Statt „Homeschooling“ hätte man von Anfang an auf „Distanzlehre“ setzen müssen. Wie viele Unternehmen in der Phase des Corona-Lockdowns festgestellt haben, sind die Tools zur digitalen Arbeit inzwischen sehr ausgereift und – nach einer kurzen Eingewöhnungsphase – auch sehr leicht zu bedienen. Unsere Berechnungen zeigen, dass es sich dabei um viel mehr handelt als nur eine kurze Phase, die für Eltern unangenehm ist. Es geht um den wirtschaftlichen Erfolg eines Landes – um die Karrieren sowohl der Eltern als auch ihrer Kinder. In Zukunft muss das österreichische Schulsystem auf einen Fall wie den Corona-Lockdown vorbereitet sein.
Notfallplan: Selbst, wenn es keine flächendeckende Schulschließung geben sollte, besteht dennoch die Gefahr, dass einzelne Schüler oder ganze Klassen aus dem Schulbetrieb gerissen bzw. Schulen geschlossen werden.
Eine erneute Abwälzung des staatlichen Bildungsauftrages an die Eltern ist nicht nur den Betroffenen nicht zumutbar, es verursachte auch erhebliche wirtschaftliche Kosten. Daher muss es einen klaren Notfallplan geben, der zumindest den Mindeststandard erfüllt. Das Bildungsministerium sollte sich so rasch wie möglich auf eine landesweit einzusetzende Software festlegen, mit deren Hilfe zu Hause bleibende Schüler am Unterricht teilnehmen können. Man kann auch nicht so lange zuwarten, bis alle Schüler mit einem Laptop vom Staat versorgt wurden, zumal dieser Prozess laut derzeitigem Vorhaben Jahre dauern wird. Deshalb sollte der Unterricht aufgezeichnet werden, damit auch Schüler in Quarantäne nicht den Anschluss verlieren. Es sollte einen digitalen Austausch zwischen den Schülern und Lehrern im Anschluss an die Schulstunde geben, um mögliche Probleme zu besprechen. In den Sommerferien wäre die Erstellung von Online-Unterrichtsstunden sinnvoll gewesen, wo sich Schüler informieren oder Inhalte wiederholen können. Das hätte die Schule nicht ins digitale Zeitalter gehoben, aber mit einer zielgerichteten Ausstattung an entsprechender Infrastruktur würde zumindest ein Zusammenbruch des Systems wie im Frühjahr verhindert.
Darüber hinaus gilt es, das Bildungssystem digitaler aufzustellen:
Ausstattung: Alle Schüler müssen über die entsprechenden Geräte verfügen, um digitale Inhalte nutzen zu können. Dies sollte sofort und nicht erst Ende des kommenden Jahres beginnen. Bis nach derzeitigem Plan der Regierung wirklich alle Schüler ihr Endgerät erhalten, wird es noch mehr als 5 Jahre dauern. Statt auf kostenlose Geräte zu setzen, sollte aber nach Bedarf gefördert werden. Dass es schneller geht, zeigte das Bildungsministerium selbst. Im April wurde angekündigt 12.000 Laptops und Tablets bei Bedarf bereitzustellen. Eine parlamentarische Anfrage der NEOS zeigt nun aber auch, dass der Bedarf offensichtlich nicht so groß ist. Lediglich 7.221 Geräte wurden bisher abgerufen.[1]
Ausbildung: Alle Lehrer müssen über die entsprechenden Kompetenzen im Umgang mit den Endgeräten, Lernprogrammen und pädagogischen Aspekten der Digitalisierung verfügen. Eine Untersuchung der Europäischen Kommission aus dem Jahr 2019 zeigt, dass Österreich hier auf allen Bildungsstufen hinterherhinkt.[2] Dieses Problem gilt es jetzt im Sommer anzugehen. Das hat offensichtlich auch das Ministerium erkannt. Lehrer sollen im August mittels Online-Videos eine Einschulung erhalten. Warum man hier wertvolle Zeit verstreichen ließ, ist hingegen weniger verständlich. So besteht jedenfalls die Gefahr, dass es in der kurzen Zeit zu Problemen kommt. Besondere Umstände erfordern auch mal besonderen Einsatz. Grabenkämpfe zwischen Gewerkschaft und Ministerium dürfen nicht länger auf den Rücken der jungen Menschen ausgetragen werden.
Entwicklung der Lernsoftware: Dieser Punkt umfasst weit mehr als nur das Bereitstellen eines PDFs zum entsprechenden Lehrbuch. Schriftliche Materialien könnten durch audio-visuelle Elemente aufgelockert werden. Mit Hilfe der Resultate kann über Algorithmen zusätzlicher Lerninhalt individuell bereitgestellt werden, so dass jeder Schüler in seinem Tempo verständlich die Inhalte vermittelt bekommt. Das Beispiel der New Yorker „School of One“ zeigt, dass die Nutzung solcher Technologien vor allem die Leistungsschwächeren unterstützen kann, gleichzeitig aber auch den Leistungsstarken ein adäquates Lehrangebot bietet.[3] Auch digitale Vorreiter wie Estland zeichnen sich nicht nur dadurch aus, dass sie die besten PISA-Ergebnissen erzielen, sondern auch dadurch, dass sie eine große Gruppe an leistungsstarken Schülern sowie eine kleine Gruppe an leistungsschwachen Schülern haben, wie die Agenda Austria bereits voriges Jahr aufgezeigt hat.[4]
Virtuelle Klassenräume: Ähnlich wie in den Fremdsprachen oder Naturwissenschaften ist auch die Fähigkeit des
selbständigen Lernens sehr unterschiedlich verteilt. Daher braucht es neben den Lernmaterialien auch mehr Hilfestellung durch die Lehrer. Sie kennen die Schwächen und Stärken der Schüler und können so mehr Einfluss auf den Lernerfolg der Kinder nehmen.
Neben den Lernanwendungen gibt es mittlerweile auch eine Vielzahl an Programmen, die eine Videoschaltung zwischen Lehrern und Schülern und damit eine Art virtuelles Klassenzimmer ermöglichen. In Frankreich gibt es mit „Ma classe à la maison“ dieses virtuelle Klassenzimmer bereits. Hier findet sich nicht nur das Unterrichtsprogramm aller Jahrgänge, es gibt auch die Möglichkeit für Lehrer und Schüler, sich zu gemeinsamen Sitzungen zusammenzuschließen. Das hat sich insbesondere in Zeiten der Schulschließung bewährt, wie Bildungsminister Jean-Michel Blanquer hervorhob. Auch für Estland, Finnland oder die Niederlande ist e-Learning keine vollkommen neue Situation. Damit der Unterricht auch in Österreich im Falle einer erneuten Schulschließung aufrechterhalten werden kann, braucht es dringend das virtuelle Klassenzimmer.
Die technischen Möglichkeiten dazu sind bereits seit längerer Zeit vorhanden. Alle großen Player der Software-Industrie bieten inzwischen Tools für die Virtualisierung der Schule an. Dabei nutzen die Angebote bestehende „Ökosysteme“ aus Office-, Cloud- und Kommunikationsprogrammen. Daher wäre es sinnvoll, wenn man sich zumindest innerhalb einer Schule auf ein bestimmtes Tool einigen könnte – besser noch innerhalb eines Bezirks oder sogar Bundeslandes. Idealerweise sollten diese Überlegungen auch bei der Anschaffung von Hardware für Schule und Schüler einbezogen werden. In den USA hat der Tech-Gigant Google mit seiner „Classroom“-Suite in Kombination mit seinen „Chromebooks“ großen Erfolg, da beide Produkte vergleichsweise günstig sind. Auch Microsoft und Apple bieten ähnliche Lösungen an, die jenen für Unternehmen im Home-Office stark ähneln (etwa „Microsoft Teams“). Apple ist bei den Hardware-Optionen deutlich restriktiver. Neben den Angeboten der großen US-Firmen gibt es eine ganze Reihe von Programmen, die ebenfalls sehr ausgereift sind. Etwa „Moodle“, „Canvas“ oder „Blackboard Learn“.
Eine weitere Möglichkeit, die in der Corona-Zeit oft genutzt wurde: Die Schüler dort abzuholen, wo sie sind. Also bei „Whatsapp“ oder „Zoom“. Diese Kommunikationstools sind aber nicht per se für den Fernunterricht gemacht. Auch aus Datenschutzgründen könnte der „wilde“ Einsatz verschiedenster Programme auf Dauer zu Problemen führen.
Es wäre gut, wenn das österreichische Bildungsministerium schon gestern mit der Umsetzung dieser Beispiele aus anderen Ländern begonnen hätte. Statt darauf zu hoffen, dass Schüler und deren Eltern das schon irgendwie schaffen werden. Der nächste Lockdown darf bildungstechnisch nämlich nicht mehr so ablaufen wie der aktuelle.
Fußnoten
Die Staatsschulden sind rasant gestiegen, das Defizit wächst. Österreich muss rasch Maßnahmen setzen, um das Budget zu sanieren. Aber wie soll das gehen, ohne die Wirtschaftskrise zu verschärfen? Die Agenda Austria hat ein Konzept erarbeitet, mit dem der Staat schon im kommenden Jahr knapp 11 Milliarden Euro einsparen kann. Bis zum Ende des Jah
Fast schon im Wochentakt schlagen bei den Unternehmen neue Regeln auf. Es kann schon längst nicht mehr als EU-Bashing gelten, den Regelungswahn der Brüsseler Schreibtischakrobaten als unmäßig zu kritisieren. Wir werfen einen Blick in die Giftküche der Bürokratie.
Schwerpunkt 1: Mehr Wachstum braucht das Land! Wirtschaftswachstum ist in Österreich zu einem Fremdwort geworden. Nicht nur in der Statistik und in den Prognosen der Institute ist es inzwischen weitgehend der Stagnation gewichen. Auch in den Wahlprogrammen der Parteien kommt es kaum noch vor. Man sollte ja erwarten, dass ein Land, dessen reales Br
Wohnen ist in Österreich nicht teurer als in anderen europäischen Ländern. Die Wohnkostenbelastung liegt unter dem EU-Schnitt. Und doch gibt es Verbesserungsbedarf: Künftige Regierungen sollten den Aufbau von Wohneigentum in der Mitte der Gesellschaft erleichtern, den geförderten Mietmarkt treffsicherer machen und dafür sorgen, dass ausreiche
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Eigentlich wollte die Regierung ja die Staatsschulden senken und die Bürger entlasten. Beides ist leider spektakulär misslungen. In der kommenden Legislaturperiode muss die Politik das Ruder herumreißen und einen Sparkurs einschlagen. Die gute Nachricht: Es gibt ziemlich viele Maßnahmen, die man setzen kann.
Gegründet um das Land in wirtschaftlichen und gesellschaftspolitischen Belangen zu öffnen und neue Antworten auf die großen Herausforderungen zu liefern.
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