Dass Haushalte, deren Mieten staatlich reguliert werden, günstiger leben als ohne Mietregulierung, ist eine Feststellung, die wohl keiner empirischen Analyse bedarf. Und natürlich soll es auch so sein, dass Menschen mit geringem Einkommen leistbar wohnen. Dass die Stadt Wien dafür einen eigenen Bestand zur Verfügung hat und dass ein lebhaftes gemeinnütziges Wohnungswesen existiert, ist hilfreich.
Doch dass bei dieser Art der Objektförderung viel danebenfließt, ist in der ökonomischen Fachliteratur schon lange bekannt. Der New Yorker Wohnungsmarkt – seit jeher Crashtest-Dummy für missglückte Wohnungspolitik – genießt seit Jahrzehnten die akademische Aufmerksamkeit. Olsen und Barton (1983) stellten fest, dass die Haushalte in regulierten New Yorker Wohnungen finanzielle Vorteile genossen, die einer Einkommenserhöhung von bis zu 25 Prozent entsprachen. Gyourko und Linneman (1989) kamen zu vergleichbaren Einkommenseffekten; Olsen (2003) fand ähnliche Ergebnisse für andere US-Großstädte. Als sozialpolitische Maßnahme wäre das natürlich nicht zu beklagen, doch ob am Ende die richtigen Haushalte in den günstigen Wohnungen leben, ist mehr als fraglich.
Oft bekommen Haushalte, die eigentlich begütert genug sind, dass sie ihrerseits Bedürftige mitfinanzieren sollten, einen Teil ihrer Miete von der Gesellschaft (oder per Gesetz von einem privaten Vermieter) geschenkt. Solche Fehlbelegungen als unerwünschte Nebenwirkung der Objektförderung wurden zum Beispiel von Glaeser und Luttmer (2003) beschrieben. Da die Preise infolge der staatlichen Eingriffe falsch sind und nicht mehr das Verhältnis von Angebot und Nachfrage widerspiegeln, wohnen die Haushalte am Ende auch in den „falschen“ Wohnungen. Van Ommeren und Van der Vlist (2016) gehen so weit zu sagen, dass die Zuteilung der Wohnungen an die Haushalte am Ende kaum besser als nach dem Zufallsprinzip erfolgt, wenn man Wartelisten statt Preise als Verteilungsmechanismus verwendet. Auch hierzulande ist das Problem geläufig. Wenn die Kinder aus dem Haus sind, bleiben Ältere oft in ihren viel zu großen Wohnungen, da eine kleinere Wohnung zu teuer wäre.[1] Man stelle sich vor, andere Märkte wären derart dysfunktional.
Außerdem weisen Early (2000) oder Diamond et al. (2019) darauf hin, dass Mietregulierung negativ auf die Bautätigkeit wirkt und die Mieten im unregulierten Bereich nach oben treibt. Der Berliner Mietendeckel wirkte diesbezüglich geradezu lehrbuchmäßig.[2] Solche Nebenwirkungen können früher oder später jeden erwischen; selbst jene, die heute noch eine günstige Wohnung ergattern konnten, aber schon morgen eine andere Bleibe suchen müssen, weil sie einen neuen Job haben oder weil die Kinder größer werden.
Für Österreich gibt es interessanterweise relativ wenig Literatur – obwohl Wien als internationales Aushängeschild des geförderten Wohnens gilt. Fessler et al. (2016) kommen zum Schluss, dass Haushalte im geförderten Segment finanzielle Vorteile von bis zu 600 Euro pro Jahr genießen. Für einkommensschwächere Haushalte würde das einer virtuellen Einkommenserhöhung von rund vier Prozent entsprechen. Weiter oben nimmt der relative Vorteil zwar ab; insgesamt finden die Autoren aber nur eine geringe Reduktion der Einkommensungleichheit. Auch Verbist et al. (2012) finden sehr breite Einkommenseffekte, von zehn Prozent am unteren Ende der Einkommensverteilung bis drei Prozent am oberen Ende.[3]
Um zu berechnen, wie stark Mieter in Österreich in den drei regulierten Segmenten – Gemeindewohnungen, Genossenschaften und im über das Richtwertgesetz regulierten Bereich – profitieren, brauchen wir zunächst eine Schätzung, wie viel sie für ihre Wohnung unter Marktbedingungen zahlen müssten. Die Differenz zwischen der tatsächlichen und der hypothetischen Miete lässt sich dann zu ihrem Haushaltseinkommen ins Verhältnis setzen. Um die hypothetischen Mieten zu schätzen, führen wir verschiedene Regressionsanalysen durch. Als Datengrundlage dient uns EU-SILC für die Jahre 2015 bis 2021.[4] Wir berücksichtigen dabei individuelle Ausstattungsmerkmale der Wohnungen, Nutzfläche, Zahl der Räume, Art der Küche, etwaige Probleme mit Feuchtigkeit, Lärm usw. sowie die Lage der Wohnungen in städtischem oder ländlichem Gebiet. So wird sichergestellt, dass nur Wohnungen miteinander verglichen werden, die auch tatsächlich vergleichbar sind.
Während Gemeindewohnungen und Genossenschaften in EU-SILC eindeutig identifiziert sind, ist es mit dem Bereich, der dem Richtwertgesetz unterliegt, etwas schwieriger. Diese österreichische Besonderheit ist dort nämlich nicht erfasst. Wir behelfen uns daher mit einer Notlösung. Als „reguliert“ bezeichnen wir im Folgenden alle Wohnungen, die ihren Bewohnern zufolge „unter Marktwert“ vermietet werden und/oder vor dem Jahr 1945 errichtet wurden und damit in aller Regel dem Richtwertgesetz unterliegen sollten. Sofern der Mietvertrag vor März 1994, aber nach 1981 geschlossen wurde, können natürlich auch die noch niedrigeren Kategoriemieten fällig werden; ist der Mietvertrag älter, dann wird es noch wilder. Insofern ist dieser Notbehelf freilich nicht perfekt. Die Tatsache zu ignorieren, dass viele Wohnungen in Österreich zwar privat vermietet werden, aber in der Miethöhe reguliert sind, würde aber die Preiseffekte bei Gemeinde- und Genossenschaftswohnungen unterschätzen.[5]
Fußnoten
Fast schon im Wochentakt schlagen bei den Unternehmen neue Regeln auf. Es kann schon längst nicht mehr als EU-Bashing gelten, den Regelungswahn der Brüsseler Schreibtischakrobaten als unmäßig zu kritisieren. Wir werfen einen Blick in die Giftküche der Bürokratie.
Schwerpunkt 1: Mehr Wachstum braucht das Land! Wirtschaftswachstum ist in Österreich zu einem Fremdwort geworden. Nicht nur in der Statistik und in den Prognosen der Institute ist es inzwischen weitgehend der Stagnation gewichen. Auch in den Wahlprogrammen der Parteien kommt es kaum noch vor. Man sollte ja erwarten, dass ein Land, dessen reales Br
Wohnen ist in Österreich nicht teurer als in anderen europäischen Ländern. Die Wohnkostenbelastung liegt unter dem EU-Schnitt. Und doch gibt es Verbesserungsbedarf: Künftige Regierungen sollten den Aufbau von Wohneigentum in der Mitte der Gesellschaft erleichtern, den geförderten Mietmarkt treffsicherer machen und dafür sorgen, dass ausreiche
Der Sozialstaat ist eine Errungenschaft, um die uns viele Menschen auf der Welt beneiden – aber auch eine finanzielle Belastung, die sich immer schwerer stemmen lässt. Die nächste Regierung wird um Sparmaßnahmen nicht herumkommen, wenn das System zukunftsfit bleiben soll. Für die Bürger muss das nicht unbedingt Verschlechterungen mit sich br
Eigentlich wollte die Regierung ja die Staatsschulden senken und die Bürger entlasten. Beides ist leider spektakulär misslungen. In der kommenden Legislaturperiode muss die Politik das Ruder herumreißen und einen Sparkurs einschlagen. Die gute Nachricht: Es gibt ziemlich viele Maßnahmen, die man setzen kann.
Österreich gibt sehr viel Geld für Bildung aus – und bekommt dafür nur mittelmäßige Resultate. In Schulnoten ausgedrückt verdient der Bereich bestenfalls ein „Befriedigend“. Dabei wäre es gar nicht so schwer, Einserschüler zu werden, auf dem Bildungsmarkt gibt es viele gute Ideen. Die nächste Regierung muss das Rad also nicht neu erf
Gegründet um das Land in wirtschaftlichen und gesellschaftspolitischen Belangen zu öffnen und neue Antworten auf die großen Herausforderungen zu liefern.
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