Mitten in die Ibiza-Wogen platzte in Österreich das alljährliche Wettbewerbsranking des IMD (International Institute for Management Development) aus der Schweiz herein. Dort rangiert unser Standort derzeit auf Platz 19 von 63, im Vorjahr war es noch Platz 18. Der Weg an die Spitze ist noch ein wenig länger geworden.
Dabei hätte Österreich die besten Voraussetzungen für einen Platz unter den Top Ten, in denen sich Singapur, die USA, die Schweiz, aber auch EU-Länder wie die Niederlande, Irland, Schweden und Dänemark befinden. Speziell die Steuerpolitik zieht Österreich nach unten: Hier liegt Österreich auf Rang 61 und damit auf dem drittletzten Platz. Unter den europäischen Ländern belegen wir in dieser Kategorie gar den letzten Platz.
Das hat vor allem damit zu tun, dass Österreich den Faktor Arbeit besonders stark belastet. Der Abstand zwischen dem Netto und den Kosten für den Arbeitgeber ist nur in vier Ländern der OECD (Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung) höher als in Österreich.[1]Gerade im mittleren und oberen Einkommenssegment wird jeder verdiente Euro hoch besteuert.
Zur Veranschaulichung dient hier etwa das Beispiel eines Malers, um zu zeigen, was Arbeit kostet und was von Arbeit bleibt. Will eine Durchschnittsverdienerin für 600 Euro ausmalen lassen, muss sie knapp 1.087 Euro erwirtschaften, um nach Abzug aller Steuern die Rechnung zahlen zu können. Dem Maler bleiben nur 261 Euro netto, während bei der ganzen Transaktion 826 Euro über Steuern und Sozialversicherungsbeiträge an die staatlichen Kassen gehen. Das ist eine hohe Steuerhürde, die dazu beiträgt, dass die Arbeit entweder selbst, gar nicht oder im Schatten von Finanz und Sozialversicherung erledigt wird. Zudem trägt die progressive Ausgestaltung der Einkommensteuer wesentlich zur hohen und steigenden Belastung bei: Hierzulande zählt man ab einem monatlichen Bruttoverdienst von rund 3.150 Euro zum obersten Viertel aller Einkommensbezieher. Diese Gruppe der Arbeitnehmer zusammengenommen zahlt in Österreich mehr als drei Viertel des Lohnsteueraufkommens, das oberste Prozent kommt auf knapp 16 Prozent.
Die gesamte Belastung der Arbeitskosten mit Steuern, Sozialversicherung und sonstigen Abgaben liegt bereits bei Durchschnittsverdienern nahe der 50 Prozent (siehe Abbildung 3). Bei so einem Einkommen kassiert der Staat also fast genau so viel wie der Arbeitnehmer. Je geringer das Einkommen, umso mehr vom Abgabenkeil geht an die Sozialversicherung. Inklusive der Dienstgeberbeiträge führt ein Vollzeitbeschäftigter im Schnitt Beiträge im Gegenwert eines Kleinwagens an die Sozialversicherung ab.[2]Daran hätte auch die geplante Steuerreform (zu) wenig geändert.
Die Europäische Kommission empfiehlt regelmäßig, dass der Faktor Arbeit in Österreich stark entlastet werden sollte. Damit ist die EU-Kommission nicht alleine, auch wir von der Agenda Austria sehen das seit vielen Jahren genauso. Im Schnitt summieren sich die Steuern und Abgaben für den Faktor Arbeit in der Eurozone auf 20,9 Prozent des BIP, in Österreich hingegen auf 23,1 Prozent.[3]Wenn Österreich nun in Richtung des Eurozonen-Durchschnitts kommen wollte, wäre dafür eine dauerhafte Entlastung im Ausmaß von rund neun Milliarden Euro nötig. Eine wirklich ambitionierte Steuerreform müsste also deutlich größer ausfallen, als dies bei den jüngsten Reformen und Vorschlägen der politischen Parteien der Fall war.[4]
Bemerkenswert ist auch, dass der Staat eine Entlastung an anderer Stelle gar nicht genutzt hat, um die Steuern für seine Bürger nachhaltig zu senken. Denn dank der Europäischen Zentralbank zahlt die Republik heute für ihre in der Finanzkrise deutlich gestiegenen Schulden deutlich geringere Zinsen (siehe Abbildung 4).
Wäre die Zinsbelastung in Relation zur Wirtschaftsleistung seit dem Vorkrisenzeitraum übrigens stabil geblieben, hätte – so die Berechnungen der Agenda Austria für die Jahre 2009 bis 2019 – die Republik 34,8 Milliarden Euro mehr für den Schuldendienst aufwenden müssen. Laut der Österreichischen Bundesfinanzierungsagentur (OeBFA) erspart sich der Staat über die gesamte Laufzeit der aktuell noch ausstehenden Staatsanleihen sogar 69 Milliarden Euro.[5]Möglichkeiten für Entlastungen gibt es also genug. Die Regierungskrise und die dadurch ausgerufenen Neuwahlen haben zwar die Steuerreform verhindert, der Handlungsbedarf im Steuerbereich ist aber um nichts kleiner geworden, ganz im Gegenteil.
Den Faktor Arbeit deutlich entlasten: Österreich braucht eine offensive Steuerreform, die eine wesentliche Vereinfachung des Steuerrechts und eine spürbare Senkung der Steuerlast bringt. Dazu gehört mehr als nur die Rückgabe der automatischen Steuererhöhungen durch die kalte Progression. In unserem Modell bleiben einem Angestellten mit durchschnittlichem Einkommen rund 3.100 Euro mehr im Jahr übrig.[6]Die Steuern auf Arbeit sollten im Ausmaß von acht bis neun Milliarden Euro gesenkt werden, um den Standortnachteil bei den Steuern zu schmälern.
Leistung belohnen: Insbesondere im Wettbewerb um Fachkräfte und Talente sollte das Steuerrecht von einer Hürde in einen Vorteil für den Wirtschaftsstandort umgestaltet werden.[7]Daher plädieren wir für die Einführung einer sozialversicherungs- und einkommensteuerbegünstigten Gewinnbeteiligung für die Mitarbeiter. Pro Jahr sollten bis zu 3.000 Euro an einen Mitarbeiter ausgeschüttet werden dürfen, ohne dass ein Cent davon an den Finanzminister oder die Sozialversicherung gehen sollte.
In der Sozialversicherung sparen und entlasten: Um die Abgabenbelastung bei den niedrigen und mittleren Einkommen zu senken, sollte die Sozialversicherungsreform auch zur Senkung der Beiträge genutzt werden. Eine Senkung der Beiträge um einen Prozentpunkt würde eine Entlastung von rund 1,2 Milliarden Euro netto bringen. Die Zusammenlegung der Sozialversicherungsträger sollte dafür genützt werden, eine solche Entlastung zu ermöglichen. Ergänzend zur Verwaltungszusammenlegung wären Maßnahmen zu setzen, die die überdurchschnittliche Inanspruchnahme von Spitalsambulanzen für medizinische Behandlungen reduzieren.
Arbeitskosten aufzeigen: Vielen Beschäftigten ist gar nicht klar, dass zusätzlich zu ihrem Bruttogehalt auch noch Lohnnebenkosten anfallen, etwa die Beiträge der Dienstgeber zum Familienlastenausgleichsfonds. Das trägt dazu bei, dass die Differenz zwischen Nettolöhnen und Gesamtarbeitskosten in Österreich höher als anderswo ist. Um mehr Klarheit zu schaffen, sollte es einen transparenten Lohnzettel geben, der den Beschäftigten die Schere zwischen Arbeitskosten und Nettolohn klar zeigt. Dafür braucht es aber keinen Staat, das können alle Unternehmen selbst machen. Wir von der Agenda Austria helfen bei technischen oder gesetzlichen Fragen gerne weiter.
Radikal ausräumen: So hoch die Steuern in Österreich sind, so hoch ist auch die Zahl der Ausnahmen im Steuerrecht. Die hunderten Sonderregelungen sollten radikal reduziert werden, um dadurch das System einfacher, transparenter und verständlicher zu machen. Die komplexe und großzügige Pendlerförderung sollte auch unter dem Umweltaspekt deutlich gekürzt werden, die Einsparungen eins zu eins in eine Senkung der allgemeinen Steuertarife fließen.
Fußnoten
Die Staatsschulden sind rasant gestiegen, das Defizit wächst. Österreich muss rasch Maßnahmen setzen, um das Budget zu sanieren. Aber wie soll das gehen, ohne die Wirtschaftskrise zu verschärfen? Die Agenda Austria hat ein Konzept erarbeitet, mit dem der Staat schon im kommenden Jahr knapp 11 Milliarden Euro einsparen kann. Bis zum Ende des Jah
Fast schon im Wochentakt schlagen bei den Unternehmen neue Regeln auf. Es kann schon längst nicht mehr als EU-Bashing gelten, den Regelungswahn der Brüsseler Schreibtischakrobaten als unmäßig zu kritisieren. Wir werfen einen Blick in die Giftküche der Bürokratie.
Schwerpunkt 1: Mehr Wachstum braucht das Land! Wirtschaftswachstum ist in Österreich zu einem Fremdwort geworden. Nicht nur in der Statistik und in den Prognosen der Institute ist es inzwischen weitgehend der Stagnation gewichen. Auch in den Wahlprogrammen der Parteien kommt es kaum noch vor. Man sollte ja erwarten, dass ein Land, dessen reales Br
Wohnen ist in Österreich nicht teurer als in anderen europäischen Ländern. Die Wohnkostenbelastung liegt unter dem EU-Schnitt. Und doch gibt es Verbesserungsbedarf: Künftige Regierungen sollten den Aufbau von Wohneigentum in der Mitte der Gesellschaft erleichtern, den geförderten Mietmarkt treffsicherer machen und dafür sorgen, dass ausreiche
Der Sozialstaat ist eine Errungenschaft, um die uns viele Menschen auf der Welt beneiden – aber auch eine finanzielle Belastung, die sich immer schwerer stemmen lässt. Die nächste Regierung wird um Sparmaßnahmen nicht herumkommen, wenn das System zukunftsfit bleiben soll. Für die Bürger muss das nicht unbedingt Verschlechterungen mit sich br
Eigentlich wollte die Regierung ja die Staatsschulden senken und die Bürger entlasten. Beides ist leider spektakulär misslungen. In der kommenden Legislaturperiode muss die Politik das Ruder herumreißen und einen Sparkurs einschlagen. Die gute Nachricht: Es gibt ziemlich viele Maßnahmen, die man setzen kann.
Gegründet um das Land in wirtschaftlichen und gesellschaftspolitischen Belangen zu öffnen und neue Antworten auf die großen Herausforderungen zu liefern.
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