte Arbeitslose bezeichnet. Mithilfe der versteckten Arbeitslosigkeit lässt sich eine alternative Arbeitslosenrate berechnen, die sich folgendermaßen definiert[2]:

Abbildung 2 stellt die Unterschiede in der LFK-Definition und der neuen, bereinigten Definition der Arbeitslosenrate dar. Während das LF-Konzept den Anteil der offiziellen Arbeitslosen an den Erwerbspersonen misst, inkludiert die neu definierte Arbeitslosenrate auch die versteckten Arbeitslosen („Erwerbspersonen plus versteckte Arbeitslose”). Diese Definition ist ähnlich zu jener des HWWI (2013), dort wird allerdings die „Stille Reserve“ anstelle der versteckten Arbeitslosigkeit verwendet.

Definitionen auf dem Arbeitsmarkt

Abbildung 2. Quelle: Agenda Austria.

Die Vorteile dieser neuen Berechnungsmethode liegen auf der Hand:

  • Tatsächliche internationale Vergleichbarkeit
    Auch wenn die LFK-Rate bereits ein Schritt in Richtung einer besseren grenzüberschreitenden Vergleichbarkeit war, würde die neu definierte Arbeitslosenzahl zu einer besseren internationalen Vergleichbarkeit führen, weil sie das Zahlenmaterial um die „aktive“ statistische Kosmetik bereinigt.
  • Objektivere Arbeitsmarktbetrachtung
    Die neue Arbeitslosenrate gibt eine realistischere Anzahl an Arbeitslosen wieder. Politisch motivierte Verschleierungen werden erschwert bzw. verunmöglicht. Lediglich die Schwarzarbeit und die Unterbeschäftigung werden nicht berücksichtigt, wobei die Schwarzarbeit die Arbeitslosenrate nach unten, die Unterbeschäftigung nach oben korrigieren würde.
  • Verringerung politischer Fehlinterventionen
    Wenn politische Interventionen keinen Einfluss mehr auf die Arbeitslosenrate haben können, ist davon auszugehen, dass es zu einer Verringerung von Fehlinterventionen kommt.

Mittlerweile haben auch internationale Organisationen Wind von der österreichischen Frühpensionsproblematik bekommen. Insbesondere die OECD übt regelmäßig harsche Kritik. Abbildung 3 zeigt die Differenz zwischen faktischem Pensionsantrittsalter und gesetzlich vorgesehenem. Von allen industrialisierten Ländern schneidet nur noch Luxemburg schlechter ab als Österreich. Selbst Länder wie Spanien, Portugal und Griechenland, denen man in Zeiten der Krise Reformen der Pensionssysteme „nahelegt“, stehen hier weit besser da als Österreich. Gerade bei Männern ist die große Differenz zwischen gesetzlichem und effektivem Pensionsantrittsalter auffällig. Ein Problem, das bei den Frauen mit dem niedrigen gesetzlichen Pensionsalter „entschärft“ wird, jedenfalls statistisch.

Gesetzliches und effektives Pensionsantrittsalter

Abbildung 3. Quelle: OECD (2010).


Fußnoten

  1. Die Stille Reserve laut Statistik Austria umfasst lediglich den Personenkreis des ersten Punktes, das waren 126.000 Personen im Jahr 2012.
  2. Siehe HWWI (2013) und Abbildung 2.
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