Die Digitalisierung ist kein Selbstzweck, aber sie ist auch keine Bedrohung. Der ehemalige Bildungssenator der Hansestadt Hamburg, Jörg Dräger, sagt dazu: „Wir sehen in der Digitalisierung des Lernens eine große Chance. Sie rückt den Einzelnen in den Mittelpunkt, seine Talente ebenso wie seine Probleme. Digitale Hilfsmittel schaffen Zeit für das Wesentliche. Eine Lehrerin erzählt, dass sie sich dank Lernvideos und Computerprogrammen nun individueller um die Kinder kümmern könne.“ 22 Richtig eingesetzt bieten digitale Hilfsmittel also einen beachtlichen Mehrwert. Was ist aber konkret zu tun?
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Die besten Tools sind nutzlos, wenn sie keine Anwendung im Unterricht finden. Eine motivierte und gut geschulte Lehrkraft ist deshalb die wichtigste Voraussetzung für eine erfolgreiche Digitalisierung. Bereits in der Lehrerausbildung sollte der Fokus auf neue Technologien gelegt werden, damit diese dann an die Schüler weitergegeben werden. Lehrer, die schon im Beruf stehen, können selbst auf bereits verfügbare digitale Weiterbildungskurse wie MOOCs zurückgreifen. Auch im klassischen Fortbildungsbereich sollten digitale Möglichkeiten mehr in den Mittelpunkt gerückt werden – idealerweise mit ganz konkreten Umsetzungsbeispielen, um etwaige vorhandene Hürden weiter abzubauen.
Wer mehr Weiterbildung erwartet, sollte auch die Voraussetzungen dafür schaffen. Es braucht daher bessere Angebote des Staates für Lehrpersonal, in denen das notwendige Wissen für die Anwendung digitaler Hilfsmittel gelehrt wird. Auf der anderen Seite muss es aber auch Aufgabe der Lehrer sein, diese Angebote wahrzunehmen und sich fortzubilden. Ein modernes Dienstrecht, das zur Weiterbildung verpflichtet und dafür aber auch die notwendigen zeitlichen Freiräume schafft und Engagement belohnt, wäre ein wichtiger Schritt.
Um die digitalen Werkzeuge hierzulande erfolgreich im Unterricht einsetzen zu können, müssen die Schulen technisch aufgerüstet werden. Dies umfasst eine Bereitstellung der Lernsoftware, die Verfügbarkeit eines Netzwerkes mit Zugriff auf das Internet und eine Bildungscloud. Darüber hinaus müssen Schulgeräte, komplementär zu eigenen Smart Devices, für die Nutzung im Unterricht bereitgestellt werden. Damit Lehrer digitale Anwendungen in den Unterricht einbinden, sollte die Schule ihnen zur Vorbereitung ein entsprechendes Arbeitsgerät und dessen Wartung zur Verfügung stellen. Neben der Hardware bedarf es auch einer guten und kontrollierten Software, die von Lehrern und Schüler verwendet werden kann.
Eine gute physische Infrastruktur ist wichtig. Aber: Investitionen in die Ausstattung der Schulen oder der Schüler sollten nur nach Bedarf erfolgen, da in der Praxis bereits viele Smartgeräte vorhanden sind. In Finnland kooperieren Unternehmen mit der staatlichen Bildungsbehörde, um den Schülern möglichst attraktive Programme bereitzustellen. [1] Sinnvoll eingesetzt, können diese Programme – unter gleichzeitiger Begleitung durch gut ausgebildetes Lehrpersonal – am oftmals bereits vorhandenen privaten Smartphone genutzt werden. Durch Um- bzw. Zweckwidmung eines Teils der jährlichen Mittel für die Schulbuchaktion sollten die Schulbuchverlage dazu motiviert werden, entsprechende digitale Lehrmaterialien wie Lernprogramme, Lernspiele, Simulationen etc. zu entwickeln.
Die Digitalisierung birgt auch Risiken. Die Cyberkriminalität nimmt zu, und umso wichtiger ist es, sich sicher im Internet zu bewegen. Die österreichweite und von der EU geförderte Initiative Safer Internet trägt hierzulande dazu bei, dass sowohl Senioren als auch Jugendliche und deren Eltern und Lehrer alle hierzu notwendigen Informationen und hilfreiche Anregungen bekommen.
Neben dem sicheren Umgang spielt auch der Datenschutz eine zunehmend wichtigere Rolle. Die neue Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) droht den Einsatz digitaler Hilfsmittel zu erschweren. Die Politik muss nicht nur garantieren, dass die Daten im Bildungsbereich auf eine sichere Art und Weise genutzt werden können, sondern sie muss auch gewährleisten, dass die Vorteile der Digitalisierung in diesen Bereich einfließen können. Lehrer dürfen nicht aus Angst vor möglichen Gesetzesverstößen zu analogen Methoden zurückkehren und brauchen daher Rechtssicherheit im Umgang mit Daten und Urheberrechten. Vorbild kann auch hier wieder Estland sein: Die Esten haben Digitalisierung und Datenschutz erfolgreich in Einklang gebracht.
Viele Länder, die gute Bildungsergebnisse in internationalen Vergleichen erzielen, verfügen über eine hohe Autonomie auf Schulebene. Die Schulen können ihre Probleme ganz pragmatisch selbst lösen und sind nicht Spielball politisch-ideologischer Auseinandersetzungen. In einer entwickelten Volkswirtschaft wie Österreich wäre ein hoher Grad an Schulautonomie förderlich für den Lernerfolg der Schüler. Eine größere Autonomie der Schulen würde außerdem auch für mehr Transparenz und Wettbewerb sorgen. Das hat auch den Vorteil, dass erfolgreiche und weniger erfolgreiche Lehrmethoden verglichen werden können.
Selbstbestimmung bedeutet freilich auch mehr Verantwortung. Erfolgreiche Schulleiter müssen daher auch über Managementfähigkeiten verfügen. Ein wesentlicher Teil der Schulautonomie sollte sich in den Personalentscheidungen widerspiegeln. Die Schulleitung muss ihre Lehrpersonen selber aussuchen und einstellen können. Der Kündigungsschutz muss sich parallel dazu an jenem der Privatangestellten
orientieren, sodass sich jede Schule im Zweifel auch von pädagogisch oder fachlich ungeeignetem Personal trennen kann – damit unsere Kinder von den besten Lehrkräften unterrichtet werden und das Niveau an Österreichs Schulen wieder steigt. Der Staat sollte dabei Qualitätsrichtlinien festlegen, die erfüllt werden müssen. Diese sollten regelmäßig landesweit überprüft werden, damit die Schule möglichen Fehlentwicklungen auch entgegenwirken kann.
Das Beispiel der School of One in New York oder jenes von eAdvisory in Tennessee zeigt, dass gerade Kinder aus finanziell schwachen oder bildungsfernen Familien von einer Digitalisierung der Bildung profitieren. Bei der Verteilung von Geldern für eine gute Ausstattung sollte daher besonderes Augenmerk auf Schulen mit einem höheren Anteil an Kindern aus bildungsschwächeren Schichten gelegt werden. Zahlreiche Länder wie Frankreich, Neuseeland oder die Schweiz richten die Vergabe finanzieller Mittel an einem Sozialindex aus. Eine bessere Ausstattung könnte dann auch die Attraktivität der Schule für das Lehrpersonal und bildungsaffine Familien erhöhen und so zu einer größeren Vielschichtigkeit in den Klassenräumen beitragen.
Eine landesweite Plattform in Form einer Bildungscloud, in der Materialien und Erfahrungen zwischen den Lehrern geteilt werden können, hätte das Potenzial, den Unterricht an vielen Schulen erheblich zu verbessern. Gerade für jüngere Lehrkräfte wäre die Möglichkeit zu einem strukturierten, österreichweiten Austausch mit erfahrenen Kollegen eine große Hilfe. Die Bildungscloud für Lehrer könnte dabei in die bereits genutzte Infrastruktur des elektronischen Klassenbuchs WebUntis eingebettet werden. Eine weitere sinnvolle Erweiterung im elektronischen Klassenbuch wäre eine digitale Raumverwaltung. Viele Schulen verfügen nur über begrenzte Arbeitsplätze für das Lehrpersonal. Es sollte aber jedem Lehrer möglich sein, seinen Unterricht in Ruhe vor- und nachzubereiten. Wer einen ruhigen Arbeitsplatz braucht, schaut einfach kurz auf dem Smartphone nach, welche Räumlichkeiten zur Verfügung stehen, und reserviert für das jeweilige Zeitfenster einen freien Platz.
Um die Ressourcennutzung im Schulbereich evaluieren zu können, sollte eine einheitliche Datenbank aufgebaut werden, die verpflichtend mit Daten und Informationen zu befüllen und zu veröffentlichen wäre. Auf Basis dieser Daten könnten Maßnahmen verglichen und evaluiert, erfolgreiche Testmodelle übertragen und das bestehende System verbessert werden.
Nach wie vor wird an Österreichs Schulen das Lernen von Kennzahlen in den Mittelpunkt gestellt. Wichtiger aber wäre die Vermittlung des Lernens an sich sowie die Fähigkeit, bestehendes Wissen auf andere Sachverhalte zu übertragen. Dazu braucht es einen souveränen Umgang mit dem Internet: Kennzahlen können unkompliziert von Computern erhoben oder mit diesen abgefragt werden. Entscheidend ist die
Fähigkeit, Informationen einordnen zu können, also zu lernen, wie man aus einer großen Datenmenge interessante Informationen herausfiltert und welche Quellen verlässlich sind.
Trotz eines reichhaltigen und sehr hochwertigen Angebots an digitalen Bildungsmöglichkeiten werden diese nur von etwa fünf Prozent der Österreicher genutzt. In bildungsfernen Schichten sind es sogar nur halb so viele. In Finnland bilden sich dreimal so viele Menschen online weiter wie in Österreich, auch in Estland, den Niederlanden oder Schweden sind es knapp doppelt so viele wie hierzulande. In den USA liegen die Teilnehmerzahlen an den MOOCs in einigen Bereichen bereits über jenen der traditionellen Unterrichtsformen. Eine Ursache, warum die Akzeptanz in Österreich so gering ist, liegt in dem Umstand begründet, dass die Abschlüsse dieser digitalen Lehrkurse hierzulande nicht anerkannt werden. Die erfolgreiche Teilnahme sollte daher durch ein standardisiertes Verfahren anerkannt werden – sowohl im Bildungsbereich, z. B. für die Zulassung zu einem Studium oder als Teilleistung während des Studiums, als auch im Rahmen von Aus- und Weiterbildungszertifikaten für den Arbeitsmarkt.
Studien zeigen, dass die ersten Lebensjahre die wichtigsten für den weiteren Werdegang der Kinder sind. Neben der Familie stellen Krippe und Kindergärten die ersten und meist entscheidenden Weichen für die Bildungsbiografie und Sozialisation der Kinder. Daher kommt der frühkindlichen Förderung im Allgemeinen, aber auch im Bereich der digitalen Ausbildung eine hohe Bedeutung zu. Je früher Kinder spielerisch an die neue Technik herangeführt werden, desto besser können sie diese auch in späteren Lern- und Berufsphasen nutzen. Eine Aufwertung der frühkindlichen Bildung ist daher dringend erforderlich.
Wie bei Netflix oder Amazon können prädiktive Algorithmen aus den vergangenen Entscheidungen „lernen“ und entsprechende Vorschläge machen. Im Bildungsbereich sind es dann nicht die Lieblingsserien, die analysiert werden, sondern die Stärken und Schwächen der Schüler. Mithilfe dieser Technik können Lernprozesse oder Lehrmethoden für jeden Schüler optimiert werden. Beispiele aus den USA
zeigen, dass der Einsatz dieser Technologie gerade den bildungsschwächeren Schülern dabei helfen kann, zu einer verbesserten Bildung zu gelangen.
Wer im Spitzenfeld mitmischen will, kann nicht abwarten, was andere Länder unternehmen. Es braucht also vor allem Mut und eine gewisse Experimentierfreudigkeit, wenn man weiterkommen will. Nicht umsonst gibt es Pilotprojekte: Mit ihnen können einzelne Maßnahmen ausprobiert und auf ihren Erfolg hin analysiert werden – und im Erfolgsfall werden sie zum neuen landesweiten Standard. Viele Hilfsmittel und Ideen können auf diese Weise zu niedrigen Kosten getestet werden und uns vor Fehlinvestitionen
bewahren.
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