Einen Schritt näher zum Bierdeckel

Einfach, transparent und leistungsfreundlich!

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2004 stahl der Finanzstaatssekretär Alfred Finz sei­nem Finanzminister Karl­-Heinz Grasser ein klein wenig die Show. Mit dem Versprechen, der neue Steuertarif lasse sich auf einem Bierdeckel ausrech­nen – abgekupfert vom deutschen CDU­-Politiker Friedrich Merz –, machte er eine sehr plakative Ansage, die medial gerne und oft aufgegriffen wurde. Tatsächlich war die Vereinfachung des Einkommensteuerrechts schon sehr oft auf der politischen Agenda. Auch im Arbeitsübereinkom­men zwischen SPÖ und FPÖ vom 11. Mai 1983 hieß es noch, man werde „eine Überprüfung des Steuer­rechts auf sachlich nicht mehr gerechtfertigte Aus­nahmebestimmungen vornehmen“.

Die Steuerreform ist daher auch eine gute Gelegen­heit, alle steuerlichen Ausnahmen zu durchforsten.

Das aktuelle Steuersystem ist so kompliziert, dass man für die eigene Steuererklärung beinahe ein Steuerrecht-Studium braucht.

Denn am Ende sorgen die vielen Absetzbeträge, För­derungen und Freibeträge dafür, dass den Steuerzahlern ihre wahre Steuerlast verborgen bleibt. So einfach, dass man die fälligen Steuern auf dem berühmten „Bierdeckel“ ausrechnen kann, ist das aktuelle System jedenfalls nicht. Wer seine Steuererklärung selbst erledigen will, braucht zwar kein Studium in Sachen Steuerrecht – aber fast.

Passiert ist bis heute wenig, weil es politisch immer besser zu vermarkten war, eine Wählergruppe mit einer zusätzlichen Ausnahme zu bedienen, als einer anderen durch eine Streichung etwas wegzunehmen. Der Status quo ist daher jedenfalls ein steuerliches Dickicht, von dem der Gesetzgeber selbst nicht genau weiß, wie es wirkt. 2018 kritisierte der Rech­nungshof,[1] dass es im Einkommensteuerrecht an einem Gesamtkonzept für die Wirkung und die Treffsicherheit von Steuerbegünstigungen fehle. 2012 hatte der Rechnungshof insgesamt 736 Steuer­begünstigungen in Gesetzen und Verordnungen identifiziert.

Ob sich nach der Einführung eines „Einkommen­steuergesetzes 2020“ die Steuerberechnung tatsächlich auf dem Bierdeckel ausgeht, wird davon abhängen, ob es die Regierung schafft, die vielen parallelen Fördermaßnahmen zu verschlanken. Analog zum Familienbonus müsste es dann etwa einen einzi­gen Pendlerabsetzbetrag geben. Und die Abschaf­fung der vielen nicht aufeinander abgestimmten Einzelförderungen. Wir schlagen zudem einen trans­ parenten Lohnzettel vor (siehe Abbildung 8), damit die Mitarbeiter auf einen Blick sehen, was sie ver­dienen und was sie insgesamt dafür leisten müssen, inklusive aller Lohnnebenkosten. Diese genaue Auf­schlüsselung der gesamten Abgaben, Steuern und Sozialversicherungsbeiträge soll klarmachen, wie viel die Menschen leisten und zum Gelingen des Sozialstaats beitragen. Dafür sollte der Finanzminis­ter auch einmal im Jahr genau auflisten, wofür die Steuerzahler mit ihrer Lohn-­ und Einkommensteuer gezahlt haben.

Abb. 8: Transparenter Lohnzettel.


Fußnoten

  1. Vgl. Rechnungshof (2018).
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