COVID-19

Österreich in der Corona-Krise

Kapitel 8: Das Budget erst stützen, dann sanieren

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Das Budget 2020 ist massiv von der COVID-19-bedingten Rezession geprägt. Der Staat wird heuer deutlich mehr ausgeben als einnehmen. Sichert man damit aber Einkommen und den Kapitalstock, dann würde das die Voraussetzung für deutlich steigende Steuereinnahmen in den kommenden Jahren schaffen.

Wie die Corona-Krise das Budget trifft

Die Corona-Krise lässt im Budget kaum einen Stein auf dem anderen. Steuerstundungen und die Rezession sorgen für stark sinkende Einnahmen in diesem Jahr, insbesondere bei der Körperschaft-, der Einkommen- und der Umsatzsteuer.[1] Die Ausgaben sind von den Corona-Krisenbewältigungsmaßnahmen und der hohen Arbeitslosigkeit gekennzeichnet und werden heuer dramatisch steigen.[2]

Die Corona-Krise lässt im Budget keinen Stein auf dem anderen.

So viel ist sicher: Die Abschätzung darüber, wie hoch das Defizit im Jahr 2020 sein wird, ist aufgrund der unsicheren konjunkturellen Entwicklung mehr als schwierig und nicht nur politisch umstritten. Statt eines zu Jahresbeginn erwarteten Überschusses wird es 2020 ein historisches Defizit jenseits der 30 Milliarden-Euro-Marke geben, was mehr als acht Prozent der Wirtschaftsleistung entspricht. Sowohl die notwendigen Staatshilfen als auch die Steuereinnahmen hängen stark davon ab, wie tief die Rezession 2020 und wie rasch die Erholung danach sein werden.

Aus diesem Grund sind die Schätzungen für das Defizit mit hoher Unsicherheit behaftet. Optimistische Schätzungen wie etwa die Frühjahrsprognose der EU-Kommission, die bereits für das Jahr 2021 wieder ein stärkeres Wachstum der österreichischen Wirtschaft erwarten, kommen zu relativ geringen Defizitprognosen (6,1 Prozent des BIP). Schätzungen der Österreichischen Nationalbank hingegen, die schon aktuellere Daten berücksichtigen, kommen bei einer deutlich tiefer angenommenen Rezession für das Jahr 2020 zu einer Defizitprognose von 8,9 Prozent des BIP.[3]

Aber auch diese Zahlen fußen auf Annahmen einer relativ raschen Rückkehr zur Prä-Corona-Dynamik in der zweiten Jahreshälfte 2020. Die Österreichische Nationalbank hat in einer Prognose drei Szenarien für das Wirtschaftswachstum mit einer Bandbreite von -4,6 bis -9,2 Prozent präsentiert. Das Hauptszenario liegt bei -7,2 Prozent, was die tiefste Rezession in der Geschichte der Zweiten Republik bedeuten würde. Daten aus dem Strommarkt, wie bereits an anderer Stelle beschrieben, gehen mit Daten bis zum 28. Mai von einer Rezession in der Höhe von rund -8,5 Prozent für heuer aus.[4]

Drei Schlüsse aus den bis jetzt vorliegenden Budgetdaten

Der Budgetvollzug für April 2020 lieferte die jüngsten Daten zur Entwicklung der Steuereinnahmen und Ausgaben des Bundes. Daraus lassen sich drei Schlüsse ziehen:

  1. Die Einnahmen sind während des Lockdowns um über zwei Milliarden Euro gefallen. Die Steuereinnahmen sind im April um rund zwei Milliarden Euro unter jenem des Vorjahresmonats gelegen, dabei werden bedingt durch Verzögerungen in der Meldung die Effekte bei der Lohnsteuer erst in den kommenden Monaten vollständig sichtbar. Sehr negativ war die Entwicklung bei der Umsatzsteuer. Unternehmen und Selbständige machten zudem von der Möglichkeit Gebrauch, ihre Vorauszahlungen an Körperschaft- und Einkommensteuer herabzusetzen.
  2. Die tatsächlichen Mehrkosten durch die Corona-Krise waren bis April 2020 noch überschaubar, werden allerdings in den kommenden Monaten kräftig ansteigen. Auszahlungen für die Kurzarbeit, erhöhte Arbeitslosigkeit, höhere Ersatzraten bei der Notstandshilfe sind bis inklusive April noch kaum ins Gewicht gefallen. Allerdings zeigen Schätzungen der Agenda Austria zum Arbeitsmarkt, dass die Kosten der Arbeitsmarktkrise erheblich sein werden. Die tatsächlichen Steuern und Abgaben, die am Faktor Arbeit hängen, werden um mehrere Milliarden Euro sinken. Die für mehr als 1,3 Millionen Arbeitnehmer angemeldete Kurzarbeit wird den Effekt haben, dass sich der Staat die Lohnsteuer und Sozialversicherungsbeiträge in erheblichem Maße selbst zahlt.

    Abb. 1: Die Arbeitsmarktkrise kostet bis zu 12 Milliarden Euro an Einnahmen

  3. Die automatischen Stabilisatoren wirken. So nennen Ökonomen gerne die Wirkung eines Steuer- und Sozialversicherungssystems in der Krise. In einer Rezession steigen die Ausgaben der Arbeitslosenversicherung und es sinken die Steuereinnahmen, ohne dass der Finanzminister aktiv etwas tun muss. Und tatsächlich ist ein erheblicher Teil des Corona-Effekts auf diese Automatismen zurückzuführen. Der Fiskalrat geht davon aus, dass die Einnahmen im Jahr 2020 um rund 9,5 Milliarden Euro niedriger und die Ausgaben insbesondere wegen der Kosten für die Arbeitslosigkeit um rund eine Milliarde Euro höher sein werden. Ein erheblicher Teil der Mehrausgaben ist dann für „diskretionäre“, also aktive Entscheidungen der Regierung und des Parlaments, zu erwarten: darunter fällt das Hilfsprogramm für die Wirtschaft ebenso wie die Sonderdotierung des Pflegefonds oder die Anschaffung von medizinischen Equipments in der Gesundheitskrise.

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    Abb. 2: Automatik oder Politik? Was das Budgetdefizit treibt

Gerade aber für die Staatsausgaben sind die aktiven Entscheidungen der Koalitionspartner wichtig, die in den vergangenen Monaten eine Reihe von COVID-19-Krisenbewältigungsgesetze hervorgebracht haben. So hat die Regierung sehr schnell große Summen angekündigt, um Unterstützung an mehreren Stellen zu leisten. Der Härtefallfonds sollte kleinen Unternehmen in der Krise trotz Umsatzentfall ein Einkommen sichern, die Kurzarbeit sollte Kündigungen verhindern und den Arbeitnehmern 80 bis 90 Prozent der Einkommen erhalten, Kreditgarantien über verschiedene Institutionen die Liquidität von Unternehmen stabilisieren. Seit 20. Mai 2020 ist auch der Fixkostenzuschuss verfügbar, der mit direkten Zuschüssen die Situation in Unternehmen, die hohe Umsatzrückgänge infolge der Corona-Krise zu verzeichnen haben, verbessern soll. Im internationalen Vergleich ist das Krisenpaket somit durchaus beachtlich.

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Abb. 3: Österreichs Corona-Hilfen im internationalen Vergleich

Allerdings ist die Kritik an den österreichischen Hilfen dennoch in den vergangenen Wochen lauter geworden. Weniger allerdings wegen der Versprechen und der Gesamtsumme, sondern weil bis zuletzt noch relativ wenig davon tatsächlich geflossen ist. Das Hilfspaket ist zwar groß dimensioniert, hat aber bisher vor allem bei Steuerstundungen oder Kreditgarantien gewirkt. Die tatsächlichen Auszahlungen aus dem Härtefallfonds, der Kurzarbeit oder der Corona-Soforthilfe sind nach wie vor überschaubar.

Die Auszahlungen des Corona-Hilfsfonds beginnen gerade erst: So wurden per 17. Juni 2020 erst 14 Millionen Euro des Fixkostenzuschusses ausgeschüttet. Im Rahmen einer Regierungsklausur wurden noch eine Reihe weiterer Maßnahmen beschlossen, um die Wirtschaft angesichts der tiefen Rezession zu stützen. Hervorzuheben sind dabei aus Sicht der Agenda Austria Maßnahmen wie die Reform der Abschreibungsregeln oder die Einführung eines Verlustrücktrags. Ersteres ist eine wichtige Maßnahme, um die Investitionslage zu unterstützen. Zweiteres entlastet finanziell an sich gesunde Unternehmen, die schwer von der Krise getroffen wurden, und zwar im besten Fall unbürokratisch und schnell. Das Investitionspaket macht insgesamt 6,3 Milliarden Euro aus, während das Rettungspaket 7,5 Milliarden Euro beträgt.

Abb. 4: Soviel Staatshilfe ist bisher geflossen

Dabei ist Zeit in dieser Pandemie und im Hinblick auf die ökonomischen Folgen der tiefen Krise ein durchaus kritischer Faktor. Die oftmals schlechte Kapitalausstattung bei kleinen und mittleren Betrieben sorgt nicht nur, aber auch in der österreichischen Volkswirtschaft dafür, dass ihnen mit Krediten nicht unbedingt geholfen ist. Kredite müssen zu einem späteren Zeitpunkt zurückgezahlt werden, ebenso wie gestundete Steuern oder Mieten. Eigenkapitalwirksame Zuschüsse oder Maßnahmen zur Unterstützung der Nachfrage werden daher zu einem späteren Zeitpunkt notwendig sein, um eine Pleitewelle in Österreich zu verhindern.


Fußnoten

  1. Vgl. Budgetvollzug April 2020, BMF (2020).
  2. Vgl. Köppl-Turyna, Kucsera und Sustala (2020).
  3. Fenz et al. (2020).
  4. Vgl. Köppl-Turyna und Sustala (2020). Im Unterschied zur OeNB-Schätzung berücksichtigt die Prognose aus dem Strommarkt ausschließlich die bis zuletzt verloren gegangene Wertschöpfung und rechnet sie auf das Gesamtjahr hoch. Im Mittel der Schätzer erwartet das Modell eine Rezession von 8,5 Prozent für heuer. Die optimistischste Schätzung liegt mittlerweile bei rund vier Prozent.
  5. Jilch et al. (2020).
  6. Vgl. Alesina et al. (2019).
  7. Vgl. Agenda Austria (2019).
  8. Für eine ausführliche Zusammenfassung von Möglichkeiten, den österreichischen Standort zu stärken, siehe Agenda Austria (2019).
  9. Vgl. Kucsera und Sustala (2020).
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