Spanien gilt vielen als großes Vorbild in der Antiteuerungspolitik. Und tatsächlich: Während etliche Länder in Europa weiterhin unter zweistelligen Inflationsraten stöhnen, sind die spanischen Verbraucherpreise schon seit Sommer vergangenen Jahres leicht rückläufig. Hat die iberische Politik am Ende doch den besseren Weg gewählt? Die Agenda Austria findet: Nein. Und erklärt in diesem Policy Brief die Gründe dafür.
Mit der Veröffentlichung der österreichischen Inflationszahlen für Jänner setzte die Statistik Austria einen kräftigen Paukenschlag: Um 11,5 Prozent lag der harmonisierte Verbraucherpreisindex in der Schnellschätzung nun über dem Vorjahresniveau. Damit hat die aktuelle Inflationswelle einen neuen Höhepunkt erreicht.
Andernorts scheinen die Dinge besser zu laufen. Neue Inflationszahlen gab es nämlich auch in Spanien. Dort geht man schon seit Mitte letzten Jahres entschlossen einen ganz eigenen Weg: Zur Eindämmung der Inflation setzt die spanische Regierung auf harte Markteingriffe. Sie bremst und deckelt, was das Zeug hält, und handelt damit in krassem Widerspruch zu dem, was viele Ökonomen für richtig halten. Die aktuelle Inflationsrate im Jänner scheint der Regierung aber recht zu geben: Sie beläuft sich auf nur noch 5,8 Prozent (im Vergleich zum Vorjahr). Seit Einführung des Gaspreisdeckels im Juni 2022 gehen die Verbraucherpreise sogar zurück, während sie beispielsweise in Österreich, Deutschland und Frankreich munter weiter steigen (vgl. Abbildung 1).
Macht Spanien etwas richtig, das wir falsch machen?
Mit der Antiteuerungspolitik ist es ein bisschen wie mit einer Wanderung in unbekanntem Terrain: Ob sich der gewählte Weg rückblickend als gut oder schlecht erweist, erkennt man erst, wenn man am Ziel angekommen ist.
Beginnen wir mit dem spanischen Weg: Dort will die Regierung dafür sorgen, dass die Preise nicht weiter steigen. Ist sie dabei erfolgreich, wird das in der Inflationsrate sichtbar. Doch das ist für eine Regierung gar nicht so einfach zu erreichen, da die meisten Preise nicht per Gesetz festgelegt, sondern am Markt gebildet werden. Außerdem haben Regierungen in der Eurozone die Geldpolitik aus gutem Grund nicht in der eigenen Hand; dafür ist die Europäische Zentralbank (EZBDie Europäische Zentralbank (EZB; englisch European Central Bank, ECB; französisch Banque centrale européenne, BCE) mit Sitz in Frankfurt am Main ist ein Organ der Europäischen Union. Sie ist die 1998 gegründete gemeinsame Währungsbehörde der Mitgliedstaaten der Europäischen Währungsunion und bildet mit den nationalen Zentralbanken (NZB) der EU-Staaten das Europäische System der Zentralbanken (ESZB).) zuständig. Nur sie kann durch eine Zinserhöhung den Preisauftrieb stoppen. Will eine Regierung dennoch auf die Preise einwirken, muss sie direkt in den Markt eingreifen. Spanien hat das mit dem Gaspreisdeckel getan. Auch Frankreich hat frühzeitig die Preise für Strom und Gas gedeckelt. Einige Länder – zum Beispiel Ungarn, Deutschland oder Kroatien – haben mit Spritpreisbremsen experimentiert. Damit das Angebot dann nicht wegbricht, muss der Staat zwar im Hintergrund für die Differenz zum Marktpreis geradestehen; die Preise für die Endkonsumenten bleiben aber gedeckelt.
Österreich hat sich für einen anderen Weg entschieden: Hier will die Regierung dafür sorgen, dass die Haushalte die steigenden Preise durch höhere Einkommen bewältigen können. Die Politik versucht gar nicht, die Preise an sich zu dämpfen; die Inflationsbekämpfung überlässt sie weiterhin der EZBDie Europäische Zentralbank (EZB; englisch European Central Bank, ECB; französisch Banque centrale européenne, BCE) mit Sitz in Frankfurt am Main ist ein Organ der Europäischen Union. Sie ist die 1998 gegründete gemeinsame Währungsbehörde der Mitgliedstaaten der Europäischen Währungsunion und bildet mit den nationalen Zentralbanken (NZB) der EU-Staaten das Europäische System der Zentralbanken (ESZB).. Wichtig ist den österreichischen Verantwortlichen in erster Linie, dass die realen Einkommen der Haushalte nicht zu stark einbrechen. Ob eine Regierung dahingehend erfolgreich ist, lässt sich daher nicht an der Inflationsrate ablesen, sondern an den preisbereinigten Haushaltseinkommen. Auch der Weg der spanischen Regierung lässt sich hieran messen.
Vor allem die einkommensschwachen Haushalte müssen bei dieser Betrachtung in den Blick genommen werden. Bei vielen dürfte schon vor der Krise am Monatsende nicht viel übrig geblieben sein; für sie muss die Teuerung kompensiert werden. Daher ist es so wichtig, dass die Hilfen treffsicher sind. Allgemeine Preisbremsen sind das genaue Gegenteil. Auch eine finanzielle Unterstützung aller Haushalte ergibt keinen Sinn, da der Staat seine Ausgaben hauptsächlich durch Abgaben (oder Schulden, die wiederum mit zukünftigen Abgaben verbunden sind) finanzieren kann und sich die Bürger eine „Entlastung“ dann nur gegenseitig zahlen würden (oder die Lasten der Inflation nachfolgenden Generationen umhängen würden). Es wäre eine reine Verschiebung des Problems in die Zukunft.
Die Inflation hält sich in Österreich hartnäckig. Und schuld daran seien in erster Linie Unternehmer, die (zu) hohe Preise verlangten. Dieser Vorwurf kommt immer wieder und er hat inzwischen sogar einen passenden Begriff: „Gierflation“. Klingt nach einer praktischen, einfachen Erklärung. Das Problem: Die Daten sprechen eine andere Sprache
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Gegründet um das Land in wirtschaftlichen und gesellschaftspolitischen Belangen zu öffnen und neue Antworten auf die großen Herausforderungen zu liefern.
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