Die Digitalisierung ist aus unserem Alltag nicht mehr wegzudenken. Denn: Sie spielt nicht nur in der Zukunft, sie ist bereits unübersehbar in der gesellschaftlichen Gegenwart angekommen.
Nichts ist so alt wie die Furcht vor Neuem. Schon immer haben Fortschritt und damit auch Veränderung für Ängste bei den Menschen gesorgt. Ob nun Kaiser Vespasian, der vor modernen Transportmethoden abriet, um sich die Fuhrunternehmer nicht zum Feind zu machen, oder die „Ludditen“, die unter ihrem Anführer Ned Ludd zu Beginn des 19. Jahrhunderts im Kampf gegen den Fortschritt in Nottingham zahlreiche Maschinen zerstörten – Fortschritt bedeutete gleichzeitig immer auch Widerstand. John Maynard Keynes wiederum meinte vor rund 80 Jahren, dass es für die Menschen im Zuge des technologischen Fortschritts kaum noch Arbeit geben und deshalb die 15-Stunden-Woche zur Realität werden würde.[1]
Gewisse Dinge ändern sich nicht: Und so werden die Automatisierungschancen, die sich durch neue Technologien ergeben, immer auch als Arbeitsplatzgefahr eingestuft, ob nun von Massenmedien oder auch von Forschern. Dabei zeigen neuere Studien, dass das Potenzial, menschliche Arbeit durch Computer zu ersetzen, mit rund zehn Prozent deutlicher geringer ist. Interessanterweise verschwinden Arbeitsplätze aber nicht dort, wo verstärkt Roboter zum Einsatz kommen, sondern genau dort, wo sie nicht genutzt werden.[2]Unternehmen, die auf neue technische Möglichkeiten zurückgreifen, wurden in den vergangenen Jahren produktiver und kosteneffizienter. Dies erlaubte es ihnen sogar, zusätzliche Arbeitsplätze zu schaffen, während in jenen Unternehmen, die nicht automatisierten, viele Stellen wegfielen.[3]
Dabei ist unumstritten, dass die Digitalisierung – also die Verbreitung von Daten und deren Verarbeitung durch Algorithmen – radikale Veränderungen mit sich bringt. So werden einige Menschen ihren Arbeitsplatz an den Computer verlieren. Aber aus dieser „Zerstörung“ entsteht auch Neues. So hat beispielsweise der Arbeitsalltag eines Tischlers vor 40 Jahren anders ausgesehen als heute. Und: Durch die neuen Möglichkeiten entstehen auch neue Berufe.
Wer sich mit den Daten beschäftigt, kommt zu dem Schluss, dass die Digitalisierung mehr als Chance denn als Bedrohung wahrgenommen werden kann. Eine Studie für Deutschland errechnete, dass in Summe mehr Jobs entstehen werden als verloren gehen.[4]Vergleicht man die Entwicklung des Computerzeitalters (1970–1995) mit dem Digitalisierungszeitalter zwischen 1995 und 2022, so zeigt sich eine sehr ähnliche Beschäftigungsentwicklung bis zum Jahr 2018. Schreibt man diesen Trend fort, bedeutet dies, dass in den kommenden vier Jahren mehr als 300.000 neue Arbeitsplätze in Österreich entstehen werden.
Die auf Ängste zentrierte politische Diskussion führt allzu oft in die falsche Richtung, wie das Beispiel der österreichischen Debatte über die Einführung einer „Maschinensteuer“ zeigt. Die Idee dahinter ist, die maschinelle Produktion durch eine höhere Besteuerung zu verteuern und damit jene Produktion, in der vorwiegend Menschen tätig sind, zu fördern. Was dabei gerne vergessen wird, ist, dass es eben jene Menschen sind, die sich dann weniger von den nun teureren Produkten leisten können. Zudem besteht die Gefahr, dass nicht mehr mit Menschenhand, sondern einfach woanders produziert wird. Dennoch überwiegen für Länder wie Österreich die Chancen: Denn Digitalisierung und Roboterisierung bieten etwa das Potenzial des „Reshorings“, also des Zurückholens von Produktionsstätten von Entwicklungs- in Hochlohnländer.[5]
Besonders da, wo der Staat als Vorbild fungieren könnte, wird die Digitalisierung noch immer eher gemieden als genutzt. Etwa im Bildungssystem, wo es nur wenige Inhalte gibt, die aus den Schülern nicht nur Nutzer, sondern auch Schöpfer machen könnten. Ganz zu schweigen von den Universitäten, deren Studenten von digitalen Kursmaterialien profitieren würden. Oder in der öffentlichen Verwaltung, die sich mehr um das Wohlergehen der Bediensteten als um den Servicecharakter der Behörde kümmert. Der Mensch kann durch die neuen digitalen Möglichkeiten produktiver arbeiten, auch die internationale Arbeitsteilung funktioniert dadurch besser. Das sollte als Chance verstanden werden, denn die Digitalisierung ist nicht aufzuhalten. Ein Aufschub schützt keineswegs Arbeitsplätze von heute, sondern verhindert die Arbeitsplätze von morgen. Diese werden dann an anderen Orten entstehen.
Mit der Zeit gehen: Die Digitalisierung verändert auch die Fähigkeiten, die wir benötigen, um gut im Alltag, aber auch in der Arbeitswelt zur9echtzukommen. Diese Veränderung muss sich auch im Bildungssystem widerspiegeln. Die Lehrpläne sind dahingehend anzupassen, dass Schüler bereits in frühen Jahren jene Fähigkeiten stärken, mit denen der Mensch den Umgang mit der modernen Technik meistert. Grundverständnisse über die Funktionsweisen von Maschinen und Algorithmen gehören ebenso vermittelt wie der richtige Umgang mit dem Internet als Informationsquelle. Dies ist durch extra dafür ausgelegte Fächer zu erreichen, muss aber auch viel stärker in andere Fächer integriert werden. Die Nutzung von Smartgeräten kann jede Art von Unterricht verbessern. Das Bildungssystem muss sich entsprechend vom System des Auswendiglernens zu solch einem entwickeln, in dem ein Kind lernt, wie es sich schnell und einfach selbst neue Fähigkeiten aneignet. Die gewonnenen Freiräume sind dann für die verstärkte Entwicklung der vier K (Kreativität, Kommunikation, Kooperation und kritisches Denken) zu nutzen. Diese Fähigkeiten werden in Zukunft verstärkt in den Fokus rücken, da sie sich bisher nicht durch einen Computer ersetzen ließen.
Chancen der digitalen Bildung nutzen: Die Digitalisierung verändert nicht nur die inhaltlichen Lehrpläne, sie bietet auch gleichzeitig das Werkzeug für eine bessere Bildung. Ergänzend zum bestehenden Unterricht kann die Digitalisierung die Bildung individueller gestalten und die Lehrkraft für die pädagogische Betreuung der Schüler freispielen. Sogenannte Massive Open Online Courses (MOOCs) stellen genau das zur Verfügung, und die ersten Erfahrungen damit sind positiv.[6]So bot beispielswiese Sebastian Thrun, Professor an der Stanford Universität, im Jahr 2011 einen Kurs zur Einführung in die künstliche Intelligenz als MOOC an. Auch Menschen, die nicht in Stanford studierten, konnten daran teilnehmen. Zur Abschlussprüfung meldeten sich schließlich 23.000 Männer und Frauen an – und es stellte sich heraus, dass es keineswegs die Studierenden der Elite-Universität waren, die den Kurs am erfolgreichsten absolvierten. Die vordersten Plätze belegten ausnahmslos Menschen, die ohne den MOOC dem Kurs nie hätten folgen können. Der beste Stanford-Student reihte sich erst auf Platz 413 ein.[7]
Den Bürger in den Mittelpunkt rücken: Die Verwaltung muss transparenter, moderner und digitaler werden. Zur Entwicklung digitaler Modelle muss die Verfügbarkeit öffentlicher Daten (in anonymisierter Form) stark ausgebaut werden. Daten sind der Rohstoff der Digitalisierung. Erste Schritte wurden bereits von Vorgängerregierungen unternommen, es fehlt aber ein Gesamtkonzept, das den Bürger in den Mittelpunkt rückt und klärt, wie die Daten auch innerhalb der Behörden zu nutzen sind. Es gibt Vorbilder wie Estland, wo inzwischen fast jeder Verwaltungsakt mobil übers Telefon oder Tablet erledigt wird. Das dortige System spart jährlich 1.407 Jahre Verwaltungsaufwand, erhöht die Transparenz und den Servicecharakter und damit auch das Vertrauen in die Verwaltung. Erste Schritte sind dort zu setzen, wo das Vertrauen in die staatlichen Institutionen hoch ist und der digitale Weg dem Bürger eine deutliche Erleichterung bietet. Während in Estland Eltern nach der Geburt ihres Kindes die nun erforderlichen Verwaltungsschritte bequem übers Internet erledigen können, sind in Österreich dafür Behördengänge notwendig.
Fußnoten
Fast schon im Wochentakt schlagen bei den Unternehmen neue Regeln auf. Es kann schon längst nicht mehr als EU-Bashing gelten, den Regelungswahn der Brüsseler Schreibtischakrobaten als unmäßig zu kritisieren. Wir werfen einen Blick in die Giftküche der Bürokratie.
Schwerpunkt 1: Mehr Wachstum braucht das Land! Wirtschaftswachstum ist in Österreich zu einem Fremdwort geworden. Nicht nur in der Statistik und in den Prognosen der Institute ist es inzwischen weitgehend der Stagnation gewichen. Auch in den Wahlprogrammen der Parteien kommt es kaum noch vor. Man sollte ja erwarten, dass ein Land, dessen reales Br
Wohnen ist in Österreich nicht teurer als in anderen europäischen Ländern. Die Wohnkostenbelastung liegt unter dem EU-Schnitt. Und doch gibt es Verbesserungsbedarf: Künftige Regierungen sollten den Aufbau von Wohneigentum in der Mitte der Gesellschaft erleichtern, den geförderten Mietmarkt treffsicherer machen und dafür sorgen, dass ausreiche
Der Sozialstaat ist eine Errungenschaft, um die uns viele Menschen auf der Welt beneiden – aber auch eine finanzielle Belastung, die sich immer schwerer stemmen lässt. Die nächste Regierung wird um Sparmaßnahmen nicht herumkommen, wenn das System zukunftsfit bleiben soll. Für die Bürger muss das nicht unbedingt Verschlechterungen mit sich br
Eigentlich wollte die Regierung ja die Staatsschulden senken und die Bürger entlasten. Beides ist leider spektakulär misslungen. In der kommenden Legislaturperiode muss die Politik das Ruder herumreißen und einen Sparkurs einschlagen. Die gute Nachricht: Es gibt ziemlich viele Maßnahmen, die man setzen kann.
Österreich gibt sehr viel Geld für Bildung aus – und bekommt dafür nur mittelmäßige Resultate. In Schulnoten ausgedrückt verdient der Bereich bestenfalls ein „Befriedigend“. Dabei wäre es gar nicht so schwer, Einserschüler zu werden, auf dem Bildungsmarkt gibt es viele gute Ideen. Die nächste Regierung muss das Rad also nicht neu erf
Gegründet um das Land in wirtschaftlichen und gesellschaftspolitischen Belangen zu öffnen und neue Antworten auf die großen Herausforderungen zu liefern.
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