Abgeleitet aus der zuvor geführten Diskussion ergeben sich aus unserer Sicht drei Hauptstoßrichtungen, um auch in Zukunft ausreichend leistbaren und attraktiven Wohnraum in Österreich zur Verfügung zu haben:
Wie wir anhand der Diskussion um das Mietrechtsgesetz (MRG) gesehen haben, entstehen durch die administrierten Preise (Kategorie- und Richtwertsystem) sowie die mangelnde Möglichkeit, die Miethöhe während der Vertragslaufzeit anzupassen, Fehlanreize. Um daraus entstehende Probleme wie den suboptimalen Umschlag und die mangelnde Rendite für den Eigentümer zu entschärfen, empfehlen wir, angelehnt an das Modell in Deutschland, ein Vergleichsmietensystem für einen sanften Übergang zu mehr Marktnähe einzuführen.
Ein solches Vergleichsmietensystem hat typischerweise folgende Eckpunkte:
Durch ein solches Regime ergäbe sich aufgrund der Möglichkeit, die Mieten während der Vertragslaufzeit anzupassen, erstens ein verbesserter Eigentumsschutz, da dauerhafte Marktferne und Unterrendite für den Vermieter unterbunden würden.
Zweitens wäre ein adäquater Mieterschutz gegeben: Die Miete kann stets nur bis zum Vergleichsmietenwert angehoben werden und dies nur in Fünf-Prozent-Schritten alle sechs Jahre. Härtefälle können zudem mit einer ausgeweiteten Subjektförderung abgefangen werden (siehe unten).
Drittens würde der Bestand besser genutzt, denn durch die moderate Anpassung bestehender Verträge bestünde ein Anreiz, sich an Marktgegebenheiten anzupassen (Durchbrechen der starken Steigerungen bei der altersbedingten Flächennachfrage).
Da wertsteigernde Investitionen derzeit praktisch nicht an die Mieter weitergegeben werden können, hat der Eigentümer keinen Anreiz, solche Investitionen zu tätigen. Das löst eine Interventionsspirale aus, mittels derer beispielsweise Energieeffizienz durch Ge- und Verbote verordnet wird.
Von wertsteigernden Investitionen des Vermieters profitieren die Mieter entweder unmittelbar materiell (neue Fenster, neue Isolierung) oder mittelbar ideell (neues Bad, neue Küche). Solche Investitionen steigern aber auch den Marktwert einer Wohnung. Wenn die Kosten dieser Verbesserungen an die bestehenden Mieter weitergegeben werden können, hat der Vermieter einen Anreiz, so weit in Verbesserungen zu investieren, wie es die Zahlungsbereitschaft der Marktnachfrager zulässt. Damit ergibt sich das effiziente Investitionsniveau von selbst, eine weitere staatliche Intervention ist nicht nötig.
Unsere Empfehlung lautet daher: Wertsteigernde Investitionen in die Wohnung sollten voll an den Mieter weitergegeben werden können.
Mit einem Anteil von sechs Prozent[1] aller Mietverträge sind Altverträge mit extrem niedrigen Mietzinsen in Österreich definitiv keine vernachlässigbare Größe. In Wien beträgt der Anteil 10,63 Prozent[2]. Solche Altverträge beeinträchtigen die Eigentümerrendite massiv und führen damit zu einer fortschreitenden Enteignung. Außerdem zahlen die Neumieter ohne Verwandtschaftsglück mit stetig steigenden Neuvertragszinsen die Zeche für diese Ungerechtigkeit.
Wir empfehlen daher, die Möglichkeit, in Altverträge eintreten zu können, aufzuheben. Anstelle von Eintrittsrechten könnte eine Art Vormietrecht für Verwandte eingeführt werden: Der Vermieter müsste dann bei Auflösung eines Altmietvertrags zuerst Verwandten des Vormieters anbieten, die Wohnung zu den neuen Mietkonditionen zu übernehmen.
In Österreich gibt es noch beträchtliche Baulandreserven, auf denen auch das prognostizierte Bevölkerungswachstum untergebracht werden kann. Diese großen Baulandreserven sind ein Indiz dafür, dass oftmals nicht im Sinne einer effizienten Bebauung, sondern aus fiskalischen Gesichtspunkten gewidmet wurde und deshalb heute teilweise falsche, nicht nachgefragte Flächen zur Verfügung stehen.
Ziel muss es daher sein, die Raumplanung und Widmungspraxis bedürfnisgerechter auszugestalten. Ein erster Schritt hierzu wäre, die Baulandlücken innerhalb bebauter Zonen zu schließen und dafür eine Widmungsabgabe zu erheben. Um die Zersiedelung einzudämmen, könnte auch seit längerem unbebautes Bauland in der Peripherie wieder in Grünland zurückgewidmet werden, wofür der Eigner allerdings aus der zu diesem Zweck gebundenen Widmungsabgabe entschädigt werden müsste.
Weiters sollte grundsätzlich die Abhängigkeit der Gemeinden von der Flächenwidmung reduziert werden, indem ihnen größere Steuereinhebungskompetenzen, z. B. bei der Einkommensteuer, zugestanden werden.
Insbesondere im geförderten Wohnbau haben die Normenflut und die ent- sprechend gestiegenen Errichtungskosten dazu geführt, dass dieser selbst für den Mittelstand kaum mehr leistbar ist.
Wir empfehlen daher, alle Normen dahingehend zu überprüfen, ob damit sicherheitsrelevante oder sonstige Zwecke verfolgt werden. Sicherheitsrelevante Zwecke werden üblicherweise wesentlich effizienter durch ein adäquates Haftungsrecht als durch spezifische Ge- und Verbote erreicht. Daher ist für jede einzelne sicherheitsrelevante Richtlinie die Frage zu stellen, ob der angestrebte Zweck der Norm nicht auch durch gegebenenfalls zu modifizierende haftungsrechtliche Bestimmungen erreicht werden kann.
Alle anderen nicht-sicherheitsrelevanten Vorschriften sind das arbiträre Ergebnis eines bürokratischen Prozesses. Diese Normen sollten ersatzlos gestrichen werden und es dem Markt überlassen werden, ob und wie die jeweiligen Ziele erreicht werden sollen. Falls der Markt beispielsweise nicht ausreichend barrierefreie Wohnungen schafft, sollte über eine entsprechende Subjektförderung eine Nachrüstung im Einzelfall ermöglicht werden.
Die Abbildung 56 illustriert die Vorgangsweise:
Die Kombination von Bevölkerungsprognose mit der altersbedingten Flächennachfrage hat gezeigt, dass trotz der Alterung der Gesellschaft spätestens ab 2045 der Gesamtwohnflächenbedarf sinken wird.
Dies stellt die Planung vor große Herausforderungen: Einerseits muss für eine gewisse Zeit neuer Wohnraum geschaffen werden, um starke Preisauftriebe zu verhindern. Andererseits sollte vermieden werden, dass damit zukünftiger Leerstand produziert wird.
Grundsätzlich gilt dabei: Nur die Errichtung zusätzlicher Wohnungen senkt das allgemeine Mietzinsniveau, gleichzeitig ist aber jede „billige“ (schlecht gebaute) Wohnung ein potentieller Leerstand. Außerdem ist jede Neubauwohnung erst einmal teurer als eine Bestandswohnung.
Im Speziellen müssen die Neubauten hochwertig sein. Nur so werden Besserverdienende in den Neubestand ziehen wollen und so den Platz im Altbestand für diejenigen mit geringerem Einkommen freimachen. Dies würde den Umschlag und die Trefferquote von Angebot und Nachfrage insgesamt erhöhen. Man kennt diesen Effekt aus dem Kino: Wenn jemand einen guten Platz verlässt, setzen sich alle um und können so ihre Stellung verbessern. Durch den hochwertigen Neubau ist weiters am ehesten sichergestellt, dass man dort auch in Zukunft wird wohnen wollen (siehe die hohe Qualität und vielseitige Einsetzbarkeit der Wiener Gründerzeithäuser). Die Fehlplanungen und -einschätzungen der Bürokratie bei den objektgeförderten Bauten in der Vergangenheit bei vergleichsweise einfachen Aufgaben (Grundrisse, Ausstattungen) lassen darauf schließen, dass am ehesten der private, gewinnorientierte Neubau in der Lage sein wird, das passende Angebot für diese sich ändernden Anforderungen zu schaffen (siehe oben beim Mythos „Luxus für alle“). Wir empfehlen daher, die Objektförderung herunterzufahren und die Schaffung eines zukunftsfähigen Angebots dem Markt zu überlassen. Für den Fall, dass dadurch nicht genügend Angebot für Bedürftige bereitsteht, ist auf die Subjektförderung zurückzugreifen.
Die Subjektförderung sollte also in der Zukunft eine wichtigere Rolle spielen. Um dies zu ermöglichen, empfehlen wir, einen Teil der bisher für die Objektförderung eingesetzten Mittel zu nutzen.
Außerdem sollte sich die Subjektförderung nicht danach richten, ob die Person in einer objektgeförderten Immobilie lebt oder nicht. Vielmehr sollte die Subjektförderung unabhängig von der Art des angestrebten Objekts allen Bedürftigen zur Verfügung stehen. Dadurch vergrößert sich der Markt: Er beinhaltet dann aus Nachfrager-Sicht sowohl Bestand als auch Neubauten sowie den geförderten und den nicht geförderten Bereich. Dies erhöht die Wahrscheinlichkeit eines Treffers für alle Einkommenssituationen und Bedürfnisse.
Wie wir gesehen haben, vergrößert die Erweiterung des Anspruchskreises für den sozialen Wohnbau den Andrang, ändert aber nichts daran, dass die Wohnungen auch weiterhin nach Wartelisten und letztlich arbiträren Kriterien vergeben werden.
Wir empfehlen daher, nach Einführung des Vergleichsmietensystems im nicht geförderten Bereich, auch im objektgeförderten Bereich (kommunale und genossenschaftliche Bauten) die Mieten sukzessive an die Vergleichsmieten heranzuführen. Außerdem sollten die Wohnungen im geförderten Bereich auf dem freien Markt angeboten werden. Altmieter sollten dabei die Möglichkeit haben, auf Antrag und Nachweis der Bedürftigkeit (Einkommens- und Vermögensnachweis) die alte Miete zu behalten oder eine erhöhte Subjektförderung zu erhalten, um sich die neuen Mieten leis- ten zu können.
Dies würde, wie die Maßnahmen oben, zu einer Erweiterung des Marktes führen und damit die Wahrscheinlichkeit erhöhen, dass sich Angebot und Nachfrage finden.
Die Abbildung 58 fasst unsere Empfehlungen und Maßnahmen zusammen.
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