Regelmäßig gehen alarmierende Meldungen durch die Öffentlichkeit, wonach die Ungleichheit in Besorgnis erregendem Ausmaß steige. So rechnet etwa die NGO Oxfam jedes Jahr auf zweifelhafte Weise vor, dass wenige Superreiche genauso viel besitzen wie der Rest der Welt.
Solche Rechnungen führen in die Irre und verschleiern, dass es den Armen immer besser geht – der Globalisierung sei Dank.
Wer die Frage nach der Entwicklung von Armut und Reichtum mit Fakten beantworten will, muss sich zunächst entscheiden, worüber wir überhaupt sprechen: die Welt als Ganzes oder einzelne Nationen wie Österreich oder Deutschland. Zum Glück gibt es seit den späten 1980er-Jahren statistisches Material, weil überall in der Welt sogenannte Haushaltserhebungen zu Einkommen und Lebensstandard nach standardisierten Kriterien durchgeführt werden. Zwar sind diese im internationalen Vergleich von unterschiedlicher Verlässlichkeit, aber sie liefern inzwischen doch ein klar erkennbares Bild.
Wie sieht dieses Bild aus? Auf globaler Ebene ist es recht eindeutig: Teilt man die Weltbevölkerung in zehn Gruppen auf (von den 10 Prozent der Ärmsten bis zu den 10 Prozent der Reichsten), dann nahmen im Zeitraum 1988 bis 2011 die Realeinkommen aller zu:
Allerdings wurden nicht alle im gleichen Ausmaß reicher. Am stärksten gewann die (neue) globale Mittelschicht – also die Einkommensbezieher, die nicht zum obersten und nicht zum untersten Viertel zählen. Darunter finden sich vor allem die meisten Bewohner der wirtschaftlich schnell wachsenden, bevölkerungsreichen Länder der Welt, allen voran China und zunehmend auch Indien. Die Ärmsten (die untersten 25 Prozent der Einkommensbezieher), vornehmlich in Afrika, profitierten deutlich weniger. Ähnliches gilt für den Großteil der „Reichen“ (die obersten 25 Prozent der Einkommensbezieher) – im globalen Maßstab sind das die Bewohner der traditionellen Industrieländer. Dort gewannen offenbar die wenigen „Superreichen“ (die Top-5- oder gar das Top-1-Prozent) überdurchschnittlich hinzu – allerdings nicht annähernd so stark wie die neue globale Mittelschicht.
Globales Fazit: Es kann nicht die Rede davon sein, dass die Armen ärmer und die Reichen reicher werden. Ganz im Gegenteil: Weltweit sind riesige Bevölkerungsgruppen, die vormals bitter arm waren, zu einem neuen globalen Mittelstand herangewachsen. Die Öffnung Chinas und Indiens, aber auch das Aufholwachstum von Teilen Südostasiens und Lateinamerikas sind dafür überragende Beispiele. Dies ist eine hocherfreuliche Entwicklung, ein maßgeblicher Erfolg der Globalisierung. Problematisch daran sind zwei Fakten: das Zurückbleiben von Afrika sowie die offenbar recht ungleichen Gewinne in der Gruppe der wohlhabendsten Länder der Welt, wo anscheinend die Superreichen dem Rest der Gesellschaft ein Stück davongeeilt sind.
Genau dieses Phänomen beherrscht die Diskussionen in den Nationen Europas und Nordamerikas. Tatsächlich hat sich die Einkommensungleichheit in den meisten traditionellen Industrieländern erhöht, wie der sogenannte Gini-Koeffizient zeigt. Er nimmt einen Wert zwischen Null und Eins an: Während bei einem Wert von Eins eine Person das gesamte Volkseinkommen bezieht, würden bei einem Wert von Null alle Personen das gleiche Einkommen beziehen. Ein höherer Gini-Koeffizient bedeutet also mehr Ungleichheit. Zwischen Mitte der 1980er-Jahre und 2013 stieg er in den Industrieländern spürbar an:
Österreich und Deutschland weisen in diesem Vergleich eine mittelgroße Ungleichheit auf; noch besser liegen die skandinavischen Länder. Der Befund macht eines glasklar: Der Trend zu mehr Ungleichheit ist ein weitverbreitetes Phänomen, er beruht nicht auf nationalen Zufälligkeiten.
Deshalb liegt eine Frage sehr nahe: Sind etwa das massive Wachstum des neuen globalen Mittelstands und die weit verbreitete, moderate Zunahme der Einkommensungleichheit in Industrieländern zwei Seiten einer Medaille? Die Antwort lautet: Ja, und sie ist inzwischen in der Wissenschaft kaum noch strittig. Offenbar ist Folgendes passiert: Der Wachstumsweg in die globalisierte Informationsgesellschaft brachte überall absolute Gewinner (siehe Abb. 3), aber relativ gewannen die Arbeitskräfte in den aufstrebenden Entwicklungsländern zulasten der Arbeitskräfte im industrialisierten Teil der Welt. Mit dem Aufstieg Chinas und Indiens wurde teure Arbeit durch billige Arbeit ersetzt. Gleichzeitig wurden hierzulande aufgrund der technologischen Entwicklung auch Arbeitsprozesse wegrationalisiert: Traditionelle Industriejobs entfielen und neue Dienstleistungen entstanden, allerdings mit sehr unterschiedlicher ökonomischer Wertigkeit – von der hochqualifizierten Facharbeit in der Informationstechnologie bis hin zum einfachen persönlichen Service etwa in Sicherheits-, Transport- und Pflegediensten. Genau dieser Umstand lieferte einen weiteren Grund zur Einkommensspreizung. Hinzu kam schließlich die Globalisierung der Finanzmärkte. Sie machte es schwieriger, Kapitalerträge zu besteuern. Ersparnisse sind heute international noch viel mobiler als Arbeitskräfte, was dazu führte, dass die Steuerlast auf Zinsen und Dividenden im globalen Wettbewerb eher abnahm. Die sehr Wohlhabenden, die mehr an derartigen Einkünften haben, litten also hierzulande weit weniger unter der neuen globalen Konkurrenz als die Bezieher mittlerer und niedrigerer Einkommen, die vor allem vom Arbeitslohn leben. Zumindest galt dies bis zur Weltfinanzkrise ab 2008, die dann natürlich auch die Reichen besonders stark traf und den langfristigen Trend zu niedrigeren Zinsen noch verstärkte.
Soweit die Quintessenz der Verteilungsgeschichte – global und national. Global ist diese im Wesentlichen ein riesiger Erfolg der Marktwirtschaft: Aufstieg der großen Entwicklungsländer, genau das haben wir uns immer gewünscht – als positive, liberale Vision einer Welt, die zusammen wächst und zusammenwächst! National hat die Entwicklung einen Preis, den man aber zumindest im deutschsprachigen Raum der Europäischen Union nicht dramatisieren sollte: Noch immer weisen Österreich und Deutschland relativ niedrige Messzahlen der Ungleichheit aus, gerade auch im internationalen Vergleich mit Großbritannien und den Vereinigten Staaten. Wichtiger noch: Seit einigen Jahren ist es gelungen, eine weitere Öffnung der Schere zu vermeiden:
In beiden Ländern beobachten wir nämlich – im Unterschied zu den USA – seit 2007 eher eine sinkende Ungleichheit (Abnahme des Gini-Koeffizienten), und dies von einem ohnehin deutlich niedrigeren Niveau! Ein Grund dafür könnte sein, dass der deutschsprachige Raum mit seiner traditionell starken, weltmarktorientierten Industrie die Weltfinanzkrise und ihre Folgen relativ gut überwunden hat. Zumindest in Deutschland ist deshalb die Arbeitslosenquote durch vergleichsweise gutes Wirtschaftswachstum auf das tiefste Niveau seit den frühen 1990er-Jahren gesunken – ein Trend, von dem endlich auch die unteren Einkommensschichten durch deutliche Erhöhungen der Reallöhne profitiert haben.
Fazit: Es gibt in Ländern wie Österreich und Deutschland keinerlei Grund für eine panikartige Furcht vor einer Spaltung der Gesellschaft durch dramatisch zunehmende Ungleichheit. Entsprechend gibt es auch keinen Grund, über massive Korrekturen der Markteinkommen durch zusätzliche Besteuerung der „Reichen“ und Unterstützung der „Armen“ politisch nachzudenken. Was die jüngste Erfahrung dagegen lehrt, ist die Bedeutung eines nachhaltigen Wirtschaftswachstums, einer innovations- und exportfähigen Industrie sowie eines aufnahmefähigen Arbeitsmarkts. All dies spricht dafür, dass es weiter auf die klassischen Stärken des deutschsprachigen Raums ankommt: auf Bildung und Wissenschaft sowie die Integration in die Weltwirtschaft. Die beste Verteilungspolitik ist eine gute Wachstumspolitik, die traditionelle Stärken pflegt, aber auch Schwächen beseitigt.
Zu den Schwächen zählt in Deutschland und Österreich vor allem die Gründerkultur. Dies gilt gerade auch im Vergleich zu Ländern wie Großbritannien, Israel und den Vereinigten Staaten, die weit mehr Ungleichheit zulassen, als sie hierzulande üblich ist. Es stellt sich deshalb eher die Frage, ob eine allzu starke Fixierung auf die Spaltung der Gesellschaft nicht andere Themen in den Hintergrund drängt, die langfristig von überragender Bedeutung sind, und zwar für beides: die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit und den sozialen Zusammenhalt. Jedenfalls sind dies wichtigere Themen als das allfällige Flackern eines Gini-Koeffizienten.
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