Die österreichische Wirtschaft kämpft zunehmend mit dem Personalmangel. Das trifft auf spezialisierte Fachkräfte zu, geht mittlerweile aber weit darüber hinaus. Rund 200.000 Stellen lassen sich derzeit nicht besetzen. Das liegt nicht nur an der demografischen Entwicklung in Österreich; die geburtenstarken Jahrgänge verlassen aufgrund des starren Pensionsantrittsalters den Arbeitsmarkt, während kleinere Kohorten nachrücken. Es liegt aber auch am Trend zur Teilzeitbeschäftigung, den wir seit vielen Jahren sehen und der seit Corona noch einmal präsenter wurde. Das Arbeitsvolumen entwickelt sich seit Jahren deutlich schwächer als die Anzahl der Arbeitnehmer (vgl. Abbildung 2).
Dahinter steckt nicht nur die wiedergewonnene Liebe zur Freizeit, sondern vor allem eiskaltes Kalkül: Vollzeitarbeit lohnt sich schlichtweg kaum. Der Arbeitsmarkt steht vor strukturellen Herausforderungen: Gerade den Zuwanderern fehlt es an den passenden Qualifikationen, um die freien Stellen zu besetzen. Hinzu kommt das hausgemachte Problem, dass wir lieber Menschen im Osten des Landes in Arbeitslosigkeit lassen, statt sie in den Westen in Arbeit zu vermitteln. So bleibt das Potenzial ungenutzt.
Für welche Lösungen die politischen Parteien im Wahlkampf eintreten, fassen wir hier zusammen:
Die ÖVP glänzt mit einer Vielzahl konkreter Vorschläge und geht dabei in vielen Bereichen einen Schritt in die richtige Richtung, macht dann aber oft wieder zwei Schritte zurück.
So ist es zum Beispiel richtig, ältere Menschen im Arbeitsmarkt zu halten. Die ÖVP will die Abgaben für jene reduzieren, die nach dem Pensionsantrittsalter weiterarbeiten. Allerdings wehrt sie sich gegen eine Anhebung des Pensionsantrittsalters. Richtig und wichtig wäre es auch, die Vollzeitbeschäftigung finanziell wieder attraktiver zu machen. Einem Vollzeitbonus stellt sie allerdings eine Senkung des Eingangssteuersatzes entgegen, der wiederum Teilzeitbeschäftigung attraktiver macht. Statt sich auf die Entlastung der Überstunden zu stürzen, wäre es besser, Vollzeitbeschäftigte im Steuersystem zu entlasten. Positiv zu bewerten sind das degressive Arbeitslosengeld und die Abschaffung der geringfügigen Beschäftigung, die sich als Inaktivitätsfalle entpuppt hat. Allerdings bräuchte es auch mehr Anstrengung der überregionalen Vermittlung von Arbeitslosen. Die vereinfachten Qualifikationsanerkennungen für ausländische Arbeitskräfte sind ebenfalls gut; damit wird es leichter, den Arbeitskräftemangel auch über qualifizierte Zuwanderung zu senken.
Während die Konservativen sich beim Arbeitsmarkt darauf konzentrieren, den Mangel an Arbeitskräften für die Wirtschaft zu reduzieren, hat die SPÖ wenig überraschend die Stärkung der Arbeitnehmer im Fokus.
Sie schlägt ein Recht für Teilzeitbeschäftigte vor, ihre Stunden auszuweiten. Die Möglichkeit, vorübergehend bis zu 12 Stunden am Tag und 60 Stunden in der Woche zu arbeiten, soll wieder abgeschafft werden; All-in-Verträge nur mehr für Gutverdiener oberhalb der Höchstbeitragsgrundlage möglich sein. Sie will eine öffentliche Beschäftigungsgarantie und eine Reihe von Sozialleistungen (wie das Arbeitslosengeld) erhöhen und an die Inflation anpassen. Das Herzstück (und wohl weniger der Hirn-Teil im Programm) ist das Pilotprojekt zur Arbeitszeitverkürzung.
Die Absicht, qualifizierte Zuwanderung über die einfachere Anerkennung von Abschlüssen zu erleichtern, ist aber löblich. Auch beim Zwischenparken von Saisonbeschäftigten in der Arbeitslosenversicherung hat die SPÖ einen validen Punkt. Die Absicht, dem Arbeitsmarktservice Vorschriften zu machen, wohin Arbeitskräfte vermittelt werden sollen, ist hingegen problematisch. So sollen nur Jobs vermittelt werden, die der gewerkschaftlichen Forderung des Mindestlohns entsprechen. Überregionale Vermittlung soll weiter beschränkt, Zumutbarkeitsregeln und Sanktionen gelockert werden. Damit verweigert sich die Partei ein Stück weit der Realität im Land.
Obwohl die FPÖ eine Entlastung des Faktors Arbeit fordert, bleibt sie bei der Umsetzung ihrer Pläne vage.
Leistung soll sich lohnen und die Lohnnebenkosten sinken. Zuverdienste der Pensionisten sowie Mitarbeiterprämien sollen steuerlich entlastet und die kalte Progression vollständig abgeschafft werden. Konkret ausgeführt wird das aber nicht. Wie bei ÖVP und SPÖ traut man sich nicht mehr an die Pensionisten heran. Mit dem „Alters-Bonus“ will man sogar noch Geschenke an diejenigen verteilen, die kurz vor der Pension stehen. Damit würde man das System noch weiter in Schieflage bringen. Vielmehr bräuchte es ein höheres gesetzliches Pensionsantrittsalter. Dass eine Beschäftigungspflicht in Österreich nach der Ausbildung an hiesigen Universitäten einen positiven Beitrag zum Fachkräftemangel leisten kann, ist zweifelhaft. Auch wenn die Lehre eine wichtige Säule im Arbeitsmarkt ist, scheint eine staatliche Prämie von 5.000 Euro (plus derselbe Betrag für die Meisterprüfung) ein ungeeignetes Werkzeug, um die Lehre attraktiver zu machen. Auch bei der dringend benötigten Erhöhung qualifizierter Zuwanderung bleibt die FPÖ unkonkret und bietet keine klaren Lösungsansätze an. Es darf bezweifelt werden, dass sie dieses Potenzial für den Arbeitsmarkt überhaupt anzapfen will.
Die Vorschläge der Grünen gehen in eine Richtung, die dem aktuellen Bedarf des österreichischen Arbeitsmarktes widerspricht. Die geplante Arbeitszeitverkürzung auf 35 Stunden pro Woche würde den bestehenden Arbeitskräftemangel weiter verschärfen. Die jährliche Valorisierung und Erhöhung des Arbeitslosengeldes und der Notstandshilfe auf 70 Prozent führt zu erheblichen Mehrkosten. Auch wenn das Arbeitslosengeld am Anfang einer Arbeitslosigkeit im internationalen Vergleich niedrig ist, kann es in Österreich auf unbestimmte Zeit bezogen werden. Ohne die Einführung eines degressiven Systems hätten Arbeitslose noch weniger Anreiz, schnell wieder eine Stelle anzunehmen. Der Ausbau von Kindergärten, den im Grunde alle Parteien fordern und der dennoch schleppend umgesetzt wird, könnte Frauen den Einstieg in Vollzeit erleichtern, doch bei der Entlastung des Faktors Arbeit bleiben auch die Grünen sehr vage. Als Umweltpartei vielleicht nachvollziehbar, sollen Qualifizierungen besonders in Umweltberufe gefördert werden. Ob es dafür einen Bedarf gibt, bleibt abzuwarten. Positiv ist das Vorhaben, Asylsuchende in die Pflicht zu nehmen, und mit Sprachkursen direkt in den Arbeitsmarkt zu integrieren.
Die NEOS präsentieren einige Maßnahmen, die in die richtige Richtung gehen. Vieles bleibt im kürzesten Programm aller Parteien allerdings unkonkret.
Die Abgaben auf Arbeit sollen gesenkt werden. Netto sollen in Zukunft zehn Prozent mehr vom Brutto bleiben. Das macht Arbeit sicherlich wieder etwas attraktiver und ist wichtig, damit sich die Arbeitnehmer wieder mehr leisten können. Zusätzliche Potenziale werden damit aber nicht gehoben, da Teilzeit weiterhin attraktiver bliebe. Zielführender ist da schon der Vorschlag, das Pensionsantrittsalter (nach oben) zu flexibilisieren. Positive Effekte darf man sich auch von der Idee eines degressiven Arbeitslosengeldes erwarten. Die Vereinfachung des Sozialsystems in Richtung eines einheitlichen sozialen Netzes ist ebenfalls gut. Beides könnte helfen, Arbeitslose schneller und treffsicherer zu qualifizieren und zu vermitteln. Ohne entsprechende Möglichkeiten, die Vermittlung auch überregional zu gestalten, bleiben die Maßnahmen aber unter ihren Möglichkeiten.
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Gegründet um das Land in wirtschaftlichen und gesellschaftspolitischen Belangen zu öffnen und neue Antworten auf die großen Herausforderungen zu liefern.
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