Das Simulationsmodell zeigt, dass die demografischen Gegebenheiten in Österreich vor allem zwischen 2025 und 2035 enorme Auswirkungen auf die Finanzierbarkeit des Pensionssystems haben werden. Dann wird die Rechnung dafür ausgestellt, dass:
Es wurde gezeigt, dass einzig ein Anstieg des Pensionsantrittsalters um drei Monate pro Jahr das System (also die zu zahlenden Beiträge sowie die Pensionen) langfristig stabil hält und nur in diesem Fall inflationsbereinigt nicht noch mehr Mittel vom Staat benötigt werden. In allen anderen Modellen steigt der Zuschuss aus dem Staatshaushalt, der letztlich von allen Steuerzahlern bezahlt werden muss.
Vonseiten der Politik ist immer wieder zu hören, die höhere Lebenserwartung und die Pensionierung der Babyboomer hätten keine allzu großen Auswirkungen auf das österreichische Pensionssystem. Diese Annahme verdient eine tiefergehende Betrachtung.
In der politischen Diskussion wird gerne argumentiert, dass die österreichischen Pensionen sicher seien, das österreichische System also nachhaltig sei, weil das nun leicht steigende tatsächliche Pensionsantrittsalter ohnehin für mehr Beitragszahler und weniger Pensionisten sorge. Eine Modellsimulation legt offen, dass der tatsächliche Anstieg des Pensionsantrittsalters dazu aber viel zu schwach ausfällt und dieses Argument daher nicht stark belastbar ist. Wir unterscheiden in der Simulation vier Szenarien:
Wie würde sich nun der jährliche Zuschuss aus dem Budget in diesen Szenarien entwickeln?
Das bedeutet:
Derzeit geht die Pensionskommission davon aus, dass das Pensionsantrittsalter im Jahr 2060 bei 60,8 Jahre liegen wird (derzeit 58,6 Jahre). Pro Jahr stiege das AntrittsalterDas gesetzliche Antrittsalter von Frauen wird in Österreich bis 2033 stufenweise auf 65 Jahre angehoben und damit an jenes der Männer angeglichen. Das tatsächliche Antrittsalter liegt aktuell für Männer bei circa 62, für Frauen bei 61 Jahren. also nur um einen halben Monat.
Interessant ist aber auch, wie sich das Pensionsantrittsalter zu jedem Zeitpunkt entwickeln müsste, um den Bundesbeitrag real auf konstantem Niveau zu halten – also, um nicht mehr als bisher auszugeben.
Wenn sich im System außer dem Pensionsantrittsalter nichts ändert, dann muss ein Österreicher im Jahr 2034 bis 65 arbeiten. Ein anderes Beispiel: Jemand, der 1980 geboren ist, kann erst im Alter von knapp 70 Jahren in Pension gehen. Das prognostizierte Pensionsantrittsalter der Pensionskommission (2013) liegt aber deutlich unter diesen Werten.
Dass es spürbar mehr Einzahler ins System geben wird, ist aus heutiger Sicht eine gewagte Annahme, weil die Erwerbsquote bei den 15- bis 55-Jährigen bereits relativ hoch ist. Deutlich mehr Möglichkeiten gibt es bei den 55- bis 64-Jährigen oder durch verstärkte Zuwanderung – nur sind diese beiden Faktoren in den Modellen schon berücksichtigt. Außerdem verschiebt sich das Problem dadurch zum Teil in die Zukunft, weil mehr Beitragszahler später mehr Pensionsbezieher bedeuten. Und je länger nicht reformiert wird, umso schwerer sind Änderungen politisch durchzusetzen, da es immer mehr Pensionisten gibt.
Das bedeutet:
Dieses Argument stützt sich darauf, dass die Einzahlungen ins Pensionssystem ansteigen, wenn die Arbeitsproduktivität und damit die Bruttolöhne steigen. Wenn gleichzeitig die Pensionen nur um die Inflationsrate erhöht werden, wird das System entlastet. Das klingt zwar gut, ist so aber nicht argumentierbar: Produktivitätssteigerungen bedeuten nicht automatisch höhere Löhne. Falls doch, ist zu beachten, um wie viel die Löhne realistischerweise steigen könnten. In den vergangenen zehn Jahren sind die durchschnittlichen Bruttolöhne nominell um rund 2,5 Prozent pro Jahr gestiegen, die jährliche Inflationsrate lag bei knapp zwei Prozent.[1] Abbildung 15 zeigt aber, dass zumindest eine nominelle Bruttolohnsteigerung von 3,3 Prozent nötig ist, um den Bundesbeitrag langfristig auf dem Niveau von 2012 zu halten (bei konstanter Inflation von zwei Prozent). Selbst wenn man so optimistisch ist, steigt der Bundesbeitrag zwischenzeitlich um ca. 70 Prozent, bis er später wieder auf das Niveau von 2012 zurückgeht – eine kostspielige Angelegenheit für den Staatshaushalt und ergo die Steuerzahler. Die Pensionskommission sagt es selbst, allerdings so verklausuliert, dass man es kaum versteht: „Höhere Lohnsteigerungen bzw. Beitragsgrundlagenzuwächse bedeuten langfristig auch höhere Pensionen, allerdings wirken diese Effekte in voller Höhe erst relativ spät bei jenen Pensionsneuzugängen, die gegen Ende des Prognosezeitraumes 2060 in Pension gehen.“ Mit anderen Worten: Das Problem wird in die Zukunft verschoben. Abgesehen vom bereits Gesagten bedeutet ein deutlicher Lohnanstieg im theoretischen Sinn nichts anderes als eine höhere Beitragsrate (siehe Knell, 2013).
Der Gedankengang hinter dieser Aussage lautet: Die Pensionen werden nur um die (niedrige) Inflationsrate angepasst, die Einzahlungen steigen gleichzeitig aber mit dem (höheren) Lohnwachstum. Die Differenz zwischen diesen beiden Werten hält das System finanzierbar.
Abbildung 16 zeigt allerdings, dass selbst eine niedrige Inflationsrate von 1,5 Prozent nicht reichen würde, um das Pensionssystem zu stabilisieren (bei konstantem Bruttolohnwachstum von 2,5 Prozent).
Abgesehen davon: Langfristig niedrige Inflationsraten (von circa ein Prozent) waren bisher eher selten. Eine Deflation wäre für die Republik überhaupt sehr gefährlich, da damit die Schulden teurer würden und schwerer bedient werden könnten. Und es besteht oft ein enger Zusammenhang zwischen der Inflationsrate und den Lohnsteigerungen.
Es führt kein Weg daran vorbei: Die Kosten, die eine höhere Lebenserwartung im Pensionssystem verursacht, müssen von irgendjemandem getragen werden. In Österreich finanzieren die Erwerbstätigen die zeitgleich ausbezahlten Pensionen für Personen im Ruhestand. Wachsen oder schrumpfen diese beiden Bevölkerungsgruppen in ähnlichem Maß, funktioniert dies gut. Wächst die Zahl der Pensionisten deutlich stärker, wie es der Fall ist, gerät das System aus dem Lot und die Politik muss eingreifen. Aber wie? Welche Möglichkeiten gibt es, die verschiedenen Generationen nicht allzu unterschiedlich mit der Finanzierung der Pensionen zu belasten?
Beim derzeitigen Stand sind es eindeutig die jüngeren Österreicherinnen und Österreicher, die doppelt belastet werden: Sie müssen tendenziell höhere Beiträge leisten (direkt oder indirekt über Steuern oder Verschuldung) und sie werden eine niedrigere Pension bekommen (kaufkraftbereinigt). Um dies zu vermeiden und den Menschen Vertrauen in das staatliche Pensionssystem zu geben, schlägt Agenda Austria vor, sich am schwedischen Pensionssystem zumindest zu orientieren oder es besser ganz zu übernehmen. Dort hängen, wie bereits dargelegt, die Pensionen von der Lebenserwartung ab. Dieser Grundgedanke könnte auf das österreichische System umgelegt bzw. dieses in „Richtung Schweden“ adaptiert werden. Konkret erfordert eine derartige Lösung des Problems folgende Schritte:
All diese Anpassungen im österreichischen System sind möglich, aber politisch nur schwer umsetzbar, wie die Erfahrung zeigt. Allein ein moderater Anstieg des Pensionsantrittsalters um drei Monate pro Jahr stellt hierzulande einen Kraftakt dar. Zwischen 2000 und 2012 (aktuellere Zahlen sind nicht verfügbar) ist das tatsächliche Pensionsantrittsalter für Männer um 18 Monate gestiegen – für eine nachhaltige Finanzierung hätten es in zwölf Jahren aber 36 Monate sein müssen. Bei den Frauen fiel die Steigerung noch geringer aus (siehe Abbildung 2). Der Politik ist es also nicht gelungen, hier entsprechende Vorgaben zu machen. Politisch war das auch gar nicht gewünscht.
Die Agenda Austria schlägt daher vor, ganz auf das schwedische Pensionsmodell umzusteigen, mit dem Ziel, das staatliche Umlagesystem langfristig finanziell abzusichern und das Vertrauen der Bevölkerung in das System zu stärken. Schweden ist es in den 1990er-Jahren gelungen, die drei oben beschriebenen Reformmaßnahmen auf einmal umzusetzen. Das Bewusstsein, dass das bis dahin gültige System nicht mehr haltbar war, schuf einen breiten, parteienübergreifenden Konsens und Willen, ein faires und finanziell stabiles Pensionssystem zu schaffen. Ein Arbeitskreis mit Mitgliedern aus allen sieben Parlamentsparteien setzte dieses Vorhaben um – mit dem Ergebnis, dass das schwedische Modell heute als Vorzeige-Pensionsmodell in ganz Europa gilt. Zu Recht, wie wir meinen.
Nicht zu vergessen ist auch die schnell steigende Zahl der Wähler, die kurz vor der Pensionierung stehen oder bereits Pension beziehen: Der politische Einfluss dieser Wählergruppe wird weiter steigen. Es ist also zu befürchten, dass die vorgeschlagenen, sinnvollen Reformmaßnahmen im Parlament nur schwer eine Mehrheit finden werden und die Finanzierungslast des bestehenden Pensionssystems die Jüngeren viel stärker treffen wird.
Fußnoten
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Gegründet um das Land in wirtschaftlichen und gesellschaftspolitischen Belangen zu öffnen und neue Antworten auf die großen Herausforderungen zu liefern.
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