In Zeiten mit geringer Inflation und hoher Konkurrenz können Unternehmen steigende Preise für Vorleistungen nicht einfach an ihre Kunden weitergeben. Sie suchen sich lieber billigere Lieferanten oder versuchen, in der Produktion einzusparen, statt Kunden an Mitbewerber zu verlieren. Wenn Unternehmer damit rechnen, dass die Preise ohnehin bald wieder sinken, werden sie kurzfristig auch ihre Gewinnmarge reduzieren.
Ist die Inflationserwartung jedoch so hoch wie jetzt, versuchen Unternehmen, die Preise so schnell wie möglich zu erhöhen. Das umso mehr, wenn das Angebot die Nachfrage nicht decken kann. Häufig wird in diesem Zusammenhang von Spekulation oder dem schnellen „Körberlgeld“ gesprochen. Zweifellos gibt es Anbieter, die gar keine höheren Kosten haben und dennoch die Preise anheben. Vielen Unternehmern bleibt aber gar nichts anderes übrig, als ihre Inflationserwartungen einzukalkulieren, weil sie sich oft selbst an langfristige Verträge zu vereinbarten Preisen binden müssen und es sich nicht leisten können, von weiter steigenden Preisen überrascht zu werden. Der Wettbewerb kann diese Entwicklung nicht abbremsen, da alle Unternehmen in der gleichen Situation sind.
Auch in der Eurozone gibt es Anzeichen, dass steigende Arbeitskosten bei hohen Inflationsraten stärker weitergegeben werden als in Zeiten unterdurchschnittlicher Inflation.[1] Derzeit erwarten Unternehmen zudem, dass die EZB die Zinsen erhöhen muss und sich somit die Kreditbedingungen verschlechtern werden. Daraus ergeben sich negative Auswirkungen auf zukünftige Gewinne, die mit höheren Preisen kompensiert werden sollen. Hinzu kommt die allgemein hohe ökonomische Unsicherheit, die dazu führt, dass Unternehmen Lohnerhöhungen nicht einfach abfedern wollen. Agustín Carstens – Chef der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) in Basel – hat gezeigt, dass sich die jüngsten Lohnerhöhungen in den Industrieländern schon deutlich stärker in der Preisentwicklung niederschlagen, als das in den letzten Jahren der Fall war. Er leitet daraus die Sorge ab, dass uns die Inflation wieder länger begleiten könnte.
Im Hinblick auf eine beginnende Lohn-Preis-Spirale müssen bestimmte Branchen genauer beobachtet werden als andere. Wie unterschiedlich einzelne Branchen auf die gesamte Lohnentwicklung wirken, zeigt Abbildung 5 anhand der Entwicklung der Tariflöhne in Österreich seit 2016, jeweils für die Industrie, den Handel und insgesamt. Man erkennt deutlich, dass die Lohnrunden in der Industrie eine wegweisende Funktion für den Rest der Wirtschaft haben. Die Lohnverhandlungen in der Industrie finden überwiegend im Frühjahr und im Herbst statt. Alle anderen Sektoren ziehen dann nach; deren Abschlüsse sind aber fast nie höher als jene in der Industrie. Ganz anders sieht die Situation im Handel aus. Dort wird am Jahresende verhandelt; die Abschlüsse führen aber meist nur zu einer Annäherung an den Gesamtindex und überschreiten ihn nicht.
Die Kollektivvertragsverhandlungen in der Industrie treiben also die Lohnentwicklung, während die meisten anderen Branchen nur nachlaufen.[2] Schon im Frühjahr gab es hier hohe Abschlüsse und das Lohnwachstum war über den Sommer nicht so flach wie in den Vorjahren. Der Abstand zwischen den Tariflöhnen in der Industrie und jenen in anderen Branchen ist schon vor der aktuellen Herbstrunde ungewöhnlich hoch.
Die Industrie hat die Preise im laufenden Jahr bereits spürbar erhöht. Im (deutlich größeren) Dienstleistungssektor stiegen die Preise bislang aber weniger stark. Da dort aber wegen des allgemeinen Arbeitskräftemangels vergleichbare Lohnabschlüsse erzielt werden müssen, kann das ab nächstem Jahr einen erheblichen Druck auf die Dienstleistungspreise auslösen. Das wäre ein möglicher Einstieg in die Lohn-Preis-Spirale.
Übrigens: Die Tatsache, dass manche Sektoren – zum Beispiel die Industrie – nur relativ geringe Arbeitskostenanteile aufweisen, heißt nicht, dass Lohnerhöhungen dort nicht zu Preissteigerungen führen würden. Wichtiger scheint zu sein, wie stark der betreffende Sektor dem internationalen Wettbewerb ausgesetzt ist, wie hoch die Lohnflexibilität ist, wie viel Personalfluktuation es gibt.[3]
Fußnoten
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Fast schon im Wochentakt schlagen bei den Unternehmen neue Regeln auf. Es kann schon längst nicht mehr als EU-Bashing gelten, den Regelungswahn der Brüsseler Schreibtischakrobaten als unmäßig zu kritisieren. Wir werfen einen Blick in die Giftküche der Bürokratie.
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Eigentlich wollte die Regierung ja die Staatsschulden senken und die Bürger entlasten. Beides ist leider spektakulär misslungen. In der kommenden Legislaturperiode muss die Politik das Ruder herumreißen und einen Sparkurs einschlagen. Die gute Nachricht: Es gibt ziemlich viele Maßnahmen, die man setzen kann.
Gegründet um das Land in wirtschaftlichen und gesellschaftspolitischen Belangen zu öffnen und neue Antworten auf die großen Herausforderungen zu liefern.
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