Innenpolitik

Eine Steuerreform für die Ewigkeit: Die kalte Progression muss weg

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Wie andere Länder der kalten Progression einheizen

 

Nicht nur Österreich hat ein progressives Steuersystem. Auch andere Länder haben ihre Einkommensbesteuerung nach diesem Prinzip gestaltet. Damit steigende Preise nicht automatisch zu einer immer höheren Steuerbelastung führen, gibt es in zahlreichen Ländern Gegenmaßnahmen. So ist etwa die Regierung in Deutschland verpflichtet, die kalte Progression auszugleichen. In der Schweiz steht eine jährliche Anpassung der Tarife an die Inflation in der Verfassung. In Schweden geht man sogar einen Schritt weiter und passt die Tarife der Lohnentwicklung an. Damit wird sichergestellt, dass die Steuerbelastung nicht über die Steigerung des allgemeinen Wohlstands hinausgeht. Mit anderen Worten: In Schweden bleibt bei durchschnittlicher Lohnentwicklung das Verhältnis von Steuern zu Einkommen (Steuerquote) konstant. Nur wenn die Einkünfte schneller steigen würden als im Durchschnitt, würde auch die Steuerquote steigen.

Auch in Österreich wird den Menschen die Besteuerung der Inflation zurückgegeben. Allerdings geschieht das nicht selbstverständlich, sondern wird jedes Mal als größte Steuerreform aller Zeiten zelebriert.

Auch in Österreich wird den Menschen die Besteuerung der Inflation zurückgegeben. Allerdings geschieht das nicht automatisch und nicht selbstverständlich, sondern wird jedes Mal als größte Steuerreform aller Zeiten zelebriert. Und anders als bei einer Anpassung mittels objektiver Kriterien werden die Steuersenkungen in Österreich immer von diversen Interessengruppen gelenkt. So werden im Zuge der Rückgabe der kalten Progression meist auch jene Einkommen entlastet, die gar keine Steuern zahlen und somit auch von der kalten Progression nicht betroffen sind. Die letzte Steuerreform der aktuellen Regierung entlastet hingegen besonders Familien mit Kindern, während Kinderlose die kalte Progression nur teilweise zurückerhalten. Es gibt dabei also stets Gewinner und Verlierer.

  • Schweden: In Schweden wird die Einkommensteuer sowohl auf lokaler Ebene als auch vom Bund eingehoben. Die Bundessteuer ist eine Flat Tax in der Höhe von 20 Prozent, die derzeit ab einem Bruttoeinkommen von knapp 541.000 schwedischen Kronen (knapp 51.000 Euro) greift (Stand März 2022).[1] Kombiniert wird diese Bundessteuer mit regional unterschiedlich ausgestalteten zusätzlichen Steuersätzen von durchschnittlich rund 32 Prozent. Damit der steigende Wohlstand bei den Arbeitnehmern bleibt, wird zumindest die Grenze der Bundessteuer an die Lohnentwicklung im Land angepasst.[2] Bei einer durchschnittlichen Lohnsteigerung bleibt die Steuerlast in Relation zu den Einkünften also konstant. Nur wer über die allgemeine Entwicklung hinaus Einkommenszuwächse erzielt, zahlt auch einen höheren effektiven Steuersatz. Die Einkommensteuerbelastungsquote (Steuern in Relation zu den Einkünften) der Gesellschaft als Ganzes bleibt damit auch bei steigendem Wohlstand gleich hoch.
  • Schweiz: Im Schweizer System werden sowohl lokale (kantonale) als auch Bundessteuern eingehoben. Wie in Österreich reduzieren Beiträge zur Sozialversicherung und Absetzbeträge die Steuerbasis. Seit 2011 werden die Steuertarife (zum Großteil) automatisch der Preisentwicklung angepasst. Dies erfolgt anhand des 2011 erstellten „Landesindex der Konsumentenpreise“ mit dem Indexstand Juni. Liegt der Index im Juni eines Jahres oberhalb der letzten Anpassung, steigen die Tarifgrenzen um genau diesen Wert an. Die jeweiligen Steuerstufen greifen also erst ab einem höheren Einkommen. Dies gilt auf Bundesebene und weitestgehend auch auf kantonaler Ebene. Die jährliche Anpassung auf Bundesebene erfolgt automatisch und ist verfassungsrechtlich verankert. Auf lokaler Ebene wird die Anpassung zumeist ebenfalls jährlich und automatisch vollzogen, die Regeln in den Kantonen sind aber unterschiedlich. Eine negative Anpassung, also eine Herabsetzung der Tarifgrenzen bei negativer Preisentwicklung (Deflation), ist generell ausgeschlossen.
  • Spanien: Bis 2008 wurden die Tarifgrenzwerte pauschal und automatisch jedes Jahr um zwei Prozent erhöht; dies entspricht dem langfristigen Inflationsziel der Europäischen Zentralbank (EZB). Wegen der Finanzkrise wurde diese Anpassung ab 2008 bis auf Weiteres ausgesetzt.
  • Mexiko: In Mexiko werden die Tarifgrenzwerte verändert, wenn die kumulierte jährliche Inflation die Zehn-Prozent-Grenze erreicht. Eine vergleichbare Regelung mit fünf Prozent wurde in Österreich bereits 2016 unter dem damaligen Finanzminister Hans Jörg Schelling diskutiert.

Fußnoten

  1. Die Grenze wurde gegenüber dem Jahr 2021 um 3,3 Prozent angepasst. Vgl. https://www.skatteverket.se/privat/etjansterochblanketter/svarpavanligafragor/inkomstavtjanst/privattjansteinkomsterfaq/narskamanbetalastatliginkomstskattochhurhogarden.5.10010ec103545f243e8000166.html.
  2. Zuletzt um 3,3 Prozent. Eine Senkung im Falle von negativen Lohnzuwächsen ist dabei nicht vorgesehen.
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