Bitcoin: Geld ohne Staat

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Cypherpunks: Die technischen Wurzeln von Bitcoin

Bitcoin ist nicht im luftleeren Raum entstanden. Seine konkrete Geschichte lässt sich Jahrzehnte zurückverfolgen. Satoshi Nakamoto, der Autor des sogenannten „Whitepaper“, also des Gründungsdokuments von Bitcoin, beruft sich explizit auf vorangegangene Versuche, eine digitale Währung für den Cyberspace zu lancieren. Die philosophischen Wurzeln von Bitcoin lassen sich bis zum Cypherpunk-Movement der 1980er-Jahre zurückverfolgen. Das Wort ist eine künstliche Zusammenführung von „Cypher“ und „Punk“, wobei Cypher für einen Verschlüsselungsalgorithmus steht.

Nakamoto war Bitcoins Erfinder. Wer hinter dem Pseudonym steckt, ist bis heute unbekannt. Wir wissen aber, wer die erste Bitcoin-Transaktion erhielt. Der 2014 verstorbene Informatiker Hal Finney. Er entstammte der Cypherpunk-Bewegung und hatte im Jänner 2009 von Nakamoto die allererste Bitcoin-Transaktion erhalten. Finney hat aber bis zu seinem Tod abgestritten, dass er selbst hinter dem Pseudonym stehe.

Drei von acht Fußnoten im Bitcoin-Whitepaper verweisen auf die US-amerikanischen Wissenschaftler Stuart Haber und Scott Stornetta. Sie haben bereits 1991 die theoretischen Grundlagen dessen entwickelt, was wir heute Blockchain nennen. Ihre Grundfrage ähnelte der von Nakamoto. Sie suchten nach einem Weg, Änderungen in einem digitalen Dokument zweifelsfrei nachvollziehbar zu machen. Die beiden Wissenschaftler waren freilich keine Cypherpunks, ihre Arbeit hat aber zur Entstehung von Bitcoin beigetragen.

Nakamoto bezieht sich im Whitepaper auch auf frühe Versuche, privates Geld im Internet zu etablieren. Etwa auf ein Paper des Computerwissenschaftlers David Chaum aus den 1980er-Jahren, in dem dieser sich mit Ansätzen für ein digitales Cash-System beschäftigte. Seine Arbeit gilt als grundlegend für die Cypherpunk-Bewegung. Ein weiterer Vorläufer von Bitcoin war „B-Money“ des Entwicklers Wei Dai. Auch er wird von Nakamoto direkt zitiert.

Der nächste Verwandte zu Bitcoin war aber „Bit-Gold“, entwickelt vom Informatiker Nick Szabo. Der Amerikaner mit ungarischen Wurzeln musste ebenfalls schon oft bestreiten, hinter dem Pseudonym Nakamoto zu stehen.

Wer sich „Bit-Gold“ ansieht, versteht schnell, warum. Szabo, der ein tiefes Verständnis für die Rolle und Geschichte des Geldes hat, entwarf mit „Bit-Gold“ eine digitale Währung, die sich stark an den Eigenschaften des Edelmetalls orientierte: „Ich habe versucht, die Sicherheit und Vertrauenseigenschaften von Gold so gut wie möglich im Cyberspace zu imitieren. Die wichtigste darunter war, dass Gold keine zentrale Autorität für die Abwicklung von Transaktionen benötigt“, sagte Szabo dazu im Jahr 2012.[1]

„Bit-Gold“ wurde nie umgesetzt. Szabo kommt auch im Whitepaper zu Bitcoin nicht vor. Aber acht Jahre später wird Bitcoin von vielen als „das neue Gold“ bezeichnet.

Austrians: Die ökonomischen Wurzeln von Bitcoin

Die Ökonomie hat auch nach zwölf Jahren seines Bestehens große Schwierigkeiten, Bitcoin einzuordnen. Das ist kein Wunder. Denn die ökonomischen Wurzeln der Kryptowährung gehen bis in die Donaumonarchie zurück – zur sogenannten „Österreichischen Schule der Nationalökonomie“. Die gilt heute als veraltet und überholt, erlebt seit der Finanzkrise und nicht zuletzt durch Bitcoin aber eine Renaissance.

Auch die Europäische Zentralbank, die schon 2012 ein erstes Paper zu Bitcoin veröffentlichte, weist auf diesen Umstand hin:

„Die theoretischen Wurzeln von Bitcoin kann man in der Österreichischen Schule der Nationalökonomie und ihrer Kritik am herrschenden Geldsystem sowie den Eingriffen durch Regierungen und anderen In­stitutionen finden, die, aus ihrer Sicht, in übertriebenen Investitionen und einer massiven Inflation enden.”[2]

Abbildung 3: Papiergeld ist kein Wertspeicher

Geld ist in den Augen der „Austrians“ rund um Carl Menger, Ludwig von Mises und Eugen von Böhm-Bawerk kein Geschöpf des Staates. Vielmehr entscheidet der Markt, was Geld ist. Mises etwa, der wegen seiner jüdischen Herkunft in den 1930er-Jahren vor den Nazis zuerst in die Schweiz und schließlich in die USA flüchten musste, setzte sich nach dem Ersten Weltkrieg massiv gegen die Staatsfinanzierung über die Notenpresse und für die Wiedererrichtung des Goldstandards ein.

Stattdessen schlitterte die Erste Republik in eine katastrophale Hyperinflation. Mises’ Schüler Friedrich August von Hayek, der für seine geldtheoretischen Überlegungen sogar den Alfred-Nobel-Gedächtnispreis für Wirtschaftswissenschaften erhalten sollte, entwickelte dessen Ideen weiter und veröffentlichte 1976 das Werk „Die Entnationalisierung des Geldes“.

Wenn man das Geldsystem dem Markt überlassen würde, argumentierte Hayek, so sollte sich das stabilste Geld durchsetzen. Anders als Mises ließ er offen, was er für das beste Geld hielt. Hayek dachte aber eher an eine Rückkehr des Prinzips vom „Free Banking“ – also einer Welt, in der jede Bank eine eigene Währung herausgeben kann. Dass im Internet einmal eine digitale, dezentrale Alternative zu den zentral verwal­teten Währungen der Staaten entstehen würde, konnte Hayek nicht wissen.

Sein späterer Kollege, der US-Ökonom Milton Friedman, prophezeite Ende der 1990er-Jahre aber tatsächlich den Aufstieg eines unabhängigen Geldes aus dem Internet, das eine Alternative zu staatlichen Währungen bieten sollte. Friedman sprach damals von „E-Cash“. Das entsprechende YouTube-Video (Dieses Video ist nicht mehr verfügbar) ist seit dem Aufstieg von Bitcoin zum Hit geworden.


Fußnoten

  1. „Bitcoin: The Cryptoanarchists’ Answer to Cash“ (IEEE Spectrum, 30.05.2012).
  2. ECB (2012).
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