Österreich in der Corona-Krise

Kapitel 8: Das Budget erst stützen, dann sanieren

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Was es für die Konsolidierung braucht

Die Schulden werden heuer in Österreich infolge des Kampfes gegen die Pandemie und der so ausgelösten Rezession kräftig steigen. Die Prognose der Österreichischen Nationalbank von Anfang Juni geht von einem Schuldenstand von 84,4 Prozent im Jahr 2020 aus. Nun gibt es mehrere Wege, wie Staaten ihre Schulden wieder senken können:

  1. Austerität (Steuererhöhungen oder Ausgabenkürzungen)
  2. Aus den Schulden wachsen
  3. Finanzielle Repression (Maßnahmen, die dazu führen, dass die Kosten der Schulden gedrückt werden)
  4. Ein Schuldenschnitt

Die vierte Option ist für Österreich irrelevant. Von den übrigen drei wird vor allem die erste Option diskutiert, weil Steuererhöhungen in Österreich oft auf den politischen Forderungskatalogen stehen. Allerdings zeigt eine Simulation der Agenda Austria eindrücklich, dass gerade eine Mischung aus den Optionen (2) und (3) mitunter auch rasch dazu führen dürfte, dass die österreichische Staatsschuldenquote wieder deutlich unter 70 Prozent liegen wird. Eine wichtige Rolle, dass Österreich wieder von den deutlich höheren Schulden herunterkommen kann, spielt dabei das BIP-Wachstum. Das Basisszenario geht von einer Rückkehr zu den Rahmenbedingungen vor der Corona-Krise aus (d.h. Real-Wachstum von zwei Prozent, Defizit inklusive Zinszahlungen von zwei Prozent des BIP) und setzt damit sicherlich einiges an Reformen voraus.[5]

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Abb. 5: Bleiben die Zinsen niedrig könnte Österreich aus den Schulden herauswachsen

Anstatt also bereits heute Debatten über Steuererhöhungen vom Zaun zu brechen, wäre es sinnvoller, Strukturreformen umzusetzen, um das Wachstum anzukurbeln. Denn im Vergleich mit Ausgabenkürzungen haben sich Steuererhöhungen bei vergangenen Versuchen, von hohen Schulden herunter zu kommen, immer wieder negativ und damit kontraproduktiv ausgewirkt.[6]

Handlungsempfehlungen

Erst stützen, dann konsolidieren

Gut ausgestaltete Stützungsmaßnahmen sorgen daher heute für die Steuereinnahmen in den Folgejahren.

Die Priorität für das Jahr 2020 muss sein, dass der Steuerstaat Unternehmen und Einkommen stützt. Dafür werden die Ausgaben stark steigen und die Steuern deutlich sinken. Das wäre ein Problem, wenn die Wirtschaftskraft Österreichs dauerhaft gesenkt wird. Das hohe Defizit im Jahr 2020 ist hingegen relativ unproblematisch, wenn damit der Kapitalstock gestützt und Beschäftigung erhalten wird. Denn davon hängt in erheblichem Maße auch ab, mit welchen Einnahmen der Staat in den kommenden Jahren rechnen kann. Gut ausgestaltete Stützungsmaßnahmen sorgen daher heute für die Steuereinnahmen in den Folgejahren.

Bleibende Steuerreform für Leistung und Wachstum

Ein Konjunkturpaket im Jahr 2020 wird vor allem Maßnahmen enthalten, die den Konsum stützen. Doch die wichtigste Aufgabe für eine langfristig wirksame Steuerreform wäre der Abbau von Barrieren für Beschäftigung, Wachstum und Leistung. Dazu gehört die Abschaffung der kalten Progression, eine deutliche Entlastung des Faktors Arbeit sowie eine Reform der Körperschaftsteuer, um die Investitionen von Unternehmen besser zu stellen.[7]

Konsolidierung durch Reformen

Österreich braucht aktuell keine aktive Austeritätspolitik, um von den Corona-Schulden herunter zu kommen. Was notwendig ist, sind Reformen, die zwei Dinge erfüllen:

  1. Das Wachstumspotenzial Österreichs anheben. Eine Reihe von Strukturreformen kann dazu einen Beitrag leisten, von einer Abschaffung der Gewerbeordnung zur Förderung von Unternehmensgründungen bis hin zur steuerlichen Besserstellung von Unternehmensinvestitionen.[8]
  2. Die Ausgabendynamik dämpfen. Das Budget könnte merklich entlastet werden, wenn der Staat in einigen Bereichen nicht laufend mehr Mittel ausgibt als ähnlich großzügig ausgebaute Wohlfahrtsstaaten. Das betrifft neben einer drängenden Reform des Föderalismus vor allem den Pensionsbereich, der stark davon profitieren würde, wenn ähnlich wie in Schweden oder Dänemark die Lebenserwartung beim Pensionsantritt berücksichtigt würde. Der demografische Wandel wird zwar in den kommenden zehn Jahren die Staatsausgaben treiben, er muss es allerdings nicht so stark tun wie aktuell befürchtet.[9]

Die Schuldenbremse ist gut, eine Ausgabenbremse wäre besser

Die Schuldenbremse ist gut, eine Ausgabenbremse wäre besser. Die Corona-Krise zeigt, wie gut Fiskalregeln funktionieren.

Die Schuldenbremse ist gut, eine Ausgabenbremse wäre besser. Die Corona-Krise zeigt, wie gut Fiskalregeln funktionieren. In guten Jahren sorgen sie für einen gewissen Konsolidierungsdruck, in schlechten Jahren wie 2020 erlauben sie aber die Flexibilität des konjunkturellen Gegensteuerns. Dennoch könnte sich das österreichische Instrumentarium noch weiter verbessern. Denn künftig sollte eher eine strenge Ausgabenbremse dazu beitragen, dass in wirtschaftlich guten Jahren nicht unnötig hohe Schulden gemacht werden, die dann in wirtschaftlich schlechten Jahren den Spielraum einschränken. Vorbild könnte hier Schweden sein, das die Schulden mit einer Ausgabenregel verknüpft hat: Dort gibt es seit 2010 für den Bund und das Pensionssystem ein Überschussziel. Weil diese Vorgabe für den Zeitraum eines ganzen Konjunkturzyklus gilt, ist das Land in Krisenzeiten dennoch handlungsfähig. Begleitet wird die Regel von einer Ausgabenbeschränkung. Hierbei wird im Parlament das Budget für mindestens drei Jahre unter der Prämisse des Überschussziels beschlossen.

Literatur

  • Agenda Austria (2019): Do it now! Leistung. Aufstieg. Sicherheit. Eine Roadmap für Österreich der Agenda Austria.
  • Alesina, A., Favero, C. und Giavazzi, F. (2019): Austerity. When it works and when it doesn’t. Princeton University Press.
  • BMF (2020): Budgetvollzug April 2020.
  • Budgetdienst (2020): Budgetanalyse 2020. Analyse des parlamentarischen Budgetdienstes.
  • Fenz, G. et al. (2020): COVID-19-bedingte Rezession stellt größte wirtschaftspolitische Herausforderung in der zweiten Republik dar. Gesamtwirtschaftliche Prognose für Österreich, Oesterreichische Nationalbank.
  • Jilch, N., Lehner, H. und Lorenz, H. (2020): Den Eigenkapitalismus stärken. Agenda Austria Brief: Österreich in der Corona-Krise, Kapitel 7.
  • Köppl-Turyna, M., Kucsera, D. und Sustala, L. (2020a): Was die Arbeitsmarktkrise kostet. Österreich in der Corona-Krise, Kapitel 1.
  • Köppl-Turyna, M., und Sustala, L. (2020): Stromnachfrage zeigt Ausmaß des Corona-Schocks. Österreich in der Corona-Krise, Kapitel 3.
  • Köppl-Turyna, M., Kucsera, D. und Sustala, L. (2020b): Jenseits der Kurzarbeit: Neue Jobs braucht das Land. Österreich in der Corona-Krise, Kapitel 6.
  • Kucsera, D. und Sustala, L. (2020): Budget: Viel Geld, zu wenig Wille. Policy Brief der Agenda Austria.

Fußnoten

  1. Vgl. Budgetvollzug April 2020, BMF (2020).
  2. Vgl. Köppl-Turyna, Kucsera und Sustala (2020).
  3. Fenz et al. (2020).
  4. Vgl. Köppl-Turyna und Sustala (2020). Im Unterschied zur OeNB-Schätzung berücksichtigt die Prognose aus dem Strommarkt ausschließlich die bis zuletzt verloren gegangene Wertschöpfung und rechnet sie auf das Gesamtjahr hoch. Im Mittel der Schätzer erwartet das Modell eine Rezession von 8,5 Prozent für heuer. Die optimistischste Schätzung liegt mittlerweile bei rund vier Prozent.
  5. Jilch et al. (2020).
  6. Vgl. Alesina et al. (2019).
  7. Vgl. Agenda Austria (2019).
  8. Für eine ausführliche Zusammenfassung von Möglichkeiten, den österreichischen Standort zu stärken, siehe Agenda Austria (2019).
  9. Vgl. Kucsera und Sustala (2020).
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