Die Gewinner einer Mietpreisbremse sind schnell ausgemacht: Es profitieren alle, die heute in einer regulierten Mietwohnung leben und nicht mehr umziehen wollen oder müssen. Man könnte hier natürlich noch differenzieren: Schließlich kann eine günstige Wohnung auch zum Gefängnis werden, wenn ein Umzug schlicht zu unattraktiv ist. Menschen nehmen dann weiter entfernte, bessere Jobs nicht an. Sie lassen es sich auch gefallen, wenn der Vermieter die Instandhaltung schleifen lässt.[1] Viele Ältere würden sich schon heute gerne verkleinern, können sich aber ironischerweise keine kleinere Wohnung leisten.
Doch das sind wohl eher Luxusprobleme. Kommen wir lieber zu den echten Verlierern der Mietpreisbremse: Da derartige Regulierungen zu Fehlallokationen führen, sitzen am Ende die alleinlebenden Pensionisten in zu großen Wohnungen, während sich junge Familien in zu kleinen Wohnungen tummeln.[2] Beide werden vielleicht regelmäßig nach einer neuen Bleibe Ausschau halten und dabei natürlich vor allem die im Vergleich immer günstiger werdenden[3] regulierten Wohnungen haben wollen. Diese werden aber schon besetzt sein. Schließlich werden die privilegierten Mietverträge oft über Generationen weitergegeben. Eine befristete Zwischenmiete zu ergattern, dürfte das höchste der Gefühle sein. Das Angebot wächst auch nicht. Altbau kann eben nicht neu gebaut werden und Neubau ist nur dann reguliert, wenn er gefördert ist. In den letzten Jahren war aber zum Beispiel in Wien nur rund ein Drittel der neu gebauten Wohneinheiten gefördert; der größte Teil ist frei finanziert.[4] Dorthin werden die Wohnungssuchenden in Wien den Blick immer stärker richten müssen. Und weil das alle tun, werden die Preise dort steigen. Zwischenfazit: Die Mietpreisbremse hilft den Bestandsmietern, verschärft aber das Problem für alle, die eine neue Wohnung brauchen. Man nennt das auch Insider-Outsider-Effekt: Die Alteingesessenen schaffen sich Privilegien, während alle anderen Pech haben.
Wer ebenfalls profitiert? Die Politik. Aus einer Parteilogik heraus ist eine Mietpreisbremse nämlich – selbst wider besseres Wissen – eine reizvolle Idee. Ein Großteil der Menschen, die heute zur Miete wohnen, profitiert jetzt sofort und wird die Nachteile – wenn überhaupt – erst viel später am eigenen Leibe erleben. Die vermutlich berechtigte Hoffnung der Parteien ist, dass diejenigen, die später die Verknappung am Mietwohnungsmarkt spüren, das Problem nicht auf die ursprünglich zuständigen Politiker schieben können, da diese dann meist schon nicht mehr in Amt und Würden sein werden.
Für die Wiener Stadtpolitik ist die Sache noch einfacher: Die Menschen, die gar nicht erst nach Wien kommen, weil sie keine Wohnung finden, dürfen hier auch nicht wählen und spielen daher gar keine Rolle. Ein Teil des Problems bleibt also unsichtbar. Für die Politik ist der Insider-Outsider-Effekt daher nicht nur kein Problem; sie macht ihn sich sogar zunutze.
Dabei müssten vor allem im Wiener Rathaus die Alarmglocken schrillen. Langfristig läuft Wien nämlich Gefahr, in die sklerotische Tristesse der 1970er- und 1980er-Jahre zurückzufallen. Die vorhergesagte Bevölkerungsdynamik (vgl. Abbildung 4) ist nur realisierbar, wenn der benötigte Wohnraum zur Verfügung steht. Selbst wenn die Haushaltsgrößen nicht weiter sinken sollten – was angesichts des demografischen Wandels eine sehr optimistische Annahme ist –, werden in Wien bis 2030 Zehntausende zusätzliche Wohneinheiten entstehen müssen. Zwar ist die Neubauaktivität in den letzten Jahren deutlich angestiegen; zwischen 2012 und 2021 sind in Wien netto rund 90.000 Wohnungen dazugekommen.[5] Eine Mietpreisbremse erschwert dies aber, da sie zumindest den geförderten Wohnungsbau unattraktiver macht (es sei denn, der Staat dreht die Interventionsspirale weiter und erhöht die Förderung, um den Effekt der Mietpreisbremse wieder auszugleichen). Die Ausweitung der Maßnahme auf alle Wohnungen – ein Gedanke, der bereits ventiliert wurde – würde aber auch den frei finanzierten Markt austrocknen.
Wer profitiert noch? Richtig, mal wieder die Besserverdiener. Dass sich der Markt fortan stärker auf Eigentumswohnungen konzentrieren wird, ist eine Erwartung, die sich aus der Literatur klar ablesen lässt.[6] Man rufe sich nur Berlin in Erinnerung. Dort führte die rot-rot-grüne Regierung im Jahr 2020 einen Mietendeckel ein. Prompt verschwanden die betroffenen Wohnungen aus den Mietinseraten der Zeitungen und tauchten im Immobilienteil wieder auf.
Für die Besserverdiener ist das gleich zweifach eine gute Nachricht: Erstens kommen sie nun zu vergleichsweise günstigen Eigentumswohnungen. Das wäre eigentlich keine schlechte Sache. Immerhin liegt Österreich bei der Eigentumsquote EU-weit inzwischen auf dem vorletzten Platz. Je mehr Menschen auch hierzulande nicht mehr der Willkür des Mietrechtsgesetzes ausgesetzt sind, desto besser. Wenn die Mittelschicht verstärkt in die Lage versetzt würde, Eigentum zu erwerben, wäre das nur zu begrüßen. Aber das ist ja nicht die beabsichtigte Konsequenz einer Mietpreisbremse.
Doch auch wenn Besserverdiener kein Verlangen nach Eigentum haben und lieber weiter mieten wollen, profitieren sie aus einem zweiten Grund von einer Mietpreisbremse. Die immer knapper werdenden Mietwohnungen werden nämlich weiterhin an die Bewerber mit den größten Summen auf ihren Lohnzetteln vergeben. Auch wenn wir oben schon festgestellt haben, dass Mietpreisbremsen durchaus in der Lage sind, die Mieten niedrig zu halten: In den Genuss der günstigen Wohnungen kommen oft die, die problemlos mehr bezahlen könnten. Eine soziale Maßnahme ist die Mietpreisbremse also keinesfalls.
Fußnoten
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Gegründet um das Land in wirtschaftlichen und gesellschaftspolitischen Belangen zu öffnen und neue Antworten auf die großen Herausforderungen zu liefern.
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