Eine Branche, die besonders schwer von der Corona-Krise getroffen wurde, ist der Tourismus. Hier wirken sich die Effekte der Ausgangsbeschränkungen, der geschlossenen Grenzen und dem vorübergehenden Berufsverbot extrem negativ aus. Aufgrund des Coronavirus konnten inländische Touristen das zahlreiche Angebot der Beherbergungs- und Gastronomiebetriebe nicht nutzen und viele ausländische Touristen können dies auch weiterhin nicht. Mit Gutscheinen für „die Helden“ der Stunde wurden schnell auch Rettungsprogramme mal mehr und mal weniger ernsthaft medial lanciert. Eine wirkliche Lösung für die Branche, die auch strukturelle Probleme hat, findet sich hingegen gar nicht so leicht. Auch stellt sich mit zunehmenden Rettungsprogrammen die schwere Frage: Soll und kann der Staat denn überhaupt alles retten?
Wie wichtig offene Grenzen für den Tourismus sind, zeigen die Zahlen der letzten Jahre. So kamen im Jahr 2019 rund 32 Millionen Gäste nach Österreich, dabei überstieg deren Nachfrage nach Waren und Dienstleistungen jene der inländischen Touristen. Besonders bedeutend für den Tourismus sind unsere nördlichen Nachbarn aus Deutschland. Sie machten im Vorjahr etwas weniger als 40 Prozent aller Nächtigungen aus. Damit lag deren Anteil höher als alle anderen Gäste aus dem Ausland zusammengenommen. Auch spielt der Tourismus in Österreich im Vergleich zu anderen Ländern eine sehr bedeutende Rolle für die Gesamtwirtschaft.
In absoluten Zahlen betrug der Rückgang österreichweit fast 8 Millionen Übernachtungen, darunter mehr als 2,5 Millionen in Tirol, 1,5 Millionen in Wien und 1,3 Millionen in Salzburg. Der Rückgang bei den Übernachtungen geht mit einem entsprechenden Einnahmeausfall einher. Die um Kalendertage bereinigten Einnahmen aus der gesamten Wintersaison betrugen im Jahr 2020 12,3 Milliarden Euro und damit preisbereinigt um etwa 20 Prozent weniger als im Vorjahr. Dies entspricht einem Einnahmeausfall von rund drei Milliarden Euro.[1]
Gerade im Tourismus, aber auch in anderen Wirtschaftszweigen, wird es dauern, bis ein mit dem Vorjahr vergleichbares Geschäftsniveau erreicht wird. Daher ist es wichtig abseits des Konsums die finanzielle Situation der Unternehmen zu stärken. Gerade im Gastgewerbe würden folgende Maßnahmen eine deutliche Verbesserung darstellen.
— Eine der wichtigsten Maßnahmen, die von der Regierung gesetzt werden sollte, ist es, den steuerlichen Verlustrücktrag für die hiesigen Unternehmen auszuweiten. Dies bedeutet, dass die Gewinne der letzten Jahre mit den heuer und möglicherweise auch im kommenden Jahr anfallenden Verlusten verrechnet werden können. Damit würden speziell jene Unternehmen gestärkt, die vor der Krise gesund waren. Der Verlustrücktrag wäre ein wichtiges Element, um die angespannte Liquidität der Unternehmen zu verbessern und einer möglichen Pleitewellen entgegenzuwirken. Damit dies nicht erst zum Jahresabschluss geltend gemacht werden kann, sollte eine Vorausschau auf das laufende Jahr, ähnlich der Steuervorauszahlung, erfolgen und zur Jahresmitte eine Abrechnung ermöglichen. Auch in Deutschland wurde eine solche Maßnahme kürzlich verabschiedet, womit dieser Wettbewerbsnachteil österreichischer Unternehmen kompensiert werden sollte.
— Diese Maßnahme sollten von einer degressiven Abschreibung flankiert werden. Das heißt, dass ein Großteil der Investitionskosten bereits in den ersten Jahren abgeschrieben werden kann und in den Folgejahren dann absinkt. Dies hätte den Vorteil, dass Investitionen zum jetzigen Zeitpunkt attraktiver gemacht werden. Dieser Effekt kann zusätzlich verstärkt werden, indem diese Möglichkeit zeitlich beschränkt wird.
— Eigenkapital nicht mehr steuerlich benachteiligen. Ein Grund für die geringe Eigenkapitalquote besteht darin, dass Fremdkapital, also Kredite, steuerlich bevorzugt werden. So kann ein Unternehmer die Kosten des Kredites zur Minderung der Steuer einsetzen. Setzt der Unternehmer allerdings sein eigenes Geld ein, so muss er höhere Steuern zahlen. Die Regierung sollte daher nicht nur die Zinsen auf Fremdkapital, sondern auch eine marktübliche Verzinsung des Eigenkapitals steuerlich abzugsfähig machen.
— Kosten senken. Gerade in Westösterreich stellt der Tourismus einen wichtigen Wirtschaftsfaktor und damit einen wesentlichen Arbeitgeber dar. Aufgrund der Corona-Krise haben viele Menschen in der Branche Gastronomie und Gastgewerbe ihren Job verloren. Es wäre wichtig, neben dem Erhalt der Jobs durch die Kurzarbeit auch das Einstellen von Arbeitnehmern zu fördern. Hierzu sollte der Staat die Dienstgeberbeiträge zur Sozialversicherung für die Dauer von einem Jahr übernehmen und damit den Anreiz erhöhen, dass Arbeitgeber neue Jobs schaffen.
Am 6. Juni 2020 hat sich die deutsche Bundesregierung auf ein Konjunkturpaket verständigt, das unter anderem eine temporäre Senkung der Mehrwertsteuer vorsieht. So soll zwischen 1. Juli 2020 und 31. Dezember 2020 der Standardsatz von 19 auf 16 Prozent und der ermäßigte Satz von sieben auf fünf Prozent gesenkt werden. Auch Österreich hat als Corona-Hilfsmaßnahme die Abgabe auf nicht-alkoholische Getränke in der Gastronomie von 20 auf zehn Prozent halbiert. Hinzu kommt, dass am 12. Juni 2020 angekündigt wurde die Steuer für den Gastronomiebereich, Kultur und Medien bis Jahresende auf fünf Prozent zu senken.
Es sind zwei (gegensätzliche) Effekte dieser Steuersenkung möglich: Erstens, die Preise sinken ebenfalls im gleichen Ausmaß und die Steuersenkung wird somit vollständig an die Verbraucher weitergegeben. Zweitens, es ändert sich an den Preisen nicht viel weitergegeben und die Gewinnmarge der Unternehmen steigt. Am wahrscheinlichsten ist allerdings eine Reaktion irgendwo dazwischen. So zeigen wissenschaftliche Untersuchungen, dass Steuersenkungen im Vergleich zu Steuererhöhungen zu einem geringeren Ausmaß an die Konsumenten weitergegeben werden. Dabei wird die Erleichterung noch eher weitergegeben, wenn die Gewinnmarge größer ist.[2] Allerdings sieht die Situation wieder anders aus, wenn die Maßnahme befristet ist. Dies hängt damit zusammen, dass die Preise zwar auf eine Steuersenkung direkt reagieren, aber über die Zeit wieder an das vorherige Niveau angepasst werden. Ist die Maßnahme temporär, findet die Anpassung nicht statt, es kommt also ein größerer Teil den Konsumenten zugute.[3]
Es ist anzunehmen, dass eine temporäre Senkung der Mehrwertsteuer in Österreich kurzfristig sowohl den Konsum – durch niedrigere Preise sowie das Vorziehen von Käufen, um höhere Steuern in der Zukunft zu vermeiden – als auch der Liquidität der Unternehmen – durch höhere Gewinnmargen – stärkt.[4] Es ist richtig, dass Österreich zu den Ländern mit den höchsten Abgabenquoten in der EU zählt und Steuersenkungen genutzt werden könnten, um die Wirtschaft zu stimulieren. Es ist allerdings zu bemängeln, dass hier einige Branchen bevorzugt behandelt werden. Erschwerend kommt hinzu, dass die EU klare Vorgaben zur Mehrwertsteuer vorsieht, wonach eine Vielzahl von unterschiedlichen Sätzen untersagt wird. Ein Nachteil ist auch, dass eine temporäre Senkung nach Auslaufen einen gegenläufigen Effekt auslösen könnte. Auch bleibt offen, ob das Auslaufen mit Jahresende für viele Unternehmen nicht zu früh kommt. Die Maßnahme müssten möglicherweise entsprechend länger andauern, was wiederum mehr Steuergeld kosten würde. Eine Senkung wäre daher als Teil eines Konjunkturpaketes möglich. Sie sollte dann aber einheitlich ausfallen und nicht auf einzelne Sektoren abzielen.
Eine Eigenheit des österreichischen Entlohnungssystems stellen das 13. und 14. Monatsgehalt dar, liebevoll auch „Urlaubs- und Weihnachtsgeld“ genannt. Eine Möglichkeit den Konsum und auch den Urlaub zu stärken, wäre es, die Abgaben für den Arbeitnehmer auf eben dieses Urlaubs- und Weihnachtsgeld auszusetzen. So bliebe den Österreichern auch mehr Urlaubsgeld für den Urlaub. Laut Umfragen des Handelsverbands planen 60 Prozent der Österreicher das Urlaubsgeld für den Urlaub ein.[5]
Zu den ersten Maßnahmen, die in der Öffentlichkeit diskutiert wurden, gehörte das Verteilen von Gutscheinen, die im Inland konsumiert werden sollten. Für die Politik ein reizvolles Instrument, weil der Eindruck entsteht, dass sie der Bevölkerung etwas schenkt. Zudem besteht beim Konsumenten weiter die Wahlfreiheit, für welche Einrichtung der Gutschein genutzt werden soll. Möglicherweise ersetzt dieser sogar einen Teil des ohnehin geplanten Urlaubbudgets, was wiederum woanders investiert werden kann und auch Branchen abseits des Tourismus zugutekommen könnte.
Es wäre allerdings zu erwarten, dass auch andere Branchen solche Unterstützungsmaßnahmen fordern. Warum keinen Gutschein für den heimischen Modehandel? Noch wichtiger wiegt allerdings das Argument, dass die Gutscheinlösung höchstwahrscheinlich nach EU-Regelung nicht auf hiesige Betriebe eingeschränkt werden dürfte. Eine Förderung des Urlaubes, gleichwohl im Inland wie im Ausland wäre höchst ineffizient, wenn damit das Ziel verfolgt werden sollte, die österreichischen Betriebe zu stützen.
Eine mögliche, kreative Lösung, dem Tourismus neues Geld zufließen zu lassen, wäre der Einsatz von Partizipationskapital. Dabei handelt es sich, vereinfacht gesagt, um Aktien ohne Mitspracherecht. Partizipationskapital wurde bereits mit großem Erfolg nach der Finanzkrise 2008 von großen österreichischen Banken genutzt. So wurde Geld von Staat und privaten Investoren generiert. Dieses Kapital wurde mit hohen Zinsen und Dividenden bereits zurückbezahlt. In der jetzigen Krise wäre dies auch im viel kleinteiligeren Tourismussektor möglich. Die Umsetzung dieses Ansatzes ist allerdings nicht ganz einfach. Ist die juristische Grundlage geschaffen, könnten einzelne Hotels, Ketten oder Regionen gemeinsam Partizipationskapital über einen Fonds einsammeln. Der Staat sollte hierbei bei der Entwicklung des Fonds mit Banken zusammenarbeiten, die diesen schlussendlich verwalten würden.
Fußnoten
Fast schon im Wochentakt schlagen bei den Unternehmen neue Regeln auf. Es kann schon längst nicht mehr als EU-Bashing gelten, den Regelungswahn der Brüsseler Schreibtischakrobaten als unmäßig zu kritisieren. Wir werfen einen Blick in die Giftküche der Bürokratie.
Schwerpunkt 1: Mehr Wachstum braucht das Land! Wirtschaftswachstum ist in Österreich zu einem Fremdwort geworden. Nicht nur in der Statistik und in den Prognosen der Institute ist es inzwischen weitgehend der Stagnation gewichen. Auch in den Wahlprogrammen der Parteien kommt es kaum noch vor. Man sollte ja erwarten, dass ein Land, dessen reales Br
Wohnen ist in Österreich nicht teurer als in anderen europäischen Ländern. Die Wohnkostenbelastung liegt unter dem EU-Schnitt. Und doch gibt es Verbesserungsbedarf: Künftige Regierungen sollten den Aufbau von Wohneigentum in der Mitte der Gesellschaft erleichtern, den geförderten Mietmarkt treffsicherer machen und dafür sorgen, dass ausreiche
Der Sozialstaat ist eine Errungenschaft, um die uns viele Menschen auf der Welt beneiden – aber auch eine finanzielle Belastung, die sich immer schwerer stemmen lässt. Die nächste Regierung wird um Sparmaßnahmen nicht herumkommen, wenn das System zukunftsfit bleiben soll. Für die Bürger muss das nicht unbedingt Verschlechterungen mit sich br
Eigentlich wollte die Regierung ja die Staatsschulden senken und die Bürger entlasten. Beides ist leider spektakulär misslungen. In der kommenden Legislaturperiode muss die Politik das Ruder herumreißen und einen Sparkurs einschlagen. Die gute Nachricht: Es gibt ziemlich viele Maßnahmen, die man setzen kann.
Österreich gibt sehr viel Geld für Bildung aus – und bekommt dafür nur mittelmäßige Resultate. In Schulnoten ausgedrückt verdient der Bereich bestenfalls ein „Befriedigend“. Dabei wäre es gar nicht so schwer, Einserschüler zu werden, auf dem Bildungsmarkt gibt es viele gute Ideen. Die nächste Regierung muss das Rad also nicht neu erf
Gegründet um das Land in wirtschaftlichen und gesellschaftspolitischen Belangen zu öffnen und neue Antworten auf die großen Herausforderungen zu liefern.
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