In Österreich ist eine vorzeitige Pensionierung finanziell für viele Arbeitnehmer relativ attraktiv, während sich längeres Arbeiten kaum lohnt. Von der Politik werden die Anreize dahingehend gesetzt, die Menschen möglichst früh aus dem Erwerbsleben ausscheiden zu lassen. Auch die Ansicht, Ältere hätten keine Chance auf dem Arbeitsmarkt mehr, ist differenziert zu sehen.
Daher werden in diesem Kapitel die Bedingungen am Arbeitsmarkt dreier Länder vorgestellt, in denen die Partizipationsrate der älteren Arbeitnehmer seit 2000 stark gewachsen ist. Die Niederlande und Schweden sind ebenso wie Österreich kleine offene Volkswirtschaften, Deutschland ist hingegen die größte Volkswirtschaft Europas. Was alle drei Länder gemeinsam haben: Die Aktivierung älterer Arbeitnehmer wurde bereits im letzten Jahrzehnt begonnen und relativ erfolgreich bewältigt. Das folgende Kapitel soll darstellen, wie das dort ermöglicht wurde. Die Länder sollen auf drei unterschiedlichen Ebenen untersucht werden:
Geht es um eine hohe Partizipation älterer Arbeitnehmer im Erwerbsleben, stechen unter den EU-Ländern vor allem Deutschland und die Niederlande ins Auge. Schweden weist schon seit Längerem einen hohen Prozentsatz älterer Arbeitnehmer auf.
Auch wenn sich in Österreich die Erwerbsquote zwischen 2000 und 2013 um 16,7 Prozentpunkte auf 46,5 Prozent erhöht hat – Deutschland und die Niederlande konnten im selben Zeitraum ausgehend von einem höheren Niveau einen Zuwachs um 24,5 bzw. 25,7 Prozentpunkte verzeichnen – so stellt dies im EU-Vergleich einen immer noch sehr niedrigen Wert dar. Schweden ist jenes Land, das aktuell die höchste Erwerbsquote bei älteren Arbeitnehmern innerhalb der EU aufweist. Auch hier stieg die Erwerbsquote seit dem Jahr 2000 weiter an und beträgt bereits über 77 Prozent.
Deutschland zählt gemeinsam mit den Niederlanden zu jenen europäischen Ländern, in denen die Erwerbsquote im Beobachtungszeitraum am stärksten stieg – Deutschland weist mittlerweile die zweithöchste Beteiligung der älteren Arbeitnehmer innerhalb der EU auf. Im Jahr 2000 befand sich Deutschland in einer ähnlichen Lage wie Österreich heute, als die Erwerbsbeteiligung der 55- bis 64-Jährigen deutlich unter der Marke von 50 Prozent lag. In Deutschland ist es nachweislich gelungen, viele Ältere in den Arbeitsmarkt zu integrieren, ohne dass sich die Arbeitslosigkeit in die- ser Altersgruppe erhöht hätte.
Abbildung 24 zeigt, dass die Arbeitslosenrate trotz des Anstiegs der Erwerbsquote sogar einen Trend nach unten aufweist: Sie ist seit 2003 sogar von 9,7 auf 5,8 Prozent gesunken. Das ist die Folge dreier Maßnahmenbündel, die in der Folge näher beschrieben werden sollen.
In Deutschland funktioniert also die Eingliederung der älteren Arbeitskräfte in den Arbeitsmarkt im Verhältnis zu anderen Ländern gut. Die steigende Erwerbsbeteiligung bei gleichzeitigem Rückgang der Arbeitslosigkeit ist in ihrer Tendenz dabei erheblich durch den demografischen Wandel und dem dadurch auftretenden Rückgang an qualifizierten Arbeitskräften, wie auch durch den konjunkturellen Aufschwung bestimmt. So ist Deutschland eines jener Länder, in denen sich die Wirtschafts- und Finanzkrise kaum auf den Arbeitsmarkt ausgewirkt hat, nicht zuletzt deswegen, weil der Arbeitsmarkt durch die Hartz-Reformen stark flexibilisiert wurde und somit auch auf Krisen schnell reagieren kann.
Zudem dürfte Deutschland das einzige Land in der EU sein, in dem trotz strengerer Pensionsregeln die Arbeitslosenrate bei den Älteren in den letzten Jahren gesunken ist. Wesentliche Unterschiede zu Österreich liegen hier in den Möglichkeiten der Frühpensionierung. Diese sind in Deutschland deutlich strenger geregelt als in Österreich. So ist der Zugang zur Invaliditätspension (Erwerbsminderungs-Rente) in Deutschland seit 2001 deutlich strenger gefasst und für Missbrauch weitestgehend verschlossen. Auch die Lohnkurve entwickelt sich in Deutschland weit weniger dramatisch als dies in Österreich der Fall ist und macht somit ältere Arbeitnehmer in Deutschland vergleichsweise attraktiver für Arbeitgeber.
Der deutsche Kündigungsschutz beinhaltet wie die meisten Länder eine Altersdiskriminierung. Ältere Arbeitnehmer genießen dabei einen höheren Schutz als jüngere. Durch diesen höheren Schutz kommt es allerdings auch zu einer Insider-Outsider-Problematik. Während ein hochgeschützter Arbeitsmarkt jenen in erster Linie zugute kommt, die in Beschäftigung sind (Insider), erschweren diese Vorschriften die Anstellung von Arbeitslosen (Outsider), da diesen im Zweifel (nach Ablauf der Kündi- gungsfrist) nicht wieder gekündigt werden kann. Im Zuge der Reformen wurde auch der Arbeitsmarkt stückweise flexibilisiert. In Deutschland wurde der Geltungsbereich des gesetzlichen Kündigungsschutzes von fünf auf mindestens zehn Beschäftigte innerhalb eines Betriebes beschränkt. Weitere Deregulierungen gab es bei Befristung und Wiedereinstellung.
Die Niederlande sind jenes Land, in dem die Erwerbsquote der Älteren seit dem Jahr 2000 am stärksten gestiegen ist. Gleichzeitig ist auch die Arbeitslosenrate in dieser Altersgruppe – ausgehend von einem sehr niedrigen Niveau – etwas gestiegen und liegt aktuell bei 6,3 Prozent, einem ähnlichen Niveau wie in Schweden und Deutschland. Trotz des nach wie vor relativ niedrigen Werts stellt sich die Frage, ob dieser unterschiedliche Verlauf im Vergleich zu Deutschland lediglich auf die unterschiedlichen Auswirkungen der Krise zurückzuführen ist oder ob auch unterschiedliche Rahmenbedingungen den Ausschlag gegeben haben könnten.
Der Anstieg des effektiven Pensionsantrittsalters war in den Niederlanden beachtlich. Während Männer 2007 noch durchschnittlich mit 61,8 Jahren in Pension gingen, lag das Pensionsantrittsalter fünf Jahre später, 2012, bereits bei 63,6 Jahren. Für Frauen stieg es im selben Zeitraum von 60,9 auf 62,3 Jahre.
Dies liegt vor allem in drei Tatsachen begründet: Erstens wurden Anreize zum frühzeitigen Ausstieg aus dem Erwerbsleben abgeschafft und das gesamte Pensionssystem finanziell nachhaltig gestaltet.[5] Zweitens kam es zu einem Wandel in der Invaliditätspension: Reintegration von Menschen mit eingeschränkter Erwerbsfähigkeit statt Invalidität. Drittens dürfte auch die Arbeitsmarktpolitik einen Teil dazu beigetragen haben.
Ähnlich wie in Deutschland wurden in den Niederlanden, Reformen zur Anhebung der Erwerbsbeteiligung und zur Verringerung von Vorruhestand und Invalidität bereits in den 1990er und 2000er Jahren mit durchaus beachtlichem Erfolg umgesetzt: Trotz des erheblichen Anstiegs der Erwerbsquote ist die Arbeitslosenrate der Älteren seit 2000 zwar etwas gestiegen, sie ist aber immer noch auf sehr niedrigem Niveau.
Gerade für Österreich könnte die Reformierung des Invaliditätspensionsbereichs als Vorbild gelten, was für Arbeitgeber wie Arbeitnehmer eine interessante Alternative zum Bonus-Malus-System darstellen könnte. Oder anders gesagt: „Liberale Ansätze dieser Art, die Leistungen, Arbeitsanreize und Anreize zur Prävention miteinander verknüpfen, sind eine wertvolle Lektion, die vor allem aus den niederländischen Erfahrungen in der Invaliditätsversicherung gezogen werden können.“ (siehe Gasior et al., 2012)
Das Experience Rating ist ebenfalls ein erfolgreiches Modell, das so- wohl für den Arbeitgeber als auch für den Arbeitnehmer Anreize schafft, frühzeitig präventiv tätig zu werden, um Krankheit bzw. Invalidität zu ver- hindern, und das mit Erfolg.
Schweden bildet insofern eine Ausnahme der hier vorgestellten Länder, als dass es bereits seit Jahrzehnten eine hohe Erwerbsquote der älteren Arbeitnehmer aufweist.
Trotz des bereits hohen Niveaus ist die Erwerbsquote der Älteren seit 2000 um weitere sieben Prozentpunkte gestiegen. Ähnlich wie in Deutschland nimmt auch in Schweden die Arbeitslosigkeit unter den Älteren nicht zu, sondern ist relativ konstant. Dies war nur während der zwei Jahre der Wirtschafts- und Finanzkrise kurzfristig anders.
Reformen, die den Arbeitsanreiz erhöhen
Der Hauptgrund für die hohe Erwerbsquote in Schweden ist die Ausgestaltung des Pensionssystems, das 2003 reformiert wurde. Der fundamentale Unterschied zum österreichischen Pensionssystem liegt darin, dass das schwedische System auf einem fixen Beitrag der Einzahler basiert und nicht auf einer von Vornherein feststehenden Pensionshöhe. Das bietet nicht nur eine hohe Flexibilität, sondern auch einen bedeutenden Anreiz länger zu arbeiten. Der Beitragszahler kann frei entscheiden, in welchem Alter er in Pension geht (innerhalb eines Korridors). Zusätzlich kann man innerhalb dieses Korridors (61 bis 69 Jahre) frei entscheiden, voll im Arbeitsmarkt tätig sein oder die Pension zu einem Viertel, zur Hälfte, zu drei Viertel oder voll zu beziehen, und die Arbeitszeit dementsprechend zu reduzieren. Egal für welche Variante man sich entscheidet, die bezogene Pension spiegelt die persönliche Einzahlung in das Pensionssystem wider. Das angesparte Kapital wird auf die erwartete Pensionsdauer (die sich an der Lebenserwartung orientiert) aufgeteilt. Daher ist ein späterer Pensionsantritt besonders attraktiv: aus einem späteren Pensionsantritt ergeben sich nicht nur höhere Einzahlungen, sondern auch eine geringere Auszahlungsdauer und damit eine höhere monatliche Pension. Um eine Teilpension zu beziehen, erlaubt man den Arbeitnehmern, sich schrittweise aus dem Arbeitsleben zurückzuziehen, ohne die Erwerbstätigkeit ganz aufzugeben.
Reformen, die den Ausstieg aus dem Arbeitsmarkt weniger attraktiv machen
In Schweden wird für die ersten 200 Tage 80 Prozent des letzten Lohnes als Arbeitslosengeld ausbezahlt (mit einer Untergrenze von 320 SEK bzw. Obergrenze von 680 SEK pro Tag). Bleibt man länger als 200 Tage arbeitslos, hat ein Arbeitnehmer weiter einen reduzierten Anspruch von 70 Prozent seines Lohnes. Die maximale Dauer des Bezugs von Arbeitslosengeld liegt in Schweden bei 300 Tagen bzw. 450 Tagen, wenn der Betreffende Kinder unter 18 Jahren hat. Wird in diesem Zeitraum ein vom Staat als angemessen erachtetes Jobangebot abgelehnt, gibt es für acht Wochen ein um 25 Prozent niedrigeres Arbeitslosengeld. Lehnt der Versicherte das Angebot zweimal ab, wird das Arbeitslosengeld für denselben Zeitraum um 50 Prozent reduziert. Eine dreimalige Ablehnung eines Arbeitsangebots hat den völligen Anspruchsverlust zur Folge: bei der Neuforderung müssen die Voraussetzungen des Arbeitslosengeldes wieder erfüllt werden.
Aktive Arbeitsmarktpolitik
Zu den größten Stärken des schwedischen Arbeitsmarktes gehört die niedrigere Langzeitarbeitslosigkeit der älteren Arbeitnehmer. 2007 wurde eine Initiative („Nystartsjobb“) gegründet, die dazu dienen soll, dass (Langzeit-)Arbeitslose schneller und leichter eine Anstellung über reduzierte Sozialbeiträge und Lohnsteuern finden können. Für jemanden, der über ein Jahr lang arbeitslos ist, stellt der Staat eine Förderung in der Höhe vom bis zu Zweifachen der für ihn aufgewendeten Sozialbeiträge in Aussicht. Die maximale Dauer des Bezugs ist ein Jahr für Arbeitnehmer zwischen 20 und 25 Jahren, fünf Jahre für Personen zwischen 26 und 54 Jahren und zehn Jahre für Berechtigte über 55 Jahren. Obwohl diese Maßnahmen nicht unumstritten sind[8], galt in Schweden 2010 nur jeder dritte ältere Arbeitslose als langzeitarbeitslos, während dies in Österreich auf jeden zweiten zutrifft.[9]
Sehr kontrovers diskutiert wird die sogenannte LIFO-Regelung. Das „Last-In First-Out“- Prinzip (LIFO) wurde Anfang der 1980er-Jahre eingeführt und besagt, dass im Falle einer Kündigung derjenige den Betrieb verlassen muss, der am kürzesten angestellt ist. Ältere Arbeitnehmer waren durch diese Regelung doppelt geschützt. Einerseits sind zumeist ältere Beschäftigte länger bei einer Firma angestellt, andererseits zählt ein Beschäftigungsmonat eines über 45-Jährigen doppelt bei der Berechnung der Beschäftigungsdauer (maximal 60 zusätzliche Monate). Schweden erkannte die Probleme dieses starken Kündigungsschutzes im Fall längerer Dienstzeit und daher wurde auch dieser schrittweise wieder abgebaut. So gilt er seit 2001 nur mehr für Firmen mit mehr als zehn Arbeitnehmern. Below und Thoursie (2010) zeigen jedoch, dass der starke Kündigungsschutz für Ältere kaum Auswirkungen auf deren Beschäftigung hatte. Dies begründen die Autoren vor allem damit, dass die LIFO-Regelung relativ leicht umgangen werden kann[10]: Sie gilt nämlich nur dann, wenn die Aufgaben des zu kündigenden – meist jüngeren – Arbeitnehmers von einer anderen Person innerhalb des Betriebs übernommen werden können. Ob dies so ist, entscheidet der Arbeitgeber selbst. Die Kosten einer Kündigung (Abfertigung) werden übrigens zumeist nicht vom Betrieb, sondern aus einem Fonds finanziert, in den alle Betriebe einzahlen. Auch kann der Arbeitgeber mit der Gewerkschaft über eine Kündigung verhandeln. Daher hatte die bereits erwähnte Aufweichung der LIFO-Regelung 2001 nur geringe Auswirkungen. Auch aus diesen Gründen darf angezweifelt werden, dass der Kündigungsschutz für Ältere für das „Beschäftigungswunder“ Schwedens ausschlaggebend ist.
Warum hat ein schwedischer Arbeitgeber einen höheren Anreiz einen älteren Arbeitnehmer anzustellen als ein österreichischer? Schweden profitiert bei der Aktivierung älterer Arbeitnehmer insbesondere davon, dass das Senioritätsprinzip vergleichsweise schwach ausgeprägt ist. Während es in Österreich nicht untypisch ist (siehe Abbildung 27), einen mit dem Alter stetig steigenden Lohn zu erhalten, hängen die Löhne in Schweden stärker von der Arbeitsproduktivität ab. Diese steigt mit der Arbeitserfahrung an, ab einem bestimmten Alter geht sie jedoch tendenziell zurück.[11] Daher verlaufen die schwedischen Lohnkurven ziemlich flach, was die Kosten für die Arbeitgeber – anders als in Österreich – unabhängig vom Alter der Arbeitnehmer relativ konstant hält.
Die Aktivierung der älteren Arbeitnehmer hat Schweden mit gesundheitspolitischen Maßnahmen unterstützt. Um die Beschäftigung der Älteren zu erhöhen, wurde der Arbeitgeber dazu verpflichtet, für den Arbeitnehmer, der länger als 90 Tage im Krankenstand war, eine andere, den Bedürfnissen des Arbeitnehmers angepasste Tätigkeit anzubieten. Damit die Aktivierung der Älteren nicht zu Mehrkosten des Gesundheitssystems führt und ältere Arbeitnehmer statt in Beschäftigung im Krankenstand landen, wurde eine enge Zusammenarbeit mit Hausärzten und einer staatlichen Gesundheitsbehörde eingeführt. Es wurden zahlreiche medizinische Richtlinien zur Reduktion krankheitsbedingter Fehlzeiten eingeführt.
Für einen gut funktionierenden Arbeitsmarkt für Ältere gibt es keine Patentlösungen. Dass Schweden große Erfolge bei der Integration Älterer in den Arbeitsmarkt verzeichnen konnte, ist aber kein Zufall. Als Schweden in den 1990er-Jahren in der Krise steckte, hat die damals sozialdemokratische Regierung mit der Pensionsreform einen großen Anreiz zum längeren Arbeiten gegeben. Der größte Unterschied zum österreichischen Arbeitsmarkt ist die flache Lohnkurve, also das schwache Senioritätsprinzip in Schweden. Damit haben schwedische Unternehmen einen höheren Anreiz, Ältere zu beschäftigen. Diese Eigenschaft, kombiniert mit gesundheitspolitischen Maßnahmen und Reformen, die zur Senkung des Kündigungsschutzes und der Langzeitarbeitslosigkeit führten, unterstützen den Arbeitsmarkt für Ältere umfangreich. So ist die Erwerbsquote der 55- bis 64-Jährigen Arbeitnehmer fast doppelt so hoch wie in Österreich.
Die drei Vergleichsländer besitzen bei ihren institutionellen Rahmenbedingungen für ältere Arbeitnehmer viele Gemeinsamkeiten. Welche Faktoren für Erfolge ausschlaggebend sind, dürfte aber besser aus den Unterschieden abzulesen sein. Daher soll nochmals auf diese aufmerksam gemacht werden.
So stellen schon alleine die unterschiedlichen Arten des Pensionssystems unterschiedliche finanzielle Anreize für längeres Arbeiten dar. Im österreichischen Pensionssystem sind Anreize für längeres Arbeiten, obwohl zum Teil gegeben, nicht für jeden klar ersichtlich. Weiters sind die Schlupflöcher in den Vorruhestand zu einem großen Teil immer noch vorhanden. Die Probleme mit der Invaliditätspension werden mittlerweile zwar angegangen (Streichung der befristeten Invaliditätspension,…) es herrscht aber immer noch Handlungsbedarf in diesem Bereich.
Österreichs Pensionssystem ist deutlich intransparenter als jenes in Schweden oder Deutschland – wobei die Umstellung auf ein Pensionskonto in den nächsten Jahren eine Verbesserung mit sich bringen wird. Vor allem in Schweden ist der Anreiz zum längeren Arbeiten für jeden klar durchschaubar und trägt damit stark zur Aktivierung älterer Arbeitnehmer bei. Diese Transparenz wäre deswegen wichtig, damit sich die Menschen in Österreich über die finanziellen Konsequenzen, die ein Ausstieg aus dem Arbeitsleben für sie persönlich haben würde, ein möglichst genaues Bild machen können und sie keine bösen Überraschungen erleben.
Was sich in den verglichenen Ländern stark unterscheidet ist die Dauer, für die Arbeitslosengeld bezahlt wird. Während die Niederlande einen relativ langen Bezug erlauben, ist dieser in Schweden und Deutschland stark gekürzt worden. In Österreich ist die Bezugsdauer auf ein Jahr begrenzt. Trotzdem kann diese auf 5 Jahre verlängert werden, wenn man sich in Schulung befindet. Bei dieser langen Bezugsdauer besteht die Gefahr, dass Arbeitslose gar nicht nach Arbeit suchen und zu einem späteren Zeitpunkt nur mehr schwer in den Arbeitsmarkt integrierbar sind (siehe Euwals et al., 2009).
Das größte Problem der Älteren am Arbeitsmarkt ist die Langzeitarbeitslosigkeit. Um diese zu bekämpfen, werden in allen Ländern finanzielle Anreize zur Anstellung dieses Personenkreises geboten. Mit unterschiedlichem, aber zumeist mäßigen Erfolg, obwohl die Anreizsysteme in allen Ländern sehr ähnlich strukturiert sind. Es fällt jedenfalls auf, dass jegliche Subventionen von Beschäftigungsverhältnissen älterer Arbeitnehmer in Ländern mit hohem Senioritätsprinzip (Niederlande, Österreich) nur mäßig erfolgreich sind. Vor allem in Österreich zeigt sich, dass die Kombilohnbeihilfe sowie die Eingliederungsbeihilfe nicht die erwünschten Ergebnisse erzielt – nicht zuletzt, weil lediglich Symptome bekämpft werden, nicht aber die Ursache. So verlieren rund 50 Prozent der Kombilohnbezieher nach Auslaufen der Subvention wieder ihren Job.
Dies könnte an den unterschiedlichen Ausprägungen des Senioritätsprinzips liegen. Vergleicht man die Lohnkurven in den genannten Ländern, so zeigt sich recht klar, dass das Senioritätsprinzip, das in den Niederlanden und auch in Österreich sehr stark ausgeprägt ist, den Chancen älterer Arbeitnehmer auf dem Arbeitsmarkt offensichtlich nicht sehr förderlich ist. Während das Verhältnis zwischen den Löhnen junger Arbeitnehmer und Älterer im Jahr 2012 in Deutschland und Schweden in der Nähe des EU- Schnitts von 1,35 lag, so verdienen in den Niederlanden und Österreich die älteren Arbeitnehmer im Schnitt um das 1,6-fache mehr als Jüngere.
In Schweden ist dies gelungen, indem man im öffentlichen Sektor mit gutem Vorbild voranging und das Senioritätsprinzip durch ein Leistungsprinzip ersetzte. Mehr als 90 Prozent der schwedischen Beamten sind aktuell von diesem Leistungsprinzip erfasst. Jährlich wird dort die Leistung der Arbeiter objektiv erfasst – mit den entsprechenden Konsequenzen. Bei höherer Leistung steigt das Gehalt, bei niedriger Leistung sinkt es.
Der lange Bezug von Arbeitslosengeld in Kombination mit einer hohen Lohnkurve dürfte dazu beigetragen haben, dass die Aktivierung von älteren Arbeitnehmern in den Niederlanden weniger erfolgreich war (trotz der positiven Reformmaßnahmen durch das Gatekeeper-Protokoll und die Einführung des Experience Ratings) – dort ist die Arbeitslosenrate kontinuierlich gestiegen, blieb aber trotzdem auf überschaubarem Niveau. In welchem Ausmaß beide Faktoren dazu beigetragen haben ist schwer feststellbar. Trotzdem ist nicht von der Hand zu weisen, dass in Ländern wie Schweden und Deutschland die Kombination aus flacheren Lohnkurven und einer kürzeren Bezugsdauer von Arbeitslosengeld die Integration der Älteren in den Arbeitsmarkt erleichtert. Daher ist in Anbetracht des stark ausgeprägten Senioritätsprinzips und der langen Bezugsdauer des Arbeitslosengeldes in Österreich zu befürchten, dass die Aktivierung von älteren Arbeitnehmern unter den gegebenen Rahmenbedingungen ein schwieriges Unterfangen werden wird. Nicht weil diese den Jüngeren Arbeitsplätze wegnehmen, sondern weil die Älteren selbst nur schwer in Arbeit zu halten sind bzw. gebracht werden können.
Die interessantesten Reformen der untersuchten Länder werden abschließend nochmal in Tabelle 1 zusammengefasst.
Fußnoten
Fast schon im Wochentakt schlagen bei den Unternehmen neue Regeln auf. Es kann schon längst nicht mehr als EU-Bashing gelten, den Regelungswahn der Brüsseler Schreibtischakrobaten als unmäßig zu kritisieren. Wir werfen einen Blick in die Giftküche der Bürokratie.
Schwerpunkt 1: Mehr Wachstum braucht das Land! Wirtschaftswachstum ist in Österreich zu einem Fremdwort geworden. Nicht nur in der Statistik und in den Prognosen der Institute ist es inzwischen weitgehend der Stagnation gewichen. Auch in den Wahlprogrammen der Parteien kommt es kaum noch vor. Man sollte ja erwarten, dass ein Land, dessen reales Br
Wohnen ist in Österreich nicht teurer als in anderen europäischen Ländern. Die Wohnkostenbelastung liegt unter dem EU-Schnitt. Und doch gibt es Verbesserungsbedarf: Künftige Regierungen sollten den Aufbau von Wohneigentum in der Mitte der Gesellschaft erleichtern, den geförderten Mietmarkt treffsicherer machen und dafür sorgen, dass ausreiche
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Eigentlich wollte die Regierung ja die Staatsschulden senken und die Bürger entlasten. Beides ist leider spektakulär misslungen. In der kommenden Legislaturperiode muss die Politik das Ruder herumreißen und einen Sparkurs einschlagen. Die gute Nachricht: Es gibt ziemlich viele Maßnahmen, die man setzen kann.
Österreich gibt sehr viel Geld für Bildung aus – und bekommt dafür nur mittelmäßige Resultate. In Schulnoten ausgedrückt verdient der Bereich bestenfalls ein „Befriedigend“. Dabei wäre es gar nicht so schwer, Einserschüler zu werden, auf dem Bildungsmarkt gibt es viele gute Ideen. Die nächste Regierung muss das Rad also nicht neu erf
Gegründet um das Land in wirtschaftlichen und gesellschaftspolitischen Belangen zu öffnen und neue Antworten auf die großen Herausforderungen zu liefern.
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