Bildungskarenz: Ich bin dann mal weg!

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V. Was alles nicht geplant war 

Manche verlängern mit der Bildungskarenz die Babypause, andere sparen sich die Kurzarbeit

Fast alle Anträge auf Bildungskarenz werden genehmigt. Das liegt in erster Linie an den legeren gesetzlichen Regelungen und daraus folgend an den beschränkten Möglichkeiten des AMS, den Wunsch eines Antragstellers abzulehnen. Die Prüfer sind praktisch gezwungen, auch wenig aufwendige und in Hinblick auf eine Weiterentwicklung arbeitsmarktrelevanter Kompetenzen völlig irrelevante Kurse zu akzeptieren. Zwar wird da­rauf hingewiesen, dass die Kurse keinen ausdrücklichen Hobbycharakter aufweisen dürfen. Doch sobald eine gewisse Nützlichkeit für die berufliche Tätigkeit argumentierbar ist, muss der Antrag genehmigt werden.

Als zunehmend problematisch erweist sich der rechtlich zulässige Bezug von Weiterbildungsgeld im direkten Anschluss an die Elternkarenz.

Zum Ende der Bildungskarenz müssen dem AMS zwar grundsätzlich ein erfolgreicher Abschluss gemeldet sowie erhaltene Abschlusszeugnisse oder Zertifikate vorgelegt werden.In der Praxis wird die Erfüllung der Nachweispflicht aber nur selten überprüft. Da oft nicht einmal eine Kursbesuchsbestätigung erforderlich ist, bleibt ausgedehntes Schwänzen von Schulungseinheiten meistens ohne Konsequenz. Auch die erneute Aufnahme eines bereits zuvor absolvierten Kurses ist de facto erlaubt.

Als zunehmend problematisch erweist sich der rechtlich zulässige Bezug von Weiterbildungsgeld im direkten Anschluss an die Elternkarenz. Nach einigen gesetzlichen Änderungen ist die Elternkarenz als Vorbeschäftigungszeit anrechenbar, weshalb es für die (fast immer weiblichen) Antragsteller da keinerlei Schwierigkeiten gibt. Im Jahr 2021 (aktuellere Zahlen liegen nicht vor) betrug der Anteil von Weiterbildungsgeldbeziehern direkt nach der Elternkarenz bereits mehr als 50 Prozent. Bei Frauen bezogen ganze 69 Prozent die öffentlichen Leistungen mit fließendem Übergang (siehe Abb. 7).  

Abbildung 7: Bezug von Weiterbildungsgeld in direktem Anschluss an Kinderbetreuungsgeld


Offenbar liegt der deutliche Anstieg von Frauen in Bildungskarenz während der vergangenen paar Jahre hauptsächlich daran, dass immer mehr Frauen auf diese Art ihre Elternkarenz verlängern. Der Markt hat darauf bereits reagiert und bietet maßgeschneiderte Modelle an. Verschiedenste Unternehmen bewerben etwa Sprachkurse auf Anfängerniveau sowie unaufwendige Office- und Rhetorikkurse mit Slogans wie „Baby-Pause verlängern“. 

Das ist rechtlich vollkommen zulässig. Insbesondere Sprachkurse auf Anfängerniveau oder Rhetorikkurse werden beim Antrag auf eine Bildungskarenz zumeist anstandslos akzeptiert, obwohl sie häufig in keiner Weise der beruflichen Entwicklung dienen. Die eigentliche Intention der Weiterbildungs-Auszeit wird jedoch vollständig konterkariert, wenn junge Frauen sie zur Verlängerung der Elternkarenz nutzen: Der Wiedereinstieg ins Berufsleben ist nach der langen Pause für gewöhnlich schwieriger, nicht leichter. Die langfristigen Nachwirkungen auf das lebenslängliche Erwerbseinkommen sind gravierend. 

Sparen auf Kosten des AMS

Auch an einer weiteren Front wird die Bildungskarenz anders genützt, als ihre Erfinder das einst im Sinn hatten. In wirtschaftlich schwierigen Zeiten oder bei Krisen in einzelnen Branchen kann sie von Unternehmen als eine Art Sparmaßnahme missbraucht werden. Das zeigte sich beispielsweise in der Wirtschafts- und Finanzkrise ab 2008, als viele Arbeitgeber – insbesondere im Industriebereich – ihre Angestellten zu einer Bildungskarenz motivierten, um Lohnkosten einzusparen und die schlechte Auftragslage zu überbrücken, ohne die Leute in Kurzarbeit schicken zu müssen.

Nicht zuletzt kann die Bildungskarenz in ihrer aktuellen Form auch für einen früheren Pensionsantritt genützt werden. Wesentlicher Vorteil gegenüber der eigentlich dafür vorgesehenen Altersteilzeit ist, dass die Person keinerlei Arbeitsverpflichtung hat und die Zeit damit wesentlicher freier gestalten kann.

Zudem wird die Bildungskarenz – auch wenn das natürlich auf Vermutungen beruht – mitunter als netter Übergang in eine anschließende einvernehmliche Kündigung eingesetzt. Durch den „Golden Hand­shake“ bleibt die Anstellung noch einige Monate aufrecht, ohne dass noch ein aktives Arbeitsverhältnis besteht. Dem Arbeitgeber entstehen keine Kosten, die scheidenden Mitarbeiter haben reichlich Zeit, sich tatsächlich neu zu orientieren oder eine kleine Auszeit auf Kosten der Allgemeinheit zu nehmen. 

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