Jährlich wartet die NGO Oxfam zu Beginn des Jahres mit Horrorzahlen dazu auf, wie ungerecht die Welt ist. Es ist völlig unbestritten, dass es Verbesserungspotenzial bei der Bekämpfung von Armut sowie bei der Verteilung von Einkommen und Vermögen gibt. So dramatisch, wie von der NGO behauptet, ist die Entwicklung aber nicht. Denn entgegen der jahrelangen Oxfam-Behauptung wird die Welt besser und nicht schlechter. Dennoch gibt es Probleme. Entscheidend wird sein, wie wir diese Probleme lösen wollen.
Folgende Fragen sollen dabei helfen, ein besseres Verständnis zur Verteilung von Vermögen in Österreich und der Welt zu erlangen:
Nein, wenn man dafür das Einkommen der Menschen vergleicht, wie es bei der Berechnung von Armut oder Sozialhilfe üblich ist. Zu diesem Schluss kommt Oxfam nur, weil die NGO etwas anderes berechnet. So werden nicht die Einkommen betrachtet, sondern die Nettovermögen. Also Vermögen abzüglich aller Schulden. Und das ist problematisch, denn zum einen gibt es über Vermögen kaum verlässliche Zahlen. Gearbeitet wird mit groben Schätzungen, die laufend revidiert werden. Auch Oxfam musste so frühere Aussagen revidieren. Zum anderen fördert ein solcher Vergleich aber auch überraschende Ergebnisse zu Tage, die an der Aussagekraft doch sehr zweifeln lassen. So wird ein Harvard-Student, der einen Studienkredit laufen hat, aber ein gutes Leben führt, zu den Ärmsten der Armen gezählt. Ein afrikanischer Bauer ohne Fuhrpark und Schulden hingegen gehört zur Mitte.
Denn, die ärmsten zehn Prozent der Welt verfügen über ein negatives Vermögen. Ihre Schulden übersteigen ihr Vermögen mitunter deutlich. Diese rund 500 Millionen Erwachsenen sind in Summe mit rund 1.700 Euro überschuldet. Die nächsten zehn Prozent verfügen zwar über kaum oder keine Schulden, haben aber auch kein nennenswertes Vermögen. Erst die nachfolgenden zehn Prozent können ein Vermögen von zumindest 640 Euro ihr Eigen nennen und weisen damit ein positives Nettovermögen aus. Da Oxfam die Vermögenswerte der ärmeren Erwachsenen aber aufsummiert, sind auch die ärmsten 30 Prozent in Summe weiterhin überschuldet. Dies führt dazu, dass ein Neugeborenes in Österreich (ohne Vermögen, aber auch ohne Schulden) reicher ist als 1,6 Milliarden Menschen zusammen.
Ohne die Schulden der ärmsten zehn Prozent, weist die ärmere Hälfte der Welt ein Nettovermögen von über 5.000 Milliarden Euro aus und es hätte die Oxfam-Schlagzeilen nie gegeben.
Armut wird zumeist über Einkommen und die Möglichkeit, Grundbedürfnisse zu erfüllen, definiert. In einer solchen Betrachtung sind wir Europäer und andere entwickelte Länder sehr wohlhabend. Wer in Österreich als armutsgefährdet gilt, hat nichts mit den globalen Armen zu tun, die vornehmlich in Afrika, Asien oder Südamerika leben. Anders sieht es aber aus, wenn wir uns auf Vermögen konzentrieren. Da sich Menschen in entwickelten Ländern leichter verschulden können, zählen viele Europäer und Nordamerikaner zu den vermögensärmsten zehn Prozent. So gehören mehr Österreicher zu den ärmsten zehn Prozent als beispielsweise Erwachsene aus Afghanistan. Auch in China gibt es demnach kaum arme Menschen.
Die Reichsten der Reichen sind erfolgreiche Unternehmensgründer. Ihre Firmen sind am Weltmarkt erfolgreich und mit dem Erfolg steigt der Wert der Anteile, die sie an ihren Firmen noch besitzen. Insbesondere die Digitalisierung hat hier einigen Menschen einen unglaublichen Vermögenszuwachs beschert. Aber auch die Nullzinspolitik zeigt hier ihre Wirkung. Um das Geld gegen Wertverluste abzusichern, floss das Geld in Immobilien und in den Kapitalmarkt. Damit stiegen die Preise hier deutlich an und dies führte bei Anlegern zu Wertzuwächsen. Da viele Menschen aber keine Immobilie besitzen und den Aktienmarkt meiden, gehören die Superreichen mit ihren Anteilen an ihren Unternehmen am Ende zu den größten Gewinnern der Geldpolitik. Gleichzeitig unterliegen diese Vermögen aber auch hohen Schwankungen. Fällt der Kurs der Aktie, schrumpfen auch die Vermögen. Verschwinden die Unternehmen komplett, verabschieden sich auch die Eigentümer aus der Reichenliste.
Auch wenn oft das Gegenteil behauptet wird, basiert der Wohlstand der Reichen keinesfalls auf dem Elend der Armen. Kein Kind in Südafrika hätte bessere Lebensverhältnisse, wenn Elon Musk Tesla nicht gegründet hätte. Keinem US-Bürger würde es besser gehen, wenn Bill Gates Microsoft nie gestartet hätte. Abgesehen davon sind die Armen entgegen anderslautenden Behauptungen auch nicht ärmer geworden. Zwischen 2000 und 2020 ist das durchschnittliche Vermögen in praktisch allen Ländern gewachsen. Mit anderen Worten: Es geht um keinen gleichbleibenden Kuchen, wo einer mehr auf Kosten der anderen bekommt. Der Kuchen ist in der Vergangenheit stets gewachsen und so gut wie alle haben mehr. Darüber hinaus liegt der Anteil der Top-Vermögen trotz der weiterhin hohen Ungleichheit heute deutlich unter dem Wert von vor 20 Jahren.
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Obwohl es hier mehr Menschen gibt, die bei der Vermögensbetrachtung zu den ärmsten zehn Prozent gehören, sind Österreicher global betrachtet wohlhabend. Ein Erwachsener Österreicher besaß 2020 laut Credit Suisse im Durchschnitt etwa 237.000 Euro und gehört somit zu den reichsten fünf Prozent der Welt. Aber zu viele Österreicher besitzen kein oder nur wenig Vermögen. So hat die Hälfte der Österreicher weniger als 90.000 Euro an Vermögen und rund 14 Prozent der heimischen Bevölkerung besitzen weniger als 10.000 Euro. Das ist typisch für gut ausgebaute Sozialstaaten. Der Staat schützt gegen Altersarmut und den finanziellen Absturz nach dem Jobverlust – und er sorgt für günstige Mieten. Viele Bürger sparen deshalb wenig an und kaufen keine (teure) Immobilie, sondern leben in staatlich regulierten Wohnungen. In schwach ausgebauten Sozialstaaten müssen die Bürger selbst gegen die Unwägbarkeiten des Lebens vorsorgen – diese Länder zeichnen sich durch eine höhere Vermögensgleichheit aber auch höhere Einkommensungleichheit aus. In Ländern wie Österreich oder Schweden ist es genau umgekehrt.
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