Bitcoin: Geld ohne Staat

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Betreten Sie Bitcoin auf eigene Gefahr

Bitcoin ist ein enorm umstrittenes Thema. Erst im Jänner wurde die Kryptowährung von der EZB-Chefin Christine Lagarde kritisiert, weil sie angeblich Geldwäsche ermögliche. Auch die neue US-Finanzministerin und ehemalige Notenbankerin Janet Yellen hat diese Sorge. Der Chef der einflussreichen Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) warnt vor einem „kompletten Zusammenbruch“ von Bitcoin. Und die Finanzaufsicht im Vereinigten Königreich warnt, dass Bitcoin-Anleger ihr gesamtes Geld verlieren könnten. Dieser wachsende Widerstand aus den Reihen des traditionellen Finanzsystems ist aber nur eines von vielen potenziellen Problemen.

Zwar ist in Österreich und Europa der rechtliche und steuerliche Status von Bitcoin heute weitgehend ab­ge­sichert – Bitcoin wird im Grunde wie physisches Gold behandelt und besteuert. Aber die langfristigen ökonom­ischen und gesellschaftlichen Implikationen sind schlicht nicht abzusehen. Die Kritikpunkte reichen vom enormen Energieverbrauch bis zur Geldpolitik des Assets, die einen direkten Gegenentwurf zur inflationären Ausrichtung des aktuellen Geldsystems darstellt.

Auch im 13. Jahr seines Bestehens ist Bitcoin eine neue Technologie, die sich immer noch beweisen muss. Dass Hedgefonds-Manager wie Stanley Druckenmiller oder Paul Tudor Jones jetzt einsteigen, sollte ebenfalls eine Art von Warnung sein. Denn Hedgefonds sind für besonders riskante Geschäfte bekannt.

Aus der Sicht der Anleger ist daher höchste Vorsicht geboten. Die spektakulären Renditen, die Bitcoin in den vergangenen Jahren verbuchen konnte, sind auch dem enormen Risiko geschuldet. Bitcoin wird gerne als das „digitale Gold“ vermarktet. Aber kaum jemand geht ernsthaft davon aus, dass der Goldpreis binnen kürzester Zeit auf null sinken könnte. Bei Bitcoin kann man das nicht ausschließen.

Die größte Gefahr für Anleger sind aus unserer Sicht staatliche Eingriffe. Dass es bisher keinem Staat gelungen ist, Bitcoin zu verbieten, heißt nicht, dass es nicht wieder versucht wird. Sollte Bitcoin tatsächlich das Währungs­monopol der Staaten unterwandern, ist mit harten Gegenmaßnahmen zu rechnen. Ob diese ultimativ erfolgreich sein werden, sei dahingestellt – in jedem Fall könnten sie zu Turbulenzen führen.

Wie eine Blase entsteht

Ein Investment in Bitcoin stellt auch deshalb ein enormes Risiko dar, weil das Asset bereits mehrere Phasen enormer spekulativer Übertreibung erlebt hat. Anleger, die nicht vorbereitet sind, können sich leicht die Finger verbrennen.

Sehen wir uns daher die Entstehung klassischer Blasen an: Historisch gesehen folgen Finanzmarktkrisen meistens einem ähnlichen Ablaufmuster. Zunächst gibt es einen Preisanstieg bestimmter Vermögenswerte über einen längeren Zeitraum. Dieser Preisanstieg verläuft anfangs vergleichsweise verhalten, später immer stärker, zuletzt exponentiell. Schlussendlich kommt es zu einem abrupten Ende des Preisanstiegs, zumeist durch ein bestimmtes Event ausgelöst. Darauf folgt ein steiler Preisverfall in kurzer Zeit. Dieses Ablaufmuster folgt der „Theorie spekulativer Blasen“.

Folgende Bedingungen sind im Falle des Aufbaus einer spekulativen Blase gegeben (Vier-Phasen-Modell): erstens ein Entstehungsschock, z. B. technologische Innovationen, (positive) politische Ereignisse, Finanzmarktinnovationen; zweitens ein (positiver) Rückkopplungseffekt, d. h. die Finanzmarktteilnehmer reagieren positiv auf den Entstehungsschock; drittens muss die Blase durch eine Geldquelle finanziert werden (z. B. starker Anstieg des Geldangebots, Umschichtung von Portfolios etc.). In der Folge kommt es zum Aufbau der Blase, bis in Phase vier, ausgelöst von einem negativen Schock, die Blase platzt und die zugrunde liegenden Werte in kürzester Zeit stark verfallen.

Ein Beispiel sind die CDOs („Collateralized Debt Obligations“) in der Finanzkrise, die letztendlich die Bündelung ausfallgefährdeter Papiere in einem neuen (als risikolos eingeschätzten) Papier darstellten. Als die Zinsen in den USA nach einer langen Phase der Niedrigzinsen wieder anstiegen (entspricht dem oben erwähnten negativen Schock), konnten viele Kreditnehmer ihre Kredite (die in den CDOs gebündelt worden waren) nicht mehr bedienen, viele Teilnehmer sahen die toxische Natur der CDOs, stiegen aus (Herdenverhalten) und der Markt brach letztendlich zusammen, weil es (logischerweise) keine Käufer mehr für diese Papiere gab.

Märkte für Vermögenswerte sind besonders anfällig für positive Rückkopplungsmechanismen, v. a. bei „naiven Preiserwartungen“ der Marktteilnehmer. Das bedeutet in vielen Fällen, dass historische Preisentwicklungen „naiv“ in die Zukunft fortgeschrieben werden. In anderen Worten, es wird erwartet, dass der Preisanstieg von gestern dem Preisanstieg von morgen entspricht. Eine klassische, zumeist bei sogenannten „Preisrallyes“ geäußerte Aussage ist daher: „This time it’s different“, d. h., auch wenn alle Anzeichen darauf hindeuten, dass die Preise sehr stark von den Fundamentaldaten abweichen bzw. sich eine Blase aufbaut, setzen die Marktteilnehmer auf einen weiteren Preisanstieg und steigen nicht aus.

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Abbildung 7: Der Preis von Bitcoin ist sehr volatil

Nun wieder zum Thema: Sind die starken Preisstei­gerungen von Bitcoin zuletzt ein Zeichen dafür, dass es zum Aufbau einer Blase gekommen ist, oder „ist es dieses Mal anders“? Vieles spricht dafür, dass die derzeitige Preisentwicklung einer Blase zumindest sehr nahe kommt. Bedingung 1 (technologische Innovation), Bedingung 2 (positiver Rückkoppelungseffekt), Bedingung 3 (Marktteilnehmer suchen angesichts der Niedrigzinsen eine Veranlagung). Die Frage ist, welcher negative Schock einen Preisverfall auslösen könnte.

Dass Bitcoins anders als Tulpen – die im 17. Jahrhundert in den Niederlanden eine Spekulationsblase auslösten – oder CDOs in der Menge enorm begrenzt sind, könnte ein Grund dafür sein, dass es bisher nicht nur zu einer Blase gekommen ist, sondern zu mehreren, die sehr eng dem eben beschriebenen Modell gefolgt sind. Manche Analysten sehen zudem ein Muster, das in Zusammenhang mit der Halbierung der Inflation alle vier Jahre steht. Sie betrachten die Blasen eher als Phasen temporärer Übertreibung in einem generellen Aufwärtstrend, die dann unter hoher Volatilität rasch korrigiert wurden. Bisher gibt es nur zwei Datenpunkte, um diese These zu stützen – das Schauspiel könnte sich aber derzeit ein drittes Mal wiederholen.

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