In Österreich können Länder und Gemeinden derzeit kaum Steuern autonom festlegen – sie bekommen für die Erledigung ihrer Aufgaben Steuereinnahmen des Bundes gemäß einem fixen Verteilschlüssel zugewiesen, dem Finanzausgleich. Das wirkt sich ähnlich aus wie Preisabsprachen bei Unternehmen: Die Leistungen, die der Bürger bzw. Kunde erhält, sind teurer als nötig. Unsere Studie zeigt, warum die Länder ihre Ausgaben über eigene Steuern finanzieren sollten: Ein Steuerwettbewerb zwischen den Bundesländern erhöht die Einkommen, führt zu niedrigeren Steuersätzen und verringert den Abstand zwischen reichen und armen Ländern.
Österreichs Ländern mehr Macht zu geben, ist hierzulande ungefähr so populär wie der Vorschlag, einem Bankräuber die Schlüssel für den Haupttresor in die Hand zu drücken. Es ist nämlich so, dass der Föderalismus vielerorts für das zentrale Problem des Landes gehalten wird; für eine Art innerstaatliche Wucherung, der niemand mehr Herr zu werden scheint. Schon gar nicht die Bundesregierung, deren Bedeutung sich in den Augen zahlreicher Landesvertreter in einer zentralen Geldsammelstelle erschöpft.
Genau da liegt das Problem: Mit dem Bund treibt nur einer jenes Geld ein, das großzügig von unzähligen Händen übers Land verteilt wird. Die Republik leidet also nicht an zu vielen kleinen Gemeinden, zu vielen Bezirken oder zu vielen Ländern. Sondern an der nahezu völligen Entkoppelung von Einnahmenverantwortung und Ausgabenverantwortung. Allein der „Fall Kärnten“ liefert den unmissverständlichen Hinweis, dass diese Form der getrennten Verantwortungen zu schweren finanziellen Verwerfungen führt.
Was wäre also zu tun? Klar ist, dass sich Österreich kein zweites Kärnten leisten kann. Die Bürger könnten den föderalen Einheiten Verantwortung nehmen und einen straff organisierten Zentralstaat nach skandinavischem Vorbild wählen. Der Bund würde nicht nur Steuern einheben, sondern auch entscheiden, was damit zu geschehen hat. Die Alternative wäre, den Ländern mehr Verantwortung zu übertragen – und zwar in dem Sinn, dass sie einen höheren Anteil ihrer Ausgaben selbst eintreiben müssen.
Beide Varianten wären ein deutlicher Fortschritt gegenüber der aktuellen österreichischen Staatsorganisation, die letzten Endes eine Einladung zur großherzigen Geldverschwendung ist. Aus Sicht der Agenda Austria ist eine De-facto-Entmachtung der Länder politisch nicht durchsetzbar. Keine Regierungspartei hätte die Kraft, einen derartig radikalen Umbau des Staates in ihren eigenen Reihen durchzusetzen. Weshalb wir für einen Schweizer Wettbewerbsföderalismus light plädieren und in dieser Arbeit Antworten auf folgende Fragen suchen: Wie wäre eine partielle Steuerautonomie für Österreichs Länder zu organisieren? Welche Bundesländer würden zu Beginn profitieren und wie könnten die anfangs schlechter gestellten den Steuerwettbewerb zu ihren Gunsten nutzen? Und schließlich: Wie hätte ein solidarischer Finanzausgleich auszusehen, um benachteiligten Regionen auf die Beine zu helfen?
Unsere Gastautoren Christian Keuschnigg (Universität St. Gallen) und Simon Loretz (IHS) haben bemerkenswerte Antworten gefunden. Die durchgeführten Simulationsrechnungen zeigen, dass eine fortschreitende Steuerautonomie in Österreich nicht nur möglich, sondern auch zum Vorteil aller umsetzbar wäre. Aber sehen Sie selbst.
Viel Vergnügen bei der Lektüre wünscht Ihnen
Franz Schellhorn
Direktor Agenda Austria
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