Verloren im Papierdschungel: Die erdrückende Last der Bürokratie

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2. Die Entwaldungsverordnung (EUDR)

In eine ganz ähnliche Kerbe schlägt die Verordnung (EU) 2023/1115 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 31. Mai 2023 über die Bereitstellung bestimmter Rohstoffe und Erzeugnisse, die mit Entwaldung und Waldschädigung in Verbindung stehen, auf dem Unionsmarkt und ihre Ausfuhr aus der Union sowie zur Aufhebung der Verordnung (EU) Nr. 995/2010. Kurz gesagt verlangt sie von Unternehmen den Nachweis, dass bestimmte Produkte – zum Beispiel Holz, Papier, Kaffee oder Rindfleisch – nicht an Orten erzeugt wurden, an denen am 31. Dezember 2020 noch ein Wald war, nun aber keiner mehr ist. Der Nachweis ist mithilfe von Geolokalisierung der Produktionsstandorte zu erbringen. Bestehen Zweifel, muss das Unternehmen mit seinen Lieferanten in Kontakt treten und einen Plan ausarbeiten. Auch hier trifft die Unternehmen also wieder eine „Sorgfaltspflicht“, die in Berichtsform zu gießen ist. Ob die gesetzten Maßnahmen später von einem Gericht als tauglich angesehen werden, bleibt nur zu hoffen. Sollte es nämlich zum Schluss kommen, dass Sie nicht sorgfältig genug waren, dürfen Sie empfindliche Strafen zahlen und können mehr oder weniger von der weiteren Teilnahme am Wirtschaftsleben ausgeschlossen werden. Auf KMU wird dabei nur wenig Rücksicht genommen. Nach einer kurzen Schonfrist kommen auch auf sie umfassende Pflichten zu.


Beispiel: Tischlerin Tina aus Tirol. Tina fertigt in ihrem Betrieb Produkte aus Holz, das sie nicht vom anderen Ende der Welt holt, sondern lokal von österreichischen Lieferanten bekommt. Der heimische Wald sollte die Sache eigentlich vereinfachen. Schließlich findet in Österreich keine Entwaldung statt; die heimischen Wälder sind gesetzlich geschützt und wachsen seit Jahrzehnten prächtig (vgl. Abbildung 2). Daher würde Tina sich gerne auf Artikel 13 berufen, der eine vereinfachte Sorgfaltspflicht für Länder mit geringem Risiko vorsieht. Sie müsste dann nur noch nachweisen, dass keine Gefahr der Vermischung mit Hölzern aus Ländern mit höherem Entwaldungsrisiko besteht. Doch ach: Artikel 29 (2) stuft alle Länder der Erde unter „normales Risiko“ ein; auch Österreich. Eine Liste mit Ländern mit geringem Risiko wurde zwar angekündigt, doch leider scheint den Brüsseler Bürokraten ihre eigene Bürokratie über den Kopf zu wachsen. Die Liste kommt dieses Jahr wohl nicht mehr. Tina wird daher bei ihrem österreichischen Holz genauso kritisch sein müssen, als würde sie Edelhölzer aus Nicaragua beziehen. Dass sie das ohne die Hilfe einer spezialisierten Agentur rechtssicher hinbekommt, ist ausgeschlossen.

Abbildung 2: Waldfläche in Österreich

Spanplattenproduzent Jens Span können wir an dieser Stelle übrigens nicht mehr nach seiner Meinung fragen. Einen Tag nachdem er von der Entwaldungsverordnung erfahren hat, hat er seine Firma entnervt zugesperrt und seine Mitarbeiter nach Hause geschickt. Er verbringt nun seinen Lebensabend auf den Seychellen. Er hatte seine Spanplatten aus Restholz gefertigt, das bei allen möglichen Produktionstätigkeiten anfällt und in großen Mengen von überallher angeliefert wurde. Nicht nur hätten die Herkunftsnachweise ganze Räume gefüllt; er hätte die Sorgfaltspflichterklärungen seiner Lieferanten auch prüfen und eine eigene abgeben müssen. Wäre bei einer Kontrolle aufgefallen, dass ein Span nicht zu seinem Herkunftsort zurückverfolgt werden kann, hätte ein Gericht jederzeit zu dem Schluss kommen können, dass er seine Sorgfaltspflicht verletzt hat. Maßnahmen zur Risikominderung in einem Ausmaß, das Jens nachts hätte ruhig schlafen lassen, wären bei der schieren Masse an Zulieferern für ihn undurchführbar gewesen.


Dass wir von der Agenda Austria das Ganze für eine dumme Idee halten, ist wohl kaum überraschend. Wir hassen die Umwelt und werden erst ruhen, wenn auch die letzte Rotfichte auf dem Altar der Profitmaximierung geopfert wurde und Österreich endlich die geschlossene Betonfläche ist, von der wir schon immer geträumt haben. Doch wenn inzwischen selbst grüne Umweltminister – ja, bezeichnenderweise sind es wieder die deutschen Grünen – die Entwaldungsverordnung aufschieben wollen, dann muss das ja schon etwas heißen. Inzwischen ist sogar ein Erfolg zu vermelden: Auch auf Drängen der deutschen und österreichischen Bundesregierung wird die Entwaldungsverordnung nun tatsächlich um ein Jahr verschoben. Dabei hatten beide noch im Mai 2023 im Europäischen Rat mit Pauken und Trompeten dafür gestimmt; wohl, weil sie geglaubt hatten, die Liste der Länder mit geringem Risiko würde rechtzeitig kommen und Deutschland und Österreich stünden dann auch darauf.

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